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Energieversorgung in der EURaus aus Russlands Klauen

Mit Flüssiggas und erneuerbaren Energien will die EU unabhängiger von russischen Importen werden. Doch wie das genau passieren soll, ist noch unklar.

Brunsbüttel ist als Standort für ein neues LNG-Terminal (Liquefied Natural Gas) im Gespräch Foto: Frank Molter/dpa

Brüssel taz | Die EU will unabhängiger von fossilen Brennstoffen aus Russland werden und die Nachfrage nach russischem Gas bis zum Jahresende um zwei Drittel reduzieren. Dies kündigte die EU-Kommission am Dienstag in Straßburg an. Die europäische Energieversorgung solle günstiger, sicherer und nachhaltiger werden, versprach die Brüsseler Behörde vor dem Hintergrund bedrohlich steigender Preise.

Bisher ist die EU auf Energie aus Russland angewiesen. So kommen EU-weit 45 Prozent der Gasimporte, 45 Prozent der Kohle und 25 Prozent des Öls aus dem Land, das Krieg gegen die Ukraine führt. Einige Länder wie Ungarn, Bulgarien oder die Slowakei sind sogar fast vollständig auf Russland angewiesen. Auch Deutschland kann mit einer Quote von 55 Prozent schwer auf russisches Gas verzichten.

Doch nun droht eine harte Entwöhnungskur. Die EU-Kommission begründet den Bruch mit Russland vor allem mit dem Krieg in der Ukraine. „Wir können nicht von einem Versorger abhängen, der uns bedroht“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Russlands Invasion in der Ukraine hat die Versorgungssicherheit verschlechtert“, meint die Energiekommissarin Kadri Simson.

Allerdings wurden seit Kriegsbeginn keine Engpässe gemeldet, im Gegenteil: Der russische Anbieter Gazprom hat die Gaslieferungen nach Europa sogar ausgeweitet. Auch die extrem hohen Preise bei Öl und Gas sind nicht nur dem Krieg anzulasten. So stieg der Gaspreis am Montag um unglaubliche 60 Prozent, nachdem US-Außenminister Tony Blinken ein Öl­embargo gegen Russland angedeutet hatte. Auch die westlichen Sanktionen treiben die Preise in die Höhe. Dagegen kann die EU-Kommission nicht viel tun.

Unklar ist auch, wie die Brüsseler Behörde die Energielieferungen aus Russland ersetzen will. Sie nennt zwar ein Ziel: zwei Drittel weniger bis zum Jahresende. Zudem will man Mitgliedsstaaten verpflichten, ihre Gasspeicher bis zum 1. Oktober zu mindestens 90 Prozent zu befüllen. Wie das gehen soll, bleibt offen. Mehrere Förderländer, darunter Aserbaidschan und Katar, haben zwar zugesagt, ihre Öl- und Gaslieferungen nach Europa zu erhöhen.

Die größte Hoffnung ist die USA

Die Lieferungen aus Russland können sie jedoch nicht vollständig ersetzen. Die größte Hoffnung ruht daher auf den USA, die mehr Flüssiggas liefern wollen. Dabei handelt es sich jedoch um klimaschädliches Frackinggas. Von der Leyen sieht darin kein Problem. Gemeinsam mit Klimakommissar Frans Timmermans setzt sie auf Flüssiggas und erneuerbare Energien. „Lasst uns die Erneuerbaren mit Lichtgeschwindigkeit ausbauen“, fordert Timmermans. Er plant einen „Pakt für erneuerbare Energien“, um den Ausbau von Solarenergie, Wind- und Wasserkraft anzukurbeln. Auch Genehmigungsverfahren sollen verkürzt werden.

Dennoch droht der European Green Deal in den Hintergrund zu rücken. Er baut auf den Gaslieferungen aus Russland auf, die als „Brücke“ zu klimaneutralen Energien gedacht waren. Nun muss die EU ihre Strategie neu ausrichten. Eine erste Gelegenheit dazu bietet ein Sondergipfel am Donnerstag in Versailles, zu dem Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron geladen hat. Die 27 Mitgliedstaaten wollten die „Abhängigkeit von russischen Gas-, Öl- und Kohleimporten beenden“, heißt es in einem Entwurf für das Gipfeltreffen.

Allerdings ist umstritten, ob dies schnell oder schrittweise geschehen soll. Zudem sind die Mitgliedsstaaten uneinig über konkrete Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise. Frankreich und Spanien hatten schon im Oktober gefordert, den europäischen Energiemarkt neu zu regeln, um die Spekulation einzudämmen und extreme Ausschläge zu verhindern. Die EU-Kommission war bisher dagegen, nun lässt sie erstmals Bereitschaft für Markteingriffe erkennen. Deutschland und andere EU-Länder standen bisher jedoch auf der Bremse. In Versailles droht also Streit.

Röttgen hält Embargo für machbar

Währenddessen wird in Deutschland debattiert, ob der Import von Öl und Gas komplett gestoppt werden sollte. CDU-Politiker und Außenpolitikexperte Norbert Röttgen sprach sich für ein solches Embargo aus. Es sei zwar eine harte und weitreichende Entscheidung, jedoch eine, die er für notwendig und machbar hält. So sagte er am Dienstag im Deutschlandfunk: „Annähernd eine Milliarde Dollar spülen wir ihm täglich in die Kriegskasse, dadurch, dass das weitergeht, und dadurch, dass die Banken, die das finanzieren, nicht von Swift ausgeschlossen worden sind.“

Röttgen betonte, dass die Gasspeicher in Deutschland bis zum Winter ausreichen würden. Deutlich zurückhaltender äußerte sich Kanzler Olaf Scholz. Er sagte am Montag, dass die Energie- und Stromversorgung Europas momentan nicht anders gesichert werden könnte. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck warnt vor einem kompletten Embargo: „Wir reden dann über eine schwere Wirtschaftskrise in Deutschland und damit in Europa“, sagte er am Dienstag gegenüber ntv. Das könnte schlimmstenfalls dazu führen, dass man die eigens verhängten Sanktionen nicht mehr stemmen kann.

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17 Kommentare

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  • Aus den Klauen befreien? Was soll das?



    Wer sich mit Hunden schlafen legt, wacht mit deren Flöhen auf.



    So einfach ist das.

  • Jau - Fracking - da wird's der Erde aber warm!

    • @Kappert Joachim:

      Ach, das Zeug wird so teuer, dass die Klima-Erwärmung dadurch jedenfalls kein Stück Fahrt mehr aufnimmt.

  • Flüssiggas ist Frackinggas!



    wollen wir das wirklich?

    • @Agnes Friedrich:

      Okay, stellen wir mal richtig:

      1.Es ist _kein_ Flüssiggas wie Propan oder Butan, sondern durch enorme Kälte verflüssigtes Erdgas.

      2.Dieses _kann_ durch Fracking gewonnen werden, muß aber nicht.

      3.In Russland wird übrigens auch Fracking betrieben.

  • 9G
    93851 (Profil gelöscht)

    "Freuen wir uns doch" jetzt schon auf den nächsten Winter!

    Vielleicht ist der Klimawandel dann soweit, dass wir bei 40° im Schatten sitzen ... Der ächzende Regenwald im Amazonasgebiet pfeift auch schon aus dem letzten Loch. Die Welt hängt bereits am Hungerhaken, da friert man doch "gern" die nächsten 3-4 Jahre.

    Aber kein Mensch redet hier von Tempolimit oder davon völlig überdimensionierte, spritfressende SUV's von der Straße zu nehmen. Mit 180 km/std. Raserei, mit wüstentauglichen Karossen und anderen dekadenten Produkten die eigene Profilneurose zu bedienen scheint für viele hier viel wichtiger zu sein als vieles andere.



    Und wenn die E-Autos dann alle rollen sollen, wird die Hälfte davon vermutlich eher vor sich hin rosten als auch nur 1km gefahren zu sein ..., Ja wo ist denn der ganze Strom?

    Fakt ist: auf andere Energieträger und Lieferanten umzusteigen geht nicht mal eben in 1-2 Jahren, das ist absolut illusorisch. Es sei denn, Deutschland mutiert über Nacht zum Milliardenreservat.

    (Grüne) Energiewende ist nur was für Vermögende und Großverdiener.–Für Otto-Normalverbraucher:innen gibt's dann Tretroller...

    Ach übrigens:



    Die nächste Diätenerhöhung sitzt schon in den Startlöchern. Sehr solidarisch, wirklich, ein "Hoch" auf Deutschlands lupenreine Politik und Demokratie.

  • "eine Milliarde Dollar täglich"

    WAAAASSS??? OMG...wenn wir DAS in die Entwicklung und Etablierung von EE investiert hätten wäre dieser Krieg für ihn vielleicht von Anfang an nicht finanzierbar gewesen - und wir hätten ein unabhängiges, stabiles Energiesystem ohne Klimakiller-Folgen.



    Ich fass es nicht.

    Ausserdem: der Umstieg wird klappen müssen, denn Putin kann auch einfach das Gas abdrehen. Hat er ja schon angedroht.



    Dann muss das auch gehen - NOCH schneller als wenn wir das halbwegs kontrolliert selber machen.

    Besser Aktion als Reaktion.

    • @Mitch Miller:

      Bedanken Sie sich bei Merkel, Schröder und nicht zu vergessen der CSU

  • Auch wenn mich jetzt einige für doof halten: Ist es wirklich sinnvoll, sich aus den "Klauen" von A zu "befreien", nur um dann in den Klauen von "B" zu landen?

    • @Bunte Kuh:

      Das ist keine doofe Frage.

      Fakt ist, dass Russland die Lieferverträge IMMER eingehalten hat.



      Fakt ist auch, dass das Frackinggas umweltpolitisch eine besondere Sauerei ist. Dass augerechnet Grüne sich dafür stark machen, spricht für sich.

      • @Rolf B.:

        "Fakt ist, dass Russland die Lieferverträge IMMER eingehalten hat."

        Hahaaa...deswegen sind die Gazprom-Speicher in Deutschland jetzt auch nicht gefüllt?

    • 9G
      96177 (Profil gelöscht)
      @Bunte Kuh:

      also bitte, das eine sind Klauen, das andere westliche Werte - in Zeiten der Hysterie immer schön Überblick über den Sprachschatz behalten.



      Lüders widmet sich dem Thema sehr unaufgeregt

      youtu.be/FlXihZc2IzQ

      • @96177 (Profil gelöscht):

        Weil die Amerikaner ja auch immer nach westlichen Werten und Vernunft handeln....

      • @96177 (Profil gelöscht):

        Verzeihung, ich war so dumm.