Erneuerbare Energien: Sigmars Strompreis-Stigma
Und das im Wahljahr: Ab nächstem Jahr müssen Kunden mehr Geld zur Förderung erneuerbarer Energien zahlen. Gabriel hatte was anderes versprochen.
Dabei hatte Energieminister Gabriel (SPD) stets versprochen, die „Kostendynamik bei der Energiewende“ zu durchbrechen – und sich zugutegehalten, das auch zu erreichen: Seit 2013 stieg die Ökostromumlage kaum, 2015 sank sie sogar marginal. Die Umlage zahlen die Verbraucher mit ihrer Stromrechnung, sie galt als Preisschild der Energiewende, auch wenn das faktisch wenig Sinn ergab. Gabriel nahm das Bild dankbar auf und verkündete etwa noch 2014: Seine Reform habe eine „unmittelbar preisdämpfende Wirkung“ entfaltet.
Das könnte Gabriel nun ausgerechnet im Wahljahr auf die Füße fallen. Denn auch wenn die Zahlen von Agora nur vorläufig sind, der Trend ist klar: Die Umlage wird steigen. War wohl nichts mit „Kostendynamik brechen“.
Allerdings wird sein Ministerium die Sache anders verkaufen. Momentan schweigt es zwar auf Anfrage, weil die Zahlen nur vorläufig seien. Aber bereits im vergangenen Jahr benutzte Gabriel ein neues Preisschild für die Energiewende: EEG-Umlage plus Börsenstrompreis. Was Sinn ergibt: Betreiber von Anlagen erneuerbarer Energien erhalten stets die Differenz aus dem Verkauf des Stroms an der Börse und einem Garantiepreis für ihren Strom. Diese Differenz wird mit der EEG-Umlage finanziert. Sinkt der Börsenpreis, steigt die EEG-Umlage.
Unterstützung aus den eigenen Reihen
Genau auf diesen Effekt entfällt über ein Drittel des Anstiegs 2017; 0,34 Cent sind darauf zurückzuführen. 0,18 Cent zusätzlich geht an neue Windparks auf dem Meer und nur 0,11 Cent an neue Wind- und Solaranlagen an Land. „Die Kosten für die Stromverbraucher bleiben weitgehend konstant, wenn die Stromvertriebe ehrlich rechnen und ihre gesunkenen Einkaufspreise weitergeben“, sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. Genauso wird auch Gabriels Ministerium argumentieren.
Der bekommt auch trotz Sommerloch Unterstützung aus den eigenen Reihen. „Es ist falsch, Sigmar Gabriel für die steigende EEG-Umlage verantwortlich zu machen“, sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete und Energieexpertin, Nina Scheer, der taz. Die Diskussion über die steigende EEG-Umlage solle nicht dazu verleiten, den Ausbau erneuerbarer Energien infrage zu stellen.
Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, kritisiert Gabriel dagegen. Die Entgelte für die Stromnetze seien viel zu hoch, auch wegen eines überdimensionierten Ausbaus. Der Strompreis an der Börse sei so niedrig, weil überschüssige alte, ineffiziente Kohlekraftwerk am Netz seien. „Die Verantwortung dafür trägt der Wirtschaftsminister“, sagte sie der taz.
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