Erneuerbare Energien in Großbritannien: 24 Stunden ohne Kohlestrom

Erstmals in über 100 Jahren wurde in Großbritannien keine Energie aus Kohle gewonnen. Bis 2025 sollen alle Kraftwerke geschlossen werden.

Kühltürme eines Kohlekraftwerkes

Der Anblick soll seltener werden: Kohlekraftwerk in Großbritannien Foto: ap

FREIBURG taz | Das hat es seit der industriellen Revolution in Großbritannien nicht mehr gegeben: Im ganzen Land wurde über 24 Stunden hinweg nicht eine einzige Kilowattstunde Kohlestrom erzeugt. Der vergangene Freitag sei damit seit den 1880er Jahren ein Novum gewesen, bestätigte der Übertragungsnetzbetreiber National Grid.

Bislang ist diese Konstellation eine spektakuläre Momentaufnahme, doch zunehmend werde sie zur Normalität, sagte ein Sprecher des Netzbetreibers. Denn das Vereinigte Königreich will die Kohleverstromung beenden. Im vergangenen Jahr bereits hat das Land die Erzeugung gegenüber 2015 um 59 Prozent von 76 auf 31 Terawattstunden reduziert, auf den niedrigsten Wert seit Jahrzehnten. Der Anteil der Kohle am Strommix lag damit nur noch bei neun Prozent. Im Gegenzug steigerten Gaskraftwerke ihre Erzeugung gegenüber dem Vorjahr von 100 auf 143 Terawattstunden.

Systematisch werden im Land die Kohlekapazitäten abgebaut, wie etwa durch die Schließung der Kraftwerke Ferrybridge C und Longannet im März letzten Jahres. Zugleich wurde ein Kohlekraftwerk bei Drax weitgehend auf Biomasse umgestellt. Das letzte Kohlekraftwerk soll 2025 abgeschaltet werden.

Die erneuerbaren Energien blieben 2016 mit rund einem Viertel Anteil am Strommix wetterbedingt zwar nur konstant, doch der Ausbau geht weiter. Der Anteil der Atomkraft am Strommix veränderte sich mit rund 20 Prozent kaum.

Gaskraftwerke profitieren

Die britische Regierung hatte den Abschied von der Kohle Anfang des Jahrzehnts angestoßen, indem sie Mindestpreise für Kohlendioxid beschloss. Da Erdgas im Vergleich zur Kohle deutlich weniger des Treib­hausgases ausstößt, profitieren die Gaskraftwerke von steigenden Preisen der Emissionen.

Die nationale Entscheidung fußt auf der Erkenntnis, dass der europäische Emissionshandel mit Preisen um fünf Euro pro Tonne CO2 praktisch wirkungslos ist. Also setzen die Briten zusätzlich einen eigenen Preis fest, der die Kohle bewusst zum Auslaufmodell macht: Aktuell liegt er bei 18 Pfund pro Tonne, das sind rund 21,50 Euro.

Auch in Deutschland werden unterdessen die Stimmen lauter, die höhere Preise für CO2 fordern. Im März gründeten in Freiburg einige Unternehmen und Umweltorganisationen den „Verein für eine nationale CO2-Abgabe“, weil hierzulande die Stromerzeugung aus Kohle nur sehr langsam sinkt. Aktuell hat sie einen Anteil am Strommix von rund 40 Prozent. Der Verein fordert eine Abgabe von anfangs 40 Euro pro Tonne. Im Gegenzug sollen allerdings ­Abgaben wie die EEG-Umlage, die Stromsteuer und auch die Energiesteuer auf Heizöl und Heizgas wegfallen.

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