Ergebnisse der Bundestagswahl: FDP punktet bei den Jungen
Fast ein Viertel der Erstwähler:innen hat sein Kreuz bei den Liberalen gemacht. Das dürfte vor allem mit der Coronapolitik zusammenhängen.
Nur die Grünen haben bei der jetzigen Bundestagswahl in der Altersgruppe leicht besser abgeschnitten. Bei den Erstwähler:innen landet die FDP mit 23 Prozent sogar auf Platz eins – vor Grünen (22), SPD (15), Union (10), Linke (8) und AfD (7).
Empfohlener externer Inhalt
„Das Ergebnis zeigt, dass die Jugend nicht nur Fridays For Future ist“, sagt Laura Schieritz, stellvertretende Bundesvorsitzende der JuLis, der taz. Für viele junge Menschen seien die letzten anderthalb Jahre wegen der Coronakrise von Verzicht geprägt gewesen, so die 23-Jährige. Aus diesem Grund habe die JuLi-Kampagne „Zukunft nur mit Freiheit“ auch so gezogen.
Bei Schüler:innen, die nicht verstehen, warum sie im Schulalltag Maske tragen müssen, wenn Großveranstaltungen und Restaurantbesuche längst wieder ohne Maske erlaubt sind. Bei Studierenden, die auch im nun vierten Corona-Semester auf eine bundeseinheitliche Öffnungsperspektive warten. Zumal Zehntausende wegen der Pandemie ihre Jobs verloren hätten und sich von der Politik im Stich gelassen fühlten.
Auch bei den Juniorwahlen stark
Wie wenig junge Menschen sich von der Politik gehört fühlen, zeigt eine repräsentative Umfrage der Generationen Stiftung kurz vor der Bundestagswahl: Über 80 Prozent der befragten 16- bis 26-Jährigen gaben an, dass die Regierung ihre Interessen „ignoriert“ habe. Bei 70 Prozent sei das Vertrauen in die Politik in den letzten vier Jahren gesunken.
„Die Coronapolitik hat gezeigt, wie wenig andere Parteien auf die jungen Menschen und ihre Anliegen hören“, ist sich Laura Schieritz sicher. Für notleidende Studierende hätte die FDP das Bafög geöffnet, für Schulen schon vor einem Jahr ein bundesweites Luftfilter-Programm aufgelegt.
Dass die FDP – und ihr Parteivorsitzender Lindner – mit der Freiheitsrhetorik bei jungen Menschen gut ankommt, zeigen auch die Juniorwahlen, die immer parallel zu den Landtags-, Europaparlaments- und Bundestagswahlen stattfinden. 1,1 Millionen Schüler:innen haben dieses Mal abgestimmt. Das Ergebnis: 18,5 Prozent haben FDP gewählt – doppelt so viele wie vor vier Jahren. Nur den Grünen (20,6 Prozent) und der SPD (19,4) gaben die Jugendlichen mehr Stimmen. „Die Juniorwahlen sind ein Seismograph für die Lebenswelt der Jugendlichen“, sagt der Sozialwissenschaftler Rahim Hajji von der Hochschule Magdeburg-Stendal.
Hajji forscht seit sechs Jahren zu den Juniorwahlen. Das aus seiner Sicht unerwartete Abschneiden der FDP lasse einen klaren Schluss zu: „Bei vielen jungen Menschen war das keine Klimawahl, sondern eine Anti-Coronawahl“. Der mediale Fokus auf die Fridays For Future habe zu der Annahme geführt, Klimaschutz habe für alle jungen Menschen Priorität.
Laut Hajji zeigten die Wahlen aber auch: Die AfD, die die Coronapolitik sogar noch deutlicher kritisiert hat als die FDP, ist vielen jungen Menschen offensichtlich zu radikal. Bei der Juniorwahlen kommt sie auf nur 5,1 Prozent der Stimmen. Am stärksten verliert die Union, ganze 13,5 Prozentpunkte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen