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Ermittlungen gegen EdathySPD zeigt sich erschüttert

Staatsanwaltschaft schweigt über die Gründe der Hausdurchsuchungen bei Sebastian Edathy (SPD). Angeblich soll es um Kinderpornografie gehen.

Kurz zuvor hatte SPD-Politiker Sebastain Edathy sein Abgeordnetenmandat niedergelegt. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Ermittler kamen am Montagnachmittag. Im niedersächsischen Rehburg durchsuchten sie die Wohnung des kürzlich zurückgetretenen SPD-Innenpolitikers Sebastian Edathy, im 30 Kilometer entfernten Nienburg sein Abgeordentenbüro, in Stadthagen das Bürgerbüro, in Berlin weitere Räumlichkeiten. Die Staatsanwaltschaft Hannover bestätigte den Einsatz. Man führe ein Ermittlungsverfahren gegen Edathy, sagte Sprecherin Kathrin Söfker.

So viel also ist sicher. Dann aber folgen die Fragezeichen. Denn zum Hintergrund der Durchsuchung äußerte sich die Staatsanwaltschaft „wegen des laufenden Verfahrens“ nicht. Doch Medien hatten da längst gemeldet, es gehe um kinderpornografisches Material. Erst am Samstag hatte Sebastian Edathy in drei kurzen Sätzen seinen sofortigen Rückzug aus dem Bundestag mitgeteilt und damit auch seine Fraktion überrascht. Als Grund nannte er „gesundheitliche Gründe“. Gerüchte über eine Depression machten die Runde.

Vielleicht gab es aber auch andere Gründe. Das Nienburger Lokalblatt Die Harke hatte als Erstes von der Durchsuchung berichtet, samt Fotos vom durchwühlten Wohnzimmer Edathys. Den Anlass lieferte sie gleich mit, gestützt auf „SPD-Kreise“: Verdacht des Besitzes von kinderpornografischem Material. Edathy selbst war am Montag abgetaucht. Sein Handy war aus, seine Büros waren nicht erreichbar. Am Mittag dann wies der Sozialdemokrat auf seiner Facebookseite den Vorwurf zurück: „Die öffentliche Behauptung, ich befände mich im Besitz kinderpornografischer Schriften bzw. hätte mir diese verschafft, ist unwahr.“

Die Durchsuchung nannte Edathy „nur auf Mutmaßungen beruhend“. Auch kündigte er an, Strafanzeige zu erstatten, da die Presse bei dem Einsatz dabei war. Nach Informationen der taz war das BKA bei Ermittlungen zu kinderpornografischen Internetseiten auf Verbindungsdaten von Edathy gestoßen. Die Staatsanwaltschaft Hannover betonte, dass es bei Durchsuchungen einen „begründeten Anfangsverdacht“ geben muss. Die Schuldfrage ist damit freilich nicht geklärt. Edathy hält in seiner Erklärung pauschal fest: „Ein strafbares Verhalten liegt nicht vor.“

Fotos aus dem Wohnzimmer

Stefan Reckleben, Autor des Harke-Artikels, beteuerte, eine „sehr sichere Quelle“ für den Ermittlungsgrund zu besitzen. Die Zeitung musste Kritik einstecken, mit einem Wohnzimmerfoto des Angeschuldigten seine Privatsphäre verletzt zu haben. Die SPD zeigte sich über die Vorwürfe erschüttert. „Wir sind alle sehr bestürzt“, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Christine Lambrecht. Sie forderte eine „schnellstmögliche Aufklärung“. Detlef Tanke, Generalsekretär der niedersächsischen SPD, sagte, die Anschuldigungen müssten „sorgfältig, schnell und umfassend aufgeklärt werden“.

Die Frage bleibt: Wie ist nach Bekanntwerden der Ermittlungen der Rücktritt von Edathy zu deuten? Denn bis dahin genoss der SPDler, wie alle Abgeordneten, Immunität. Die Staatsanwaltschaft Hannover ließ offen, ob sie die Aufhebung seiner Immunität beantragt hatte. Sprecherin Söfker sagte, das Ermittlungsverfahren sei erst am Montag förmlich eröffnet worden. Die Ermittlungen sollen aber schon länger andauern.

Edathy war die letzten Wochen krankgeschrieben. Auf seiner Facebookseite berichtete er zuletzt am 10. Januar von einem Besuch in einem lokalen Gymnasium. Eine Woche später veröffentlichte er eine Krankschreibung bis Ende Februar. Die Ermittlungen wecken Erinnerungen an den Fall Jörg Tauss. Der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete war 2010 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, weil sich auf seinem Handy kinderpornografische Bilder und Videoclips fanden.

Tauss hatte behauptet, das Material als Recherche für seine Abgeordnetentätigkeit besessen zu haben. Das Gericht sah dagegen ein privates Interesse Tauss’. Tauss, der 2009 aus der SPD austrat, sprang Edathy bei: Er wünsche ihm „alles Gute“. „Er wird es“, schrieb Tauss auf seiner Homepage, „gut gebrauchen können“.

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11 Kommentare

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  • Liebe Taz, der Artikel ist ja ein wenig dürftig. Gut im Moment ist die Infolage noch nicht so klar (wird sie das jemals sein?), aber es ist schon sehr komisch, dass außgerechnet Edathy dran glauben muss. Der hat im NSU Ausschuß regelmäßig dem BND ans Bein gepisst, könnte also sehr gut sein, dass das nun eine eingefädelte Rufmordkampagne ist.

  • AG
    Andreas Graf

    Wer sich mit der Operation Spade beschäftigt, stellt schnell fest das es sich um FKK-Filme von Jugendlichen handelt, welche in Deutschland strafrechtlich nicht relevant sind. Hinzu kommt das in den Medien von der IP-Adresse gesprochen die man aus Kanada erhalten hat, haben wir eine Vorratsdatenspeicherung? Azov hat man bereits vor Jahren hochgenommen und somit ist mehr als fraglich wie die IP zu werten ist. Was bleibt also? aktuell nichts verwerfliches was belegbar wäre, was aber die Medien die schon über Azov ständig nur die Lügenstory von der Polizei abgeschrieben haben, verbreitet haben.

  • G
    Grast

    Man könnte meinen in der SPD wird mehr als nur "Alles Gute" ausgetauscht.

  • PO
    Pankow Observer

    Na Hauptsache die "sichere Quelle" ist nicht der parteiinterne Konkurrent der jetzt auf den Posten giert. Denn merke: Direkt nach dem Feind kommt der Parteifreund!

     

    Das Edathy seinem Parteifreund (ja, ich nutze dieses Wort bewußt) alles Gute wünschte ist kein hinreichender Beweis, so ein Verhalten ist innerhalb einer Partei als "Verkehrssitte" zu werten.

     

    Allerdings muß zur Erlangung eines Durchsuchungsbeschlusses ein Richter schon nachhaltig überzeugt werden. Herr Edathy sollte allerdings mit Aussagen gegenüber der Presse zurückhaltend sein, hierbei fehlt ja bloß noch die Aussage:" ... und ich gebe Ihnen mein Ehrenwort...".

     

    Wenn nicht folgt er Tauss eben zu den Piraten.

  • R
    routier

    Zuerst zurückgetreten aus gesundheitlichen Gründen - sah aber noch recht gesund aus.

    Hausdurchsuchung ohne Anwesenheit, kein Haftbefehl bei so einem Verdacht?

    Zumindest Vorladung zum Richter wäre das mindestete bei so einer Sache gewesen. Diese Rücksichtnahme in den "Oberen Schichten" dieser Gesellschaft ist doch langsam zum Koootzen

  • S
    Schreibär

    Passend zu Edathy Sascha Iro's heutige Kolumne im "Spiegel":

     

    http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/kolumne-von-sascha-lobo-die-kriminellen-vom-geheimdienst-a-952675.html

     

    Herr Edathy war Vorsitzender des NSU-Untersuchungsaussschusses. Hier einen Zusammenhang nicht ausschließen zu wollen, stempelt einen wohl zum "Verschwörungstheoretiker".

  • S
    Schweizlutscher

    Nur gut, dass die Hinweise aus Kanada gekommen sein sollen und nicht aus den N/USA. Sonst hätte man womöglich noch gedacht, das wäre eine Geheimdiesnt-Operation, um einen NSU-Jäger zu Fall zu bringen.

     

    Aber es ist schon etwas seltsam, dass Lokalreporter die Razzia-Polizisten begleiten durften. Das hat's ja noch nichtmal bei dem Steuerbetrüger Zumwinkel gegeben. Der ja jetzt in der Steuerverschleierungsoase Schweiz wohnt. Die ja wiederum keine Ausländer haben wollen.

  • T
    txxx666

    Wie kamen die Kinderpornos auf den Rechner von Sebastian Edathy – bzw. die Ermittler auf die Idee, dort solcherlei zu finden? Haben vielleicht missgünstige Untergebene oder "Parteifreunde" (Spezialdemokraten ist schließlich alles zuzutrauen) ihm etwas untergejubelt? Oder mag der ledige Spitzenpolitiker, der erst letzten Freitag "aus Gesundheitsgründen" sein Amt niedergelegt hatte, tatsächlich Kinder statt Inder, zumindest in seinen sexuellen Tagträumen? Hat er am Ende, wie einst (nach eigener Aussage) Jörg Tauss, auf eigene Faust im Netz den Undercover-Ermittler in der Pädophilenszene gespielt?

    Möglich wäre auch, dass ihm bei illegalen Download-Aktivitäten (wie gesagt: Spezialdemokraten... s.o.) unter falschen Titeln ("Kevin allein zu Haus") einschlägiges Material untergekommen ist, welches er dann nicht rechtzeitig löschen konnte, bevor er in irgendeine Rasterfahndung geriet. Am Plausibelsten scheint aber zumindest der SPD-Basis, dass dem Leiter des NSU-Untersuchungsausschusses "mit Migrationshintergrund" irgendwelche rechtsradikale Hacker am Zeug geflickt haben, deren zweitliebster Slogan (nach "Ausländer raus") bekanntlich "Todesstrafe für Kinderschänder" lautet.

    Wir werden es womöglich bald erfahren – vielleicht aber auch nicht und niemals (wenn es nämlich doch der Verfassungsschutz war).

    http://bit.ly/Nz5LmH

  • GS
    gnadenloser Spötter

    Edathy ist abgetaucht. Er hat Asyl bei den Grünen bekommen.