Erneute Drohgebärde von Nordkorea: Rakete über Japan
Zwei Wochen ist der letzte Raketentest Nordkoreas her, die Verschärfung der Sanktionen nicht mal eine. Die Diktatur provoziert dennoch abermals.
Das südkoreanische Militär berichtet, die Rakete sei in der Nähe der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang abgeschossen worden. Sie habe eine Höhe von rund 770 Kilometern erreicht, flog über die nordjapanische Hauptinsel Hokkaido hinweg und stürzte etwa nach 3.700 Kilometern in den Pazifik. Die Rakete, die Nordkorea am 29. August abschoss und ebenfalls Japan überflog, erreichte eine Höhe von 550 Kilometern und flog 2.700 Kilometer weit.
Damals handelte es sich um eine Hwasong-12, nach nordkoreanischen Angaben eine ballistische Langstreckenrakete. Ob es sich dieses Mal um den gleichen Typ handelt, prüfen südkoreanische und US-Militärexperten noch. Doch schon jetzt hat Nordkorea bewiesen: Die US-Basis auf der Insel Guam ist für Nordkorea damit in Reichweite.
Der Protest ließ nicht lange auf sich warten. Japans Premierminister Shinzo Abe verkündete, sein Land werde Nordkoreas gefährliche Aktionen „niemals tolerieren“. Südkorea schoss nur wenige Minuten nach dem Abschuss der nordkoreanischen Rakete als Vergeltungsmaßnahme ebenfalls zwei Raketen ab. Auch sie landeten im Meer. Das Kim-Regime hat erst am Mittwoch neue Drohungen insbesondere gegen Japan formuliert und mit der „Vernichtung“ gedroht.
Schärferer Ton gegenüber China und Russland
„Das ist das zweite Mal binnen weniger Wochen, dass mit Japan ein Vertragspartner der USA direkt bedroht wurde“, kritisierte der US-Außenminister in einer ersten Stellungnahme. „Wir rufen alle Nationen auf, neue Maßnahmen gegen das Regime von Kim zu ergreifen.“ Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hatte erst am Montag eine Verschärfung der Sanktionen gegen Nordkorea beschlossen – die inzwischen siebte. Nun betonte Rex Tillerson, sie seien lediglich eine Basis, nicht aber das Höchstmaß der zu ergreifenden Maßnahmen. Südkorea, Japan und die USA beraumten noch für den heutigen Freitag eine weitere Sitzung des Weltsicherheitsrates ein.
Die USA hatten bei den Verhandlungen am Montag unter anderem ein totales Ölembargo gefordert, konnten sich aber gegenüber China und Russland nicht durchsetzen. Nun nimmt Tillerson diese beiden Länder erneut in die Pflicht: „China liefert Nordkorea den größten Teil des Öls, Russland ist der größte Arbeitgeber für nordkoreanische Zwangsarbeiter.“ Tillerson forderte Peking und Moskau auf, weitere verschärfte Maßnahmen zu ergreifen.
Die chinesische Führung in Peking hingegen hält sich weitgehend bedeckt. Beim regulären Pressebriefing verurteilte ein Sprecher des Außenministeriums zwar auch diesen Raketentest. Aus westlichen diplomatischen Kreisen in Peking ist jedoch zu vernehmen, dass China die Aufregung allen voran der USA für überzogen hält. China hat sich offenbar damit abgefunden, dass Nordkorea kurz vor der atomaren Bewaffnung steht. Nun sollte nach vorne geschaut und über Modalitäten verhandelt werden, damit diese Waffen nicht zum Einsatz kommen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Fortschrittsinfluencer über Zuversicht
„Es setzt sich durch, wer die bessere Geschichte hat“