Ermittlungen wegen Cum-Ex-Recherche: Staatsanwalt gegen „Correctiv“
Die Investigativ-Journalisten von „Correctiv“ haben einen riesigen Steuerbetrug aufgedeckt. Jetzt wird gegen sie ermittelt, wegen Verrats von Betriebsgeheimnissen.
![Bürogebäude einer Kanzlei in Frankfurt am Main Bürogebäude einer Kanzlei in Frankfurt am Main](https://taz.de/picture/3126832/14/Cum_Ex_21899396.jpeg)
Unter Schröms Leitung hatte Correctiv einen Steuerbetrug aufgedeckt, bei dem elf europäische Länder um mindestens 55 Milliarden Euro geprellt wurden. Das Vehikel dafür waren sogenannte Cum-Ex-Geschäfte. Hierbei buchen Banken und Fonds rund um den Dividenden-Stichtag Aktien hin und her und lassen sich so eine einmal gezahlte Kapitalertragsteuer mehrfach vom Fiskus erstatten.
An der Recherche waren 18 weitere Medienpartner beteiligt, darunter der NDR. Die Hamburger Staatsanwälte ermitteln aufgrund eines Strafübernahmeersuchens der Staatsanwaltschaft Zürich vom 30. Mai. Die Schweizer hatten bereits im Frühjahr 2014 zwei Mitarbeiter der Sarasin-Bank verhaftet, die verdächtigt wurden, Schröm mit Informationen versorgt zu haben.
Aufgrund einer Anzeige der Bank ermittelte die Schweizer Staatsanwaltschaft dann auch gegen Schröm selbst. „Diese Ermittlung gegen unseren Chefredakteur stellt einen Angriff auf die Pressefreiheit dar“, sagt David Schraven, der Herausgeber von Correctiv. „Wir haben mit unseren Recherchen den Steuerzahlern gezeigt, dass sie bestohlen wurden, und werden dafür nun vom Staat verfolgt – das ist absurd.“
David Schraven, Correctiv-Herausgeber
Das als gemeinnützig anerkannte Recherchezentrum veröffentlichte einen offenen Brief an Justizministerin Katarina Barley und Finanzminister Olaf Scholz (beide SPD). „Wir erwarten, dass die Strafverfolgungsbehörden die Täter verfolgen und das Geld zurückholen“, heißt es darin. Eine entsprechende Aufforderung hat bereits das Europaparlament verfasst.
Unter Hinweis auf die von Correctiv geleiteten Cum-Ex-Recherchen forderte das Parlament am 29. November die Regierungen auf, strafrechtliche Ermittlungen einzuleiten, verdächtige Vermögenswerte einzufrieren und Steuerschlupflöcher zu schließen.
Um den Spielraum von Investigativjournalisten geht es auch bei der anstehenden Novellierung des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (Drucksache 19/4724), die heute im Rechtsausschuss des Bundestages diskutiert wird. Hier müsse der Bundestag verbindliche Schutzvorschriften für Journalisten einbauen, fordert der Deutsche Journalisten-Verband (DJV).
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!