Ende einer Ära im US-Senat: Mitch McConnell kündigt Rückzug an
Der 82-jährige Senatsführer der Republikaner hat eine frostige Beziehung zu Donald Trump. Nach den Wahlen will er seinen Posten niederlegen.
„Eines der am meisten unterschätzten Talente des Lebens ist es, zu wissen, wann es Zeit ist, mit dem nächsten Kapitel des Lebens fortzufahren“, sagte McConnell. „Deshalb stehe ich heute vor Ihnen […] um zu sagen, dass dies meine letzte Amtszeit als republikanischer Senatsvorsitzender sein wird.“
McConnell, der den Bundesstaat Kentucky im Senat vertritt, ist seit 2007 Senatsvorsitzender seiner Partei und damit der am längsten im Amt verweilende Senatsvorsitzende der Geschichte.
McConnells Rückzug ist auch ein weiteres Anzeichen für die Veränderungen innerhalb der republikanischen Partei, in der immer mehr Abgeordnete und Senatoren den von Ex-Präsident Donald Trump bekannten populistischen Politikstil verkörpern.
Joe Biden zollt McConnell Respekt
Auch wenn sich McConnell noch in diesem Jahr aus der Führungsriege im Senat verabschieden wird, so will er doch als Senator bis zum Ende seiner aktuellen Amtszeit, die bis Anfang 2027 geht, weitermachen.
US-Präsident Joe Biden erklärte, dass er McConnells Entscheidung bedauere. „Ich habe ihm vertraut und wir haben eine großartige Beziehung. Wir kämpfen wie der Teufel. Aber er hat nie, nie, nie etwas falsch dargestellt“, sagte Biden, der jahrelang mit McConnell im Senat saß.
McConnell und Biden haben an vielen wichtigen Beschlüssen zusammengearbeitet, unter anderem in Jahr 2011, als sich die beiden auf eine Fortführung von Steuerkürzungen und eine Anhebung der Schuldenobergrenze einigen konnten und damit einen drohenden Staatsbankrott abwendeten.
Und auch in dieser Woche hatte McConnell seinen Anteil daran, dass sich die Parteiführungen im Senat und im Repräsentantenhaus auf eine Kompromisslösung verständigen konnten, um einen möglichen Regierungs-Shutdown am Freitag zu verhindern. Beide Kongress-Kammern werden noch in dieser Woche einen erneuten Übergangshaushalt verabschieden, hieß es in einer Stellungnahme. Der nächste Stichtag, um einen neuen Haushaltsplan zu verabschieden, wäre somit der 22. März.
Frostiges Verhältnis zu Donald Trump
Trotzdem wurde die Kritik an McConnell in den vergangenen Jahren immer lauter, besonders aus dem rechten Lager der Partei. Dies liegt vor allem an seiner frostigen Beziehung zu Trump, der seit seinem Wahlsieg 2016 die republikanische Partei stetig immer weiter geformt hat.
Die beiden, die schon während Trumps Präsidentschaft immer wieder aneinandergeraten waren, haben sich spätestens im Dezember 2020 voneinander abgewandt. McConnell gehörte zu den Republikanern, die Trumps Lügen über eine gestohlene Wahl nicht unterstützen. Bislang hat sich McConnell geweigert, Trumps Präsidentschafts-Wahlkampf zu unterstützen.
In seiner Ansprache im Senat am Mittwoch spielte McConnell darauf an, dass sein Einfluss in einer von Maga („Make America Great Again“) dominierten Partei immer weiter abnimmt. „Glauben Sie mir, ich kenne die Politik in meiner Partei zu diesem besonderen Zeitpunkt. Ich habe viele Fehler. Missverständnisse in der Politik gehören nicht dazu“, sagte er.
Republikaner der alten Schule
McConnell nannte keinen konkreten Grund für seine Entscheidung, den Senatsvorsitz abzugeben. Er erklärte nur, dass er seit Längerem darüber nachgedacht habe. Sein Gesundheitszustand soll laut US-Medien keine Rolle gespielt haben.
Der 82-Jährige gehört zu einer immer kleiner werdenden Anzahl von republikanischen Politikern der alten Schule. Als seine Nachfolger werden Senatoren gehandelt, die durch ein deutlich konfrontiertes Auftreten auffallen und bisweilen nur wenig Kompromissbereitschaft beweisen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär