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Ende der Strafverfolgung AssangesMedien appellieren an US-Regierung

In einem offenen Brief fordern fünf große Medienhäuser, die Strafverfolgung von Julian Assange einzustellen. Sie warnen vor einem „gefährlichen Präzedenzfall“.

Julian Assange, hier bei einem Gerichtstermin 2022, sitzt in Großbritannien in Auslieferungshaft Foto: Dominic Lipinski/PA Wire/dpa

Frankfurt a.M. epd | Fünf renommierte internationale Medienhäuser fordern die US-Regierung dazu auf, die Strafverfolgung von Wikileaks-Gründer Julian Assange wegen der Veröffentlichung geheimer Dokumente einzustellen.

In dem am Montag veröffentlichten offenen Brief mahnen Spiegel, New York Times, Guardian, Le Monde, und El País, die Anklage gegen Assange sei „ein gefährlicher Präzedenzfall und ein Angriff auf die Pressefreiheit“.

Der in Großbritannien inhaftierte Assange hatte im vergangenen Sommer vor dem High Court in London Einspruch gegen die Anordnung zu seiner Auslieferung an die USA eingelegt. Die Entscheidung steht noch aus. Dem Journalisten drohen in den USA bis zu 175 Jahre Haft. Unter anderem werfen ihm die Vereinigten Staaten Spionage vor.

Assange hatte 2010 geheime militärische US-Dokumente auf Wikileaks veröffentlicht, die unter anderem Kriegsverbrechen der USA im Irak belegen sollten. 2012 floh er in die britische Botschaft von Ecuador in London, wo er fünf Jahre lebte.

Zusammenarbeit mit Wikileaks vor zwölf Jahren

Das mittelamerikanische Land entzog ihm 2019 das Asyl, woraufhin die britische Polizei Assange festnahm. Seither sitzt er im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Einzelhaft.

In dem offenen Brief der internationalen Medienhäuser betonen diese, es zähle zu den Kernaufgaben von Journalistinnen und Journalisten in demokratischen Staaten, Fehler von Regierungen zu kritisieren: „Sensible Informationen zu beschaffen und zu publizieren, wenn das im öffentlichen Interesse liegt, ist Teil unserer täglichen Arbeit. Wer diese Arbeit kriminalisiert, schwächt den öffentlichen Diskurs und damit die Demokratie.“

Die fünf Redaktionen hatten nach eigenen Angaben genau vor zwölf Jahren, am 28. November 2010, in Zusammenarbeit mit Wikileaks eine Serie von Enthüllungsgeschichten über die geheimen US-Dokumente veröffentlicht.

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15 Kommentare

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  • Annette Hauschild , Autor*in ,

    Ich wehre mich dagegen, vereinnahmt zu werden in den "Wertewesten" @ingoBernable. Es sind immer nur noch einzelne Bürger*innen, ehemalige Minister*innen wie Herta Däubler-Gmelin, ein paar grüne und linke Bundestagsabgeordnete, die sich intensiv für Assanges Freiheit einsetzen, auch Journalist*innen dabei wie ich. Aber wir werden von unserer Regierung,insbesondere Annalena Baerbock, die im Wahlkampf noch so viele Stimmen einheimste mit dem vollmundigen Versprecher (!) sich für Julians Freiheit einzusetzen, schmählich im Stich gelassen.



    Die Zeitungen haben über seinen Fall berichtet, das stimmt. Aber mehr nicht. und wir haben sie anbetteln müssen, dass sie endlich was tun für ihren damals als Helden gefeierten.

  • Hier stellt sich die Frage: welche deutsche Medien solidarisieren sich jetzt mit dieser Initiative?

    Bis auf den Journalisten Thilo Jung fragte kein deutscher Journalist Baerbock und Habeck hartnäckig, warum sie sich nicht wie vor der Bundestagswahl versprochen für die Freiheit für Julian Assange einsetzen.

    Eine Antwort verweigern die Politiker bis heute.



    Dabei steht die Antwort wie ein großer Elefant im Raum: weil die Freiheit und das durch Folter bedrohte Leben eines der bekanntesten Journalisten der Welt nicht so wichtig ist, wie die übergeordneten Interessen der BRD, die bei einem zu starken Engagement für die Freilassung von Assange bei den USA gefährdet sein könnten.



    Die wertegeleitete Außenpolitik von Baerbock ist, wenn es in einem weltweit beachteten Menschenrechtsfall sehr ernst wird, keinen Pfifferling wert.

    Ein eklatanter Widerspruch auch zum Fall Nawalny, bei dem es "nur" um die außenpolitischen Interessen von Deutschland gegenüber Russland geht.







    Die australische klinische Psychologin Dr. Lissa Johnson sagte bereits 2020:

    "Wie alle Formen von Folter sendet der Fall Assange allen Zuschauenden folgende Botschaft: das kann auch dir passieren!" Für Journalisten gelte: halte gefälligst deinen Mund!







    Johnson richtete sich in einer Rede und einer Veröffentlichung in der Zeitschrift lancet, die über 100 Ärzte unterstützten, direkt an die australische Außenministerin.



    Die Initiative doctors for assange unterstützen auch deutsche Ärzte.

    Während der kolumbianische Präsident gerade versucht, Staatschefs in Lateinamerika zu überzeugen, sich für die Freiheit von Assange einzusetzen, sitzt Baerbock den Fall Assange einfach aus.

    Eine Strategie die nur funktioniert, weil deutsche Medien bei der Freiheit für Assange nicht an einem Strang ziehen und freiwillig den Ast absägen, auf dem sie sitzen!

  • Es wird nicht passieren, denn die USA werden nach wie vor ein Exempel an Assange statuieren wollen.

    Er hat die USA vor der Weltöffentlichkeit demaskiert, dass sie nicht nur die Guten sind, und das können unsere werten Freunde absolut nicht leiden.

  • Ich schäme mich dafür, dass unser Land zu feige war/ist, ihm einen dauerhaften Aufenthalt zu gewähren.



    Assage hat auf Zustände hingewiesen, die keine Demokratie je dulden dürfte. Und nun schuen wir zu, wie die USA ihn haben und für immer weg sperren will? Eine Schande.

    • @Rudi Hamm:

      Es gab einen Bericht zu Snowden für unsere damalige Regierung erstellt. Sein Ergebnis: Wir können Snowden hier kein Asyl geben. Nicht dürfen. Können. Wir könnten ihn hier nicht vor dem Zugriff der USA schützen.

      • Annette Hauschild , Autor*in ,
        @Arne Babenhauserheide:

        Das ist korrekt. In Russland dürfte Snowden momentan sicherer sein.



        Gleiches gilt für julian. Der französische Präsidentschaftskandidat Melenchon hat ihn nach Frankreich eingeladen und die französische Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt.



        Nichts davon ist in Deutschland passiert, und ich glaube auch nicht, dass Julian hier wirklich sicher wäre, wenn ich mal die verschiedenen Fälle von Entführungen/Verschleppung betrachte, die die CIA - allerdings im Ausland - an europäischen Staatsbürgern verübt hat. Die CIA könnte Julian in Deutschland entführen oder gar ermorden. Die CIA, ihr ex-Chef Pompeo, der ja auch Außenminister war, sollen sogar Pläne zur Entführung von Julian Assange aus der ecuadorianischen Botschaft geschmiedet und seine Ermordung geplant haben. Diese Vorwürfe werden zur Zeit von einem spanischen Untersuchungsgericht untersucht.

    • 0G
      06455 (Profil gelöscht)
      @Rudi Hamm:

      Die Werte werden nur hervorgeholt, wenn es politisch passt.



      Nicht, dass das Wohlwollen der Freunde verloren geht und .an nach der politischen Karriere total vergessen wird.



      Wo ist die Annegret Kramp-Karrenbauer gelandet?



      Suchmaschine hilft!

  • 0G
    06455 (Profil gelöscht)

    Nach wie vielen Jahren kommt diese Unterstützung?



    Sie sollten sich alle in Grund und Boden schämen!



    Bin sehr gespannt wie es weitergeht.

  • Und wenn man schon dabei ist - was ist mit Snowden?

  • 1G
    14397 (Profil gelöscht)

    "die Verfolgung von Julian Assange wegen der Veröffentlichung geheimer Dokumente einzustellen. Denn Journalismus ist kein Verbrechen.



    Die Chefredakteure und Herausgeber von:



    »New York Times«



    »Guardian«



    »Le Monde«



    SPIEGEL



    »El País«"

    Und die taz???



    Barbara Junge, Ulrike Winkelmann, warum stehen sie da nicht???

    • @14397 (Profil gelöscht):

      Einfach mal bis zum Ende lesen, dann wirds doch klar.

    • @14397 (Profil gelöscht):

      Die TAZ steht nicht da, weil sie vor 12 Jahren nicht zu der Allianz gehörte, die die Artikel veröffentlichten.

      Falls die Frage lautet, warum die TAZ nicht dazu gehörte:



      Nun, das ist leicht. Die fünf sind renommierte Zeitschriften. Darüber hinaus haben sie das Geld für investigativen Journalismus. Das haben leider nicht mehr viele.

  • Eine kleine Anmerkung: Ecuador ist kein mittelamerikanisches, sondern ein südamerikanisches Land.

  • Dass der sogenannte "Wertewesten" zu diesem Skandal so lange geschwiegen hat ist beschämend.

    • @AndreasHofer:

      Hat er das denn? Soweit ich mich erinnere war dieser Skandal doch eigentlich als solcher in der Presse ziemlich präsent. Es gab Berichterstattung genauso wie Demonstrationen und Initiativen zur Unterstütztung. Aber all das kann man halt auch locker beiseite schieben wenn es nur darum geht das eigene Weltbild zu bestätigen.