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Entführung in KeniaKidnapping auf offener Straße

Journalistin Maria Sarungi Tsehai aus Tansania wurde mitten in Kenias Hauptstadt Nairobi entführt. Dahinter steckt mutmaßlich Tansanias Geheimdienst.

Maria Sarungi Tsehai nach ihrer Freilassung am 13. Januar in Nairobi Foto: Monicah Mwangi/reuters

Kampala taz | „Ich bin nun in Sicherheit“, so die gute Nachricht am Sonntagabend auf der Onlineplattform X. Die tansanische Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Maria Sarungi Tsehai bedankt sich per Video bei ihren über eine Million Followern für die Unterstützung. Sie steht mit Kameraden vor der Kamera, sichtlich schockiert, aber erleichtert, und verspricht: „Ich berichte euch morgen mehr!“

Die bekannte tansanische Herausgeberin des unabhängigen TV-Kanals Kwanza TV war am Sonntag in Kenias Hauptstadt Nairobi entführt worden. Dort lebt sie seit vier Jahren im Exil.

„Ich war in einem Friseursalon, um mir meine Haare machen zu lassen“, berichtet sie in einer Pressekonferenz am Montag. „Es war wie in einem Film.“ Als sie im Anschluss mit ihrem Fahrer den Parkplatz verlassen wollte, wurde sie von zwei dunkel gekleideten Männern gestoppt. „Sie haben die Tür aufgerissen und mich herausgezerrt“, so Sarungi. „Sie zerrten mich in ein Fahrzeug und fuhren mit mir davon.“

Mit einem Tuch über dem Kopf und in Handschellen sei sie in dem Auto entführt worden: „Wir fuhren sehr schnell“, berichtet Sarungi. Sie nahmen ihr das Handy weg, fragten sie nach ihrem PIN-Code und behaupteten, sie seien von der Polizei. Irgendwo außerhalb Nairobis wurde sie bei Einbruch der Dunkelheit freigelassen. Es gelang ihr, ein Fahrzeug zu stoppen, das sie in Sicherheit brachte. „Ich bin mir sicher, dass es Ziel der Entführung war, Zugang zu meinen Geräten zu erhalten“, schlussfolgert sie. Sie vermutet, dass die Entführer sie über die Grenze nach Tansania bringen wollten.

Tsehai startete Onlinekampagne #ChangeTanzania

Tsehai ist in Tansania für ihre regierungskritischen Kommentare bekannt. Besonders den brutalen Umgang der Regierung mit der ethnischen Minderheit der Maasai sowie die abnehmende Medienfreiheit in Tansania prangert sie lautstark an. Unter dem Hashtag #ChangeTanzania startete sie vergangenes Jahr eine Onlinekampagne.

Sie wurde jüngst in Tansania immer wieder bedroht, deswegen hielt sie sich viel in Kenia auf. Human Rights Watch bezeichnet die Entführung, mutmaßlich durch tansanische Geheimdienste, als „schlechtes Zeichen“. Im Oktober sind in Tansania Wahlen angesetzt.

Sarungi ist nicht das erste prominente ausländische Entführungsopfer in Nairobi. Ende November hatten bewaffnete Männer in Zivil in Kenias Hauptstadt Ugandas prominenten Oppositionsführer Kizza Besigye entführt und ihn nach Uganda zurückgebracht, wo er sich jetzt vor einem Militärgericht verantworten muss.

Kenias Außenminister Korir Singoei beharrte damals darauf, dass keine kenianischen Sicherheitskräfte in die „Entführung“ involviert waren. Allerdings wurden bereits im vergangenen Juli 36 ugandische Mitstreiter von Besigyes Parte FDC (Forum für Demokratischen Wandel) in Kenia verhaftet und nach Uganda ausgeliefert. Im Oktober wurden in Nairobi sieben Flüchtlinge aus der Türkei gekidnappt und vier davon in die Türkei ausgeliefert, obwohl sie Asyl in Kenia hatten.

Zunehmende Zahl politisch motivierter Entführungen

Faith Odhiambo, Vorsitzende von Kenias Anwaltsverband, berichtet auf X von einer zunehmenden Zahl politisch motivierter Entführungen, auch von Kenianern. Unter dem Hashtag #EndAbductionsKe wird nun online auch nach den Entführern von Tsehai gesucht.

Die kenianische Sektion von Amnesty International postete Videos von zwei dunkel gekleideten Männern, die kurz vor der Entführung am Sonntag um 15 Uhr in dem Friseursalon warten, den Tsehai besuchte. „Wer Informationen zur Identität dieser beiden Personen hat, wird gebeten, sich mit uns in Verbindung zu setzen“, heißt es unter dem Post.

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