Energiepreisbremsen greifen ab 1. März: Zuschüsse für Gas und Strom sind da
Die Preisbremsen der Regierung gelten ab sofort. Verbraucher:innen sollten prüfen, ob die Energielieferanten die Entlastung richtig berechnen.
Die Kosten für Gas und Strom sind infolge des Ukrainekriegs drastisch gestiegen. Damit Verbraucher:innen das stemmen können, subventioniert der Bund die Preise. Ab 1. März gilt deshalb – rückwirkend zum 1. Januar – die Preisbremse für Gas und Strom. Das bedeutet: Kund:innen müssen für Strom maximal 40 Cent, für Gas höchsten 12 Cent und für Fernwärme nicht mehr als 9,5 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Die Differenz zum in der Regel höheren Marktpreis übernimmt der Staat. Das gilt aber nur für bis zu 80 Prozent des früheren Verbrauchs, für mehr wird der hohe Marktpreis fällig. So sollen die Bürger:inenn weiterhin zum Energiesparen ermuntert werden. Als Berechnungsgrundlage gilt die Abrechnung für den September 2022.
Finanziert wird das aus dem 200 Milliarden Euro schweren Energiehilfspaket, das Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als „Doppelwumms“ angekündigt hat. Teurer im Vergleich zum Jahr 2021 wird es für die meisten Bürger:innen allerdings trotzdem, denn die früheren Strom- und Gaspreise lagen deutlich unter den jetzigen Grenzen.
Der Staat rechnet direkt mit den Versorgern ab. Verbraucher:innen müssen nichts tun, um in den Genuss der Preisbremsen zu kommen, so die Bundesregierung. Das ist grundsätzlich richtig, sagt Amelie Vogler, Energieexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Aber es ist sinnvoll zu prüfen, ob die vorgesehene Entlastung auch tatsächlich ankommt.“ Bis zum 1. März müssen die Versorger die Kund:innen darüber informieren, von welchem Verbrauch sie ausgehen und wie hoch die Entlastung ist. „Wir wissen, dass viele Versorger damit nicht hinterherkommen“, sagt sie. Fast alle Verbraucher:innen haben einen Vertrag mit einem Stromanbieter, der sie über die Wirkung der Preisbremse informieren muss. Bei der Heizung läuft der Vertrag bei Mieter:innen oft über den Vermieter. In diesem Fall kommt die Entlastung über die Betriebskostenabrechnung.
Kontrolle mit Internetrechnern
Das Informationsschreiben der Energielieferanten muss die Verbrauchsdaten, den Preis und den neuen Abschlag enthalten. Im Internet gibt es unter anderem von der Verbraucherzentrale NRW spezielle Rechner, mit denen Interessierte die Angaben der Unternehmen prüfen können. In Einzelfällen haben Lieferanten offenbar viel zu hohe Anschläge berechnet. Das müssen Kund:innen nicht hinnehmen. Finden sie Fehler, etwa eine falsche Verbrauchsprognose, sollten sie sich an den Versorger oder den Netzbetreiber wenden, rät Vogler. Bei Streit sind zum Beispiel die Verbraucherzentralen oder die Schlichtungsstelle Energie für Kund:innen Anlaufpunkte. Da es sich um unbekanntes Terrain handelt, gibt es eine Reihe von Sonderfällen und Ausnahmen. „Vieles ist auch noch unklar“, sagt sie.
Als die Preisbremsen im vergangenen Jahr beschlossen wurden, lagen die Energiepreise auf Rekordhöhe. Mittlerweile sind sie aufgrund milder Temperaturen im Winter und sinkender Nachfrage wieder gesunken, was sich bislang aber kaum auf die Verbraucher:innen auswirkt. Die Krise ist keineswegs vorbei, die Preise können unter bestimmten Umständen schnell wieder explodieren. Deutschland bezieht zwar kein Gas mehr aus Russland, andere europäische Länder aber durchaus. Ein abrupter Lieferstopp könnte zu neuen Preisschocks führen. Selbst wenn das nicht passiert: Zieht die Nachfrage nach Gas in Asien und vor allem China an, könnten die Preise wieder auf Rekordhöhen steigen, warnt die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem am Dienstag veröffentlichten Gasmarktbericht. China ist der weltweit größte Gasimporteuer. Aufgrund der Coronabeschränkungen hatte die Nachfrage massiv nachgelassen. Das ändert sich jetzt.
Neue Gas- und Ölheizungen bald verboten?
Die Preisbremsen gelten bis zum Frühjahr 2024. Dieses Jahr könnte das letzte für den Einbau neuer Gasheizungen sein. Bundeswirtschaftsministerium und Bundesbauministerium erarbeiteten aktuell gemeinsam eine Novelle für das Gebäudeenergiegesetz, sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministerium. Medienberichten zufolge soll ein erster Entwurf das Verbot für einen Neueinbau von Gas- und Ölheizungen ab 2024 vorsehen. Ab 2045 soll danach die Nutzung von Gas- und Ölheizungen generell verboten werden. Das wollte die Sprecherin nicht kommentieren. „Die Entwürfe, die teilweise kursieren, sind nicht aktuell und entsprechen nicht dem aktuellen Stand“, sagte sie dazu nur.
Der Koalitionsausschuss aus SPD, Grünen und FDP hatte vor einem Jahr die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes beschlossen. Die FDP kündigte am Dienstag Widerstand gegen die bekannt gewordenen Pläne an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles