Engpässe bei Energiewende: Ausrotiert in Rostock
Deutschlands letztes Werk für Rotorblätter soll dichtmachen. Die Bundesregierung sorgt sich darum, wo die Öko-Kraftwerke herkommen sollen.

Sie bauen bisher das, was sich am Windrad dreht: Protest gegen die Werkschließung in Rostock Foto: Bernd Wüstneck/picture alliance/dpa
BERLIN taz | Am 30. Juni soll Schluss sein. Dann will der Windradbauer Nordex sein Rostocker Werk für Rotorblätter schließen. Es ist das letzte in Deutschland. 200 Mitarbeiter:innen, rund ein Drittel der Belegschaft, beteiligte sich am Montag an einem Protest gegen die geplante Abwicklung.
„Vonseiten Nordex ist meine Hoffnung sehr begrenzt“, sagte Stefan Schad, Chef der IG Metall Rostock-Schwerin, der taz. Nordex habe die Produktion der neuen Rotorblattgenerationen, die größer sind als die aktuellen Rostocker Modelle, in Indien und Brasilien aufgebaut. „Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, dass bei den explodierenden Logistik-Kosten ein Import von 180 Meter langen Rotorblättern aus Brasilien sinnvoll ist“, so Schad.
Er hoffe darauf, dass sich ein anderer Investor für das Werk findet. Der Gewerkschafter sieht sonst auch das Fortkommen der deutschen Energiewende gefährdet und hofft auf politische Unterstützung. „Herr Habeck spricht ja immer über die sozial-ökologische Energiewende, aber sozial ist es nicht, wenn hier das Werk zumacht – und dass es ökologisch ist, glaube ich auch nicht.“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mag ihm da sogar zustimmen. Er verbrachte seinen Montagmorgen mit Vertreter:innen aus der Energiewirtschaft. Das Thema: Ausbau der Produktionskapazitäten für die Energiewende in Deutschland und Europa.
Engpässe bei der Energiewende
„Wir haben jetzt schon Engpässe, vor allem im Bereich Solar“, sagte er im Anschluss. Die dürften sich künftig verschärfen, schließlich will die Ampelregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen, um die Erderhitzung zu begrenzen. Der Abbau der Windindustrie sei aber noch nicht so weit vorangeschritten wie der der Solarindustrie, sagte Habeck. „Das kann man wieder hochziehen“, sagte er.
Dafür müssten sich die gesetzlichen Energiewende-Ziele auch dauerhaft im Auftragseingang der Unternehmen zeigen, so der Minister. Wo es hängt? Habeck verwies darauf, dass es im ersten Quartal 2022 schon wieder weniger Anträge und Genehmigungen von Windrädern gegeben habe, und erneuerte sein Versprechen verbesserter Genehmigungsverfahren.
Leser*innenkommentare
alterego
Der Zug hat doch schon früher den Bahnhof verlassen.
Große Rotorblätter sind zu arbeitsintensiv für eine wettbewerbsfähige Fertigung in D.
darthkai
Die Erklärung wird wie bei jeder anderen hausgemachten Katastrophe, von Lebensmittel- (es existiert in D keine Knappheit an irgendwas) bis Energiepreisen (es wurde noch kein Barrel Öl und kein m³ Gas weniger geliefert) sein: "Das ist der Markt, da kann man nichts machen."
meerwind7
In der Lausitz wurde im Zuge des "Strukturwandels" der Kohleregion schon vor ein paar Jahren ein Rotorblattwerk stillgelegt, mangels Nachfrage. Mit anderen Worten, wegen zu geringen inländischen Aufstellungszahlen.
Fördergelder des Landes Brandenburg flossen stattdessen in die Region Berlin für ein Autowerk.
Herbert Eisenbeiß
Peter Altmeiers Deindustrialisierungskampagne ist ein großartiger Erfolg!
Wurstfinger Joe
@Herbert Eisenbeiß Na in diesem speziellen Fall ist es eher "Der Markt wird es schon richten!". Der Hersteller weicht auf andere und wesentlich billigere Standorte aus. Bei Solar hat Altmeier wirklich ganze Arbeit geleistet, damit war er ja auch wesentlich früher durch.
Herbert Eisenbeiß
@Wurstfinger Joe Ne, Herr Altmeier hat die Solar- als auch Windenergiebranche systematisch in den Boden gerammt.
Wo keine Bestellungen mehr sind, sind auch keine Aufträge...
Wurstfinger Joe
@Herbert Eisenbeiß Es stimmt, Altmeier hat auch bei der Windenergie den soliden Grundstein zum Untergang gelegt, aber in diesem Fall und bei der derzeitigen Entwicklung ist es trotzdem die Entscheidung des Herstellers für billigere Produktionsstandort.
Ria Sauter
Gast
Solar und Windkraft wurde von der vorherigen Politik ausgerottet. Mit Hilfe der SPD.
Es wurden sehr, sehr viele Arbeitsplätze vernichtet.
Es gab keinen Aufschrei und nir sehr wenig Aufruhr darum in den Medien.
Rückwärts statt vorwärts ist schon länger die Gangrichtung.
Manuel Bonik
Und dann war noch was mit Rohstoffen. Und dann war noch was mit mangelnden Fachkräften. Wird schwierig mit der Energiewende.