Ende der Bank Credit Suisse: Verkommener Bankensektor
Eine neue Finanzkrise droht wohl nicht. Dennoch zeigt der Fall der Credit Suisse ein Grundsatzproblem: die grenzenlose Gier der Bankmanager.
W ar das jetzt die vorerst letzte Pleite einer Großbank? Oder folgen bald weitere Crashs? Diese bange Frage ist virulent, seitdem die Credit Suisse in nur wenigen Tagen konkursreif war und am Sonntagabend von ihrer Konkurrentin UBS übernommen wurde.
Es ist nicht einfach abzuschätzen, wie stabil das globale Finanzsystem tatsächlich ist. Aber wahrscheinlich ist es nicht, dass sich das Jahr 2008 wiederholt und weltweit fast alle Großbanken zusammenbrechen. Denn soweit man weiß, kursieren derzeit kaum toxische Kreditpapiere, die sich mit den Schrotthypotheken vergleichen ließen, die kurz nach der Jahrtausendwende ausgegeben wurden. Man erinnert sich: Damals war es in den USA üblich, dass Kredite auch an Hauskäufer gingen, die gar kein ausreichendes Einkommen vorweisen konnten.
Selbst die Credit Suisse war nicht „echt“ pleite. Sie war zwar schlecht geführt, hatte auch kein richtiges Geschäftsmodell und machte 2022 einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken. Aber sie hätte wohl noch länger weiter wurschteln können – wenn die Anleger nicht das Vertrauen verloren und massenhaft ihr Vermögen abgezogen hätten. Gegen einen solchen Herdentrieb ist jede Bank machtlos. Ohne Geld ist ein Geldinstitut am Ende. Selbst gesunde Banken kollabieren dann.
Die Schweiz kann also hoffen, dass sie mit dem berühmten blauen Auge davonkommt, indem die UBS jetzt die Credit Suisse abwickelt und die profitablen Geschäftsbereiche übernimmt. Diese Operation dürfte zwar viele Arbeitsplätze und den Schweizer Staat einige Milliarden Franken kosten – aber die ganz große Katastrophe ist es nicht.
Trotzdem wäre es fahrlässig, den Fall der Credit Suisse einfach abzuhaken. Denn diese Pleite offenbart die strukturelle Schwäche der Finanzmärkte: Die Banken besitzen viel zu wenig Eigenkapital, sodass sie bei Verlusten keine Reserven haben – was auch daran liegt, dass die Manager ihre Institute gnadenlos plündern.
Die Credit Suisse war ein typischer Fall. Wie die Schweizer Zeitung Tages-Anzeiger errechnet hat, haben die Manager in den vergangenen zehn Jahren 32 Milliarden Franken an Boni kassiert – während die Bank im gleichen Zeitraum insgesamt einen saldierten Verlust von 3,2 Milliarden Franken einfuhr.
Diese Selbstbedienung wäre nicht mehr möglich, wenn die Banken ein höheres Eigenkapital aufweisen müssten. Dann müssten die Erträge in die Rückstellungen fließen, statt die Manager zu beglücken. Genau deswegen wehren sich die Banken auch mit aller Lobbymacht dagegen, dass mehr Eigenkapital vorgeschrieben wird. Die Credit Suisse zeigt, wie verkommen der Bankensektor ist: Gewinne fließen an die Manager – und die Verluste darf die Gesellschaft tragen. Das muss sich ändern. Sofort.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Scholz zu Besuch bei Ford
Gas geben für den Wahlkampf