Energiekrise trifft Stadtwerke: Bitterer Crash am Biogas-Markt

Die Folgen des Ukraine-Kriegs stürzten die EnBW-Tochter BMP Greengas in die Insolvenz. Das bringt nicht nur der Konzernmutter hohe Verluste ein.

Kühe vor einer Biogasanlage.

Foto: Paul Langrock

Freiburg taz | Für viele Stadtwerke in Deutschland bedeutet die Insolvenz des Münchener Biomethan-Vermarkters BMP Greengas hohe Kosten. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) spricht von einem „möglichen Schaden“ für betroffene Stadtwerke in Höhe von „mindestens 150 Millionen Euro“.

Eigentlich ist Biomethan ein aus Umweltgründen beliebter Energieträger. Das auf Erdgasqualität aufbereitete Biogas wird aus organischen Abfällen oder nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und ist somit nahezu klimaneutral. Es wird von Kunden gerne bezogen, weil sie damit ohne technischen Umbau an ihren Anlagen Prozesse als klimafreundlich deklarieren können.

Die BMP-Insolvenz bringt den Markt jedoch in erhebliche Turbulenzen, weil das Unternehmen mit einem jährlichen Handelsvolumen von mehr als vier Milliarden Kilowattstunden laut Selbstauskunft „Europas führender Vermarkter für Biomethan“ ist. Als Tochter der Erdgas-Südwest gehört die Firma zum EnBW-Konzern. Nach eigenen Angaben geriet sie aufgrund von Marktverschiebungen im Zuge des Ukrainekriegs in Schieflage. Die „dramatisch veränderte Beschaffungssituation“, so erklärt die Firma, habe es ihr „unmöglich gemacht“, die vereinbarten Mengen Biomethan zu liefern.

An einer grundsätzlichen Verknappung von Biomethan lag es allerdings nicht: Die jährliche Erzeugung der 243 Anlagen in Deutschland lag in letzter Zeit konstant knapp über zehn Milliarden Kilowattstunden. Biomethan hat damit einen Anteil von rund einem Prozent am deutschen Gasmarkt. Weil die Preise von Biomethan aber naturgemäß stark am Erdgas hängen, stiegen sie zuletzt deutlich: Die Deutsche Energieagentur beziffert in ihrem jüngsten „Marktmonitoring Bioenergie“ den Preis für Biomethan auf bis zu 17 Cent je Kilowattstunde im Jahr 2022, nach maximal 8,65 Cent im Jahr 2021.

Riskante Strategie ist Grund für Schieflage

Nach Einschätzungen aus der Branche soll eine riskante Einkaufsstrategie die Firma in Schieflage gebracht haben. Langfristigen Lieferverträgen mit Stadtwerken sollen kurzfristigere Einkäufe bei den Erzeugern entgegengestanden haben. Das Unternehmen soll dann, als die Lage kritischer wurde, über viele Monate lang versucht haben, mit den Kunden einvernehmliche Lösungen im Sinne von Mengenreduktionen und Preiserhöhungen zu finden – offenbar mit wenig Erfolg.

Weil BMP sich schließlich nicht mehr in der Lage sah, seine Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden voll zu erfüllen, war die Insolvenz unvermeidlich. Angewandt wird nun eine besondere Verfahrensart im Insolvenzrecht, mit der ein Unternehmen dauerhaft saniert werden soll: das Schutzschirmverfahren.

Für jene Stadtwerke, die Biomethan bei BMP eingekauft haben, ist die Insolvenz bitter, denn ihnen stehen nun Neuverträge mit anderen Händlern und wahrscheinlich mit Mengenkürzungen zu oft deutlich höheren Preisen bevor. Laut einer Umfrage des VKU unter seinen Mitgliedern sollen die betroffenen Unternehmen 40 Prozent weniger als die ursprünglich vertraglich vereinbarte Liefermenge erhalten.

Zugleich sollen sie einen im Durchschnitt um 35 Prozent erhöhten Preis bezahlen. Betroffene Stadtwerke seien „sehr verärgert“, denn sie müssten „ein Desaster ausbaden, das sie nicht zu verantworten haben“ sagt VKU-Geschäftsführer Ingbert Liebing. Hinzu komme, dass die kommunalen Unternehmen ihre ursprünglichen Lieferverträge „im Vertrauen auf die Bonität der mittelbaren EnBW-Tochter“ abgeschlossen hätten.

Der Mutterkonzern EnBW berichtet indes von Wertberichtigungen auf ausstehende Forderungen der Biomethan-Firma in Höhe von rund 251 Millionen Euro. Im Zuge der Insolvenz wird die Firma BMP „entkonsolidiert“, also aus der Konzernbilanz ausgebucht.

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