Ende des deutschen Clásico: Ohne wirklichen Gegner
„Deutscher Clásico“? Pustekuchen. Es war – wie so oft in den vergangenen Jahren – eine einseitige Partie. Der BVB kann Bayern nicht.
I m Internet stand an diesem Samstagabend zu lesen: „Jedes Mal, wenn ein deutscher Reporter vom ‚deutschen Clásico‘ spricht, stirbt irgendwo in Spanien ein Platzwart.“
Den „deutschen Clásico“ zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund kann man jedenfalls – nicht erst seit Samstag – getrost vergessen. Es wirkt eher wie ein Spiel zwischen einer Bundesligaspitzenmannschaft, also den Bayern, und einer aus dem unteren Mittelfeld, sagen wir dem VfL Wolfsburg. Und kann man so eine Partie den „Clásico“ nennen?
Und hier kommt noch eine Wahrheit: Das liegt keinesfalls daran, dass die Bayern „jedes Mal gegen uns ihre Saisonbestleistung abrufen“, wie ein mal wieder überforderter BVB-Trainer Terzic hinterher meinte. Ja, es flossen erneut Tränen in Dortmund. Vielleicht sollten aber auch mal Momente der Selbsterkenntnis fließen, die jenseits von „Haben halt mehr Geld, daher einen besseren Kader“-Gemeinplätzen stattfinden.
Die Bayern waren on fire, die Dortmunder wirkten, wie schon im April, von Anpfiff an wie von einem Nervengift lahmgelegt. Tempolos, präzisionslos, intensitätslos. Und nicht zum ersten Mal. Ich glaube, das letzte Mal, dass ich einen „deutschen Clásico“ gesehen habe, war, als das Phantom und Halbjahreswunder Paco Alcacer zwei Tore gegen die Bayern schoss. Wann war das?
Kraftlose Dortmunder
Ich möchte an dieser Stelle den überall sonst zu lesenden Narrativen einmal heftig widersprechen: Nein, es lag nicht daran, dass die Bayern ein Superspiel hingelegt haben, als Antwort auf die Blamage von Saarbrücken. Es lag am Gegner: Die Schwarzgelben spielten pomadig, uninspiriert, ohne Willen, ohne Kampfkraft. Hier und da ein wenig Hacke, Spitze, eins, zwei, drei, mal taucht irgendwo Marco Reus auf, das war’s.
Ja, man kann darüber philosophieren, ob Julian Brandt nicht maßlos überschätzt wird, warum Niclas Füllkrug nur beim DFB Leistung bringt und warum Sabitzer und Özcan im Mittelfeld auflaufen und Nmecha nur auf der Bank sitzt. Man sollte darüber reden, warum Adeyemi, Malen und Moukoko nicht viel mehr Freiräume bekommen und andere taktische Fragen mehr – auf Unheil reagieren kann die sportliche Leitung des BVB zum Beispiel auch nur selten. Tatsächlich scheint es ein Problem der Einstellung zu sein, der Psyche; nichts Neues beim BVB. Als hätten sie sich noch nicht vom Champions-League-Finale 2013 erholt.
Wie Bayern geht, hat Leipzig in letzter Zeit öfter vorgeführt. Sogar Saarbrücken kann Bayern, weil sie schlau und aufopferungsvoll spielen. Der BVB kann Bayern nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos