Endgültiges Verbot für „Querdenken“: Sie bleiben Dresden erspart
Die Organisatoren sind vor Gericht gescheitert. Ein riesiges Polizeiaufgebot hat die wenigen Gruppen von Coronaleugnern in Dresden fest im Griff.

Um ein „Superspreader-Event“ mit schwerwiegenden Folgen für viele auch unbeteiligte Menschen zu verhindern, stelle das Versammlungsverbot die einzige Möglichkeit dar, heißt es in der Dresdner Gerichtsbegründung. Erfahrungsgemäß hielten sich die angemeldeten 4.000 Teilnehmer nicht an die Auflagen.
Unmittelbar vor dem geplanten Beginn der Hauptdemonstration um 14 Uhr wies dann auch noch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einen Eilantrag des „Querdenken 351“-Veranstalters Marcus Fuchs zurück.
Schimpfende Kleingruppen in der Innenstadt
Auch in Frankfurt/Main und Erfurt waren Demonstrationen wegen der verschärften Pandemielage verboten worden. In der Dresdner Innenstadt bildeten sich ohnehin nur schimpfende Kleingruppen, erkennbar an der fehlenden Mund-Nasen-Maske und daran, dass sie am letzten Verkaufstag vor dem sächsischen Lockdown nicht in die Warenhäuser strebten. Einige trugen auch ein Herz-Symbol. Sie wurden von rund 1.500 Polizisten aus mehreren Bundesländern kontrolliert und teilweise begleitet.
„Wir können ihre Anreise nicht verhindern, aber wir können Ansammlungen unterbinden“, erklärte Thomas Geithner, Sprecher der Polizeidirektion Dresden. Ein mit 25 Personen besetzter Reisebus wurde wieder aus der Stadt „hinausgeleitet“, weitere 26 Zugreisende zurückgeschickt. Ein Bus aus dem Thüringer Saale-Holzland-Kreis schaffte es bis an das Dynamo-Stadion in der Nähe des geplanten Kundgebungsortes. Per Zuruf wurde den Insassen anwaltliche Hilfe wegen angeblicher Freiheitsberaubung angeboten. Hooligans und rechtsradikale Gruppen, die auch für Dresden mobilisiert hatten, fielen lediglich im Stadtteil Strehlen auf. Für den Ernstfall bereitgestellte Wasserwerfer der Polizei blieben fast unsichtbar im Hintergrund.
Warnungen vor dem „Zeugs“
Am Straßburger Platz war der genehmigte Stand der im April gegründeten „Basisdemokratischen Partei“ von etwa 25 Personen umgeben. Eine Frau, die behauptet, Krankenschwester zu sein, warnte lautstark davor, „sich mit diesem Zeugs impfen zu lassen“. Genehmigt war auch eine linke Gegendemonstration mit bis zu 200 Personen, die auf der eigentlich geplanten Veranstaltungswiese stattfand.
Tags zuvor hatten Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und der Landrat des Erzgebirgskreises Frank Vogel (ebenfalls CDU) nach einem Krankenhausbesuch in Aue die Sorglosigkeit ihrer Mitbürger heftig gerügt. Obschon die zweite Corona-Welle heftiger ausfalle, gingen die Sachsen „wesentlich lockerer“ damit um als im Frühjahr. „Die Zeit der Appelle ist jetzt vorbei!“, sagte Kretschmer einigermaßen erregt. „Wir brauchen jetzt ganz klare autoritäre Maßnahmen des Staates!“
Landrat Vogel zeigte sich betroffen von der „Welle der Entrüstung“ unter seinen Erzgebirgern nach der Verschärfung der Isolationsmaßnahmen. Die Kontaktrückverfolgung betreffend unterstellte er ihnen gar, sie würden zunehmend „schwindeln“. „Wenn die Bereitschaft zur Mitwirkung fehlt, wird es äußerst schwierig in den nächstens Wochen“, mahnte Vogel. Der konservative Erzgebirgskreis verzeichnet mit Abstand die höchste Zahl an Neuinfektionen in Sachsen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden