Erneuerbare-Energien-Gesetz: Keine Kohle für Sonne und Wind
Preisschwankungen und Anlagenausbau erzeugen ein Milliardenloch bei der EEG-Förderung. Die Ampelregierung will nun die Einspeisevergütung streichen.
Der Zuschussbedarf im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) wird im kommenden Jahr rund 17 Milliarden Euro betragen. Diese Prognose haben jetzt die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber veröffentlicht, die für die Abwicklung der EEG-Zahlungen zuständig sind. Mit dem EEG wird der Ausbau von Photovoltaik, Windkraft und anderen erneuerbaren Energien gefördert.
Der Zuschussbedarf ergibt sich aus der Differenz der gesetzlich garantierten Einspeisevergütungen, die Anlagenbetreiber erhalten, und dem Markterlös, den der EEG-Strom erzielt. Die Auszahlungen werden im Jahr 2025 auf rund 18 Milliarden Euro geschätzt, die Einnahmen unterdessen auf nur rund drei Milliarden Euro. Zu dieser Deckungslücke in Höhe von 15 Milliarden Euro kommen noch die Kosten für die EEG-Abwicklung und für eine Liquiditätsreserve hinzu, womit sich in der Summe der Finanzierungsbedarf von 17 Milliarden Euro ergibt.
Allerdings bergen diese Berechnungen, die alljährlich im Oktober für das Folgejahr publiziert werden, große Unsicherheiten – die Kosten reagieren nämlich sehr sensibel auf Veränderungen der Strompreise im Großhandel. Sinken die Marktwerte des Stroms an der Börse, ist folglich auch der Wind- und Solarstrom weniger wert. Da die Vergütungen für die Betreiber aber fix sind, erhöht sich der Zuschussbedarf.
Aus genau diesem Grund lagen die Prognosen für 2024, die vor einem Jahr erstellt wurden, ziemlich daneben. Damals hatte die Stromwirtschaft noch mit 10,6 Milliarden Euro an Steuermitteln für 2024 gerechnet, doch weil die Strompreise an der Börse fielen, war der angesetzte Steuerzuschuss schon zur Jahresmitte aufgebraucht. Bis Ende September wurden bereits fast 15 Milliarden Euro an Steuergeld fällig, bis zum Jahresende werden es – je nachdem, wie sonnig und windig die kommenden beiden Monate noch werden – rund 20 Milliarden Euro sein.
Entwurf für Gesetzesnovelle liegt bereits vor
Allein etwa 60 Prozent der EEG-Kosten entfallen inzwischen auf die Photovoltaik. Das liegt einerseits am enormen Anlagenzubau in den vergangenen beiden Jahren, zugleich aber auch daran, dass der Solarstrom immer öfter in Zeiten anfällt, in denen Strom nichts mehr wert ist. Denn die Photovoltaikanlagen kannibalisieren sich: Weil die Anlagen quasi im Gleichschritt ihren Strom erzeugen, trifft jede neue Anlage auf einen ohnehin schon übersättigten Markt. Es könnte also niemand mehr mit seinem Solarstrom auskömmliche Einnahmen erzielen, würde nicht das EEG die immer größer werdende Lücke stopfen.
Da die Ampelregierung fürchten muss, dass ihr die gesamte EEG-Förderung ausgerechnet im Wahljahr wegen weiter steigender Kosten politisch um die Ohren fliegt, plant das Bundeswirtschaftsministerium nun, für neue Photovoltaikanlagen in Zeiten negativer Börsenpreise die Einspeisevergütung zu streichen. Ein entsprechender Referentenentwurf zur Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes liegt bereits vor.
Kleinanlagen auf Hausdächern sollen von der Regelung noch befreit bleiben, weil der Mess-, Steuer- und Abrechnungsaufwand zu groß wäre. Doch Großanlagen ohne Speicher oder einen unmittelbaren Stromabnehmer würden damit schlagartig unwirtschaftlich. Die Solarbranche ist alarmiert; sie nannte die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums am Freitag „in Teilen unverhältnismäßig“.
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