piwik no script img

Erfolge des 9-Euro-TicketsMehr Tourismus auf dem Land

Mehr unterwegs durch die günstige Flatrate-Fahrkarte: Gerade im ländlichen Raum führen in diesem Juli mehr Menschen mit dem Zug als im Vorjahr.

Mehr Ausflüge, weniger Inflation: Das 9-Euro-Ticket hat einige Erfolge zu verzeichnen Foto: Arne Dedert/dpa

Berlin rtr | Das 9-Euro-Ticket hat auch im zweiten Monat seiner Einführung den Bahnverkehr angekurbelt – vor allem in ländlichen und touristischen Gebieten. Die Zahl der Reisen ab 30 Kilometern lag auch im Juli um durchschnittlich 42 Prozent höher als im gleichen Monat des Vorkrisenjahres 2019, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte.

Die Reisen im Straßenverkehr befanden sich bundesweit in etwa auf dem gleichen Niveau. „Diese bundesweiten Ergebnisse deuten auf einen generellen Anstieg der Reisen hin“, schlussfolgerten die Statistiker daraus.

Besonders in ländlichen, bei Touristen beliebten Reisegebieten kam es zu einem Anstieg des Eisenbahnverkehrs. Hier lagen die erfassten Reisen im Juni und Juli um durchschnittlich 80 Prozent höher als in den Referenzmonaten 2019. In Regionen mit hohem Tourismusaufkommen war vor allem bei Bahnreisen zwischen 30 und 100 Kilometern ein Anstieg zu beobachten.

In den ersten beiden Monaten seit Einführung des 9-Euro-Tickets hat sich hier das Reiseaufkommen im ländlichen Raum verglichen mit 2019 mehr als verdoppelt (+104 Prozent). Bei Reisen zwischen 100 und 300 Kilometern lagen die Werte im Schnitt um 55 Prozent höher, bei Fahrten über 300 Kilometer Distanz um 35 Prozent.

Ticket hat Inflation gedämpft

Das genau zu zählen, ist gar nicht so leicht; es gibt methodische Unschärfen. „Dabei ist zu beachten, dass gerade bei längeren Reisen im Eisenbahnverkehr in ländlichen Gebieten mehrere Umstiege notwendig sein können“, so die Statistiker. „Dies kann unter bestimmten Bedingungen dazu führen, dass eine einzelne, lange Reise als zwei kürzere Bewegungen erfasst wird.“

In städtischen Reisegebieten mit hohem Tourismus-Aufkommen lag die Zahl der Reisen im Eisenbahnverkehr ab 30 Kilometern im Juni und Juli um 28 Prozent höher als im gleichen Zeitraum 2019. „Sie ist damit weniger stark gestiegen als das Reiseaufkommen in den anderen Gebietstypen“, hieß es dazu.

Das 9-Euro-Ticket wurde als Teil des Entlastungspakets der Bundesregierung für die Monate Juni, Juli und August beschlossen, um Verbrauchern angesichts der hohen Inflation zu helfen. Die Teuerungsrate ist seither leicht zurückgegangen auf zuletzt 7,5 Prozent im Juli, was Experten auch auf das verbilligte Ticket zurückführen.

Derzeit sieht es nicht danach aus, als werde das Angebot fortgeführt – trotz seines Erfolgs. Besonders Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist für das Anliegen nicht empfänglich: „Es stehen in der Finanzplanung für eine Fortsetzung des Neun-Euro-Tickets keinerlei Mittel zur Verfügung“, sagte der FDP-Politiker kürzlich der „Augsburger Allgemeinen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Das 9 Euro Ticket macht so keinen Sinn, wenn der Autoverkehr stabil bleibt, dann wird das 9 Euro Ticket nur für fun Fahrten genutzt, dassmacht es nicht besser für die Umwelt. Dann das Geld lieber in die Sanierung des ÖPNV gesteckt

  • Nutzt uns leider nichts, da der ÖPNV hier nichts taugt.



    Bei uns fährt der einzige Bus Mo-Fr um:



    9:10, 11:10, 13:07,15:07,17:07, das wars dann auch schon.



    Man kommt also weder zur Schule noch zur Arbeit mit dem Bus und auch nicht Heim.



    So viel zum ÖPNV auf dem Land.

  • Pro und Contra:



    Pro:



    - Einfach einsteigen, egal wo, man braucht sich nicht um die Tarifstruktur des jeweiligen ÖPNV-Unternehmens kümmern.



    - Fahrkartenautomat ade! Jeder Verbund hat eine eigene Tarifstruktur und entsprechend unverständlich sind die Automaten.



    Contra:



    für uns auf dem Land ist ÖPNV als Ersatz für den PKW undenkbar, da die Verbindungsmöglichkeiten und Fahrzeiten unmöglich sind. Teilweise nur 4 Fahrten pro Tag und meist nur 2 Stunden Takt.



    Teilweise geht eine Fahrt zum Nachbarort(6km) nur über Umwegfahrten und dauert bis zu 90 Minuten.



    Da wir sehr bergig wohnen (-380Hm zum nächsten Ort) ist das Fahrrad leider nur bedingt eine Alternative.

    Immerhin hat man es mit dem 9€ Ticket mal geschafft, dass wir nach über 20 Jahren mal wieder ÖPNV gefahren sind, wenn auch mehr zu Ausflugszwecken.



    Auf das Geld käme es mir übrigens nicht so an, die Einfachheit der Nutzung (egal wo) fanden wir genial!

  • Im ländlichen Raum kommt es darauf an, den langsameren Bus so günstig an die schnellere Bahn anzukoppeln, dass für die Pendler aus dem Umland ein deutlicher Zeitgewinn ermöglicht wird.



    Um den Bedarf zu erfassen, sollte -ausnahmsweise- einmal eine Auswertung der Bewegungsprotokolle, die das Handy ermöglicht, vorgenommen werden, damit daraus die Linienführung insbesondere des Busverkehrs geplant werden. Dazu gehören überdachte Fahrradabstellplätze an sonst abgelegenen Haltepunkten. Zusätzlich sollten bei größeren Unternehmen Abholverkehre, wie sie Amazon schon bietet von und zu wichtigen Bahnhöfen eingerichtet werden.

  • Was ich in all den Artikeln über die Zugkraft das 9 Euros Tickets vermisse: Der größte Vorteil des 9 Euro Tickets ist, dass man auf Anhieb weiß, wie viel die Reise kosten wird und zu welchen Bedingungen!

    Wenn ich irgendwo ein öffentliches Verkehrsmittel sehe, in dem das 9 Euro Ticket gilt, kann ich einfach einsteigen. Kein Rätselraten, ob mein Ticket gilt, ob ich es vorher kaufen muss, oder es auch im Verkehrsmittel zu lösen ist, ob der Fahrschein bereits bei Kauf entwertet ist oder erst gestempelt werden muss usw. usf.

    Sieht man übrigens auch in der Reiseauskunft der Deutschen Bahn: Busanschlussverkehre, bei denen sonst keine Tarifauskunft verfügbar war, werden nun mit 9 Euro angezeigt.

    Endlich in die Fläche reisen können, ohne ein Tarifdiplom gemacht haben zu müssen. Der größte Vorteil bleibt fast immer unerwähnt.

  • Keinerlei Mittel zur Verfügung. Stimmt nur teilweise und wird hier einfach unkommentiert übernommen. Ich behaupte mal, dass die Übergewinne der Mineralölindustrie aber deutlich über dem Bedarf für das 9Euro-Ticket liegen. Es kann ja auch mit einem 29EuroTicket o.Ä. weitergehen. Würde der Tankrabatt abgeschafft, was mehr als sinnvoll wäre, stünden noch mehr Mittel zur Verfügung. Warum wird in der TAZ eigentlich der brutal neoliberale Klientelminister nicht als solcher entlarvt? Er macht Politik nicht für die Bevölkerung sondern nur für Teile derselben und bekommt hoffentlich seine Quittung bei der nächsten Wahl. Halbierungen gab es ja schon, berechtigterweise.

  • Das heisst nicht, dass die Bevölkerung aus ländlichen Gebieten die Bahn mehr genutzt hat. Sondern Punks von Berlin nach Sylt fahren durch ländliche Gebiete. Oder Tagestouristen von München zur Zugspitze. Wie im Text erwähnt, Autoverkehr ist nicht reduziert, es wurde "nur" mehr gereist. Da auch zusätzliche Busse und Züge eingesetzt wurden, also eine weitere Belastung für das Klima.



    Das würde sich hoffentlich wieder auf einem niedrigeren Niveau einpegeln, sollte es eine Fortsetzung geben.

    • @fly:

      Ach jaaaa, die Punks... Millionem davon sind nach Sylt gereist, ach was schreib ich, MILLIARDEN!