Eric Wrasse über „Weltoffenes Thüringen“: „Haltung zeigen, jetzt!“
Die extrem rechte AfD steht in Thüringen vor Wahlerfolgen. Eric Wrasse stellt sich dagegen und initiierte das Bündnis „Weltoffenes Thüringen“.
Dieser Text ist Teil unserer Berichterstattung zu den Kommunal- und Landtagswahlen 2024 in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Die taz zeigt, was hier auf dem Spiel steht: Wer steht für die Demokratie ein? Welche Agenda verfolgen Rechte? Welche Personen und Projekte fürchten um ihre Existenz?
taz: Herr Wrasse, Sie haben gerade das Bündnis „Weltoffenes Thüringen“ mitinitiiert, dem sich bereits gut 500 Unterstützende anschlossen haben, von der AWO bis Jenoptik. Warum?
49 Jahre, Politologe, ist Mitinitiatior des Bündnisses „Weltoffenes Thüringen“ und Pädagogischer Leiter der Europäischen Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar.
Eric Wrasse: Wir schauen hier alle mit großer Sorge auf das Wahljahr 2024 für Thüringen. Schon jetzt haben wir eine politisch instabile Situation im Land, mit einem Regierungsbündnis ohne Mehrheit. Die rechtsextreme AfD durchdringt immer mehr die Gesellschaft. Wir haben bereits heute ein Problem mit Alltagsrassismus und mangelnder Willkommenskultur. Internationale Gäste und Fachkräfte meiden Thüringen. Wir befürchten, dass sich das alles noch deutlich verschärfen wird. Wenn es einen Moment gibt, Haltung zu zeigen, dann jetzt.
Dass die AfD demokratiefeindliche Ziele verfolgt, steht für Sie außer Zweifel?
Absolut. Die AfD sagt ja deutlich, was sie plant. Sie will die demokratische Zivilgesellschaft austrocknen, Migranten und Minderheiten an den Rand drängen. Als Bündnis wollen wir darauf hinweisen, was diesem Land droht. Niemand soll sagen, wir haben von all dem nichts gewusst oder es wird schon gut gehen. Wenn wir nichts tun, wird es nicht gut gehen.
Fürchten Sie, die AfD könnte tatsächlich mitregieren?
Das nicht unbedingt. Aber selbst wenn es für die AfD keine Regierungsbeteiligung gibt, kann sie destruktive Verhinderungspolitik betreiben. Schon im Mai gibt es Kommunalwahlen, danach wird die AfD weitere Bürgermeister oder Landräte stellen, wird es kommunale Zusammenarbeiten mit der Partei geben. Dann wird sie in noch mehr Vorständen und Stiftungsräten sitzen.
Die Konsequenzen für die demokratische Zivilgesellschaft wären immens. Denn Kommunen entscheiden, ob sie Aktionspläne oder Partnerschaften für Demokratie weiter unterstützen und ob Kulturprojekte weitergefördert werden. Dann könnte die Zivilgesellschaft wirklich ausgetrocknet werden. Unsere große Sorge ist, dass sich das gesellschaftliche Klima noch weiter verschlechtert. Was früher nicht sagbar war, wird schon jetzt offen ausgesprochen. Wenn weiter immer mehr Menschen dem Land den Rücken kehren, wären die Folgen für Thüringen fatal. Allen muss klar sein: Die Demokratie ist nicht selbstverständlich.
Hatten Sie mit der breiten Resonanz für Ihr Bündnis gerechnet?
Einige von uns hatten vorher schon Kontakt, aber in der Breite ist das für Thüringen einmalig. Bisher wird der Diskurs sehr von der AfD bestimmt, nun wollen wir auch die demokratischen Stimmen hörbar machen. Und da würde es mich freuen, wenn auch andere noch dazustoßen – die Handwerkskammern, Feuerwehren oder das Hotel- und Gaststättengewerbe etwa – und hier Haltung und Mut bekennen.
Ihr Bündnis will nun demokratische Werte in Thüringen „sichtbar machen“. Wie?
Wir werden mit Veranstaltungen und Ausstellungen präsent sein, wir werden Banner und Poster aufhängen. Es wird eine Social-Media-Kampagne mit Videostatements geben, einen Fachtag und vor der Wahl im September ein Konzert auf dem Domplatz in Erfurt. Wir werden alles tun, dass man an unserer Kampagne nicht vorbeikommt.
Aktualisiert am 04.01.2024 um 08:30 Uhr. d. R.
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