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Ende der Bank Credit SuisseVerkommener Bankensektor

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Eine neue Finanzkrise droht wohl nicht. Dennoch zeigt der Fall der Credit Suisse ein Grundsatzproblem: die grenzenlose Gier der Bankmanager.

Die Credit Suisse hat zu wenig Eigenkapital, weil sich die Manager großzügig belohnt haben Foto: Jakub Porzycki/imago

W ar das jetzt die vorerst letzte Pleite einer Großbank? Oder folgen bald weitere Crashs? Diese bange Frage ist virulent, seitdem die Credit Suisse in nur wenigen Tagen konkursreif war und am Sonntagabend von ihrer Konkurrentin UBS übernommen wurde.

Es ist nicht einfach abzuschätzen, wie stabil das globale Finanzsystem tatsächlich ist. Aber wahrscheinlich ist es nicht, dass sich das Jahr 2008 wiederholt und weltweit fast alle Großbanken zusammenbrechen. Denn soweit man weiß, kursieren derzeit kaum toxische Kreditpapiere, die sich mit den Schrotthypotheken vergleichen ließen, die kurz nach der Jahrtausendwende ausgegeben wurden. Man erinnert sich: Damals war es in den USA üblich, dass Kredite auch an Hauskäufer gingen, die gar kein ausreichendes Einkommen vorweisen konnten.

Selbst die Credit Suisse war nicht „echt“ pleite. Sie war zwar schlecht geführt, hatte auch kein richtiges Geschäftsmodell und machte 2022 einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken. Aber sie hätte wohl noch länger weiter wurschteln können – wenn die Anleger nicht das Vertrauen verloren und massenhaft ihr Vermögen abgezogen hätten. Gegen einen solchen Herdentrieb ist jede Bank machtlos. Ohne Geld ist ein Geldinstitut am Ende. Selbst gesunde Banken kollabieren dann.

Die Schweiz kann also hoffen, dass sie mit dem berühmten blauen Auge davonkommt, indem die UBS jetzt die Credit Suisse abwickelt und die profitablen Geschäftsbereiche übernimmt. Diese Operation dürfte zwar viele Arbeitsplätze und den Schweizer Staat einige Milliarden Franken kosten – aber die ganz große Katastrophe ist es nicht.

Trotzdem wäre es fahrlässig, den Fall der Credit Suisse einfach abzuhaken. Denn diese Pleite offenbart die strukturelle Schwäche der Finanzmärkte: Die Banken besitzen viel zu wenig Eigenkapital, sodass sie bei Verlusten keine Reserven haben – was auch daran liegt, dass die Manager ihre Institute gnadenlos plündern.

Die Credit Suisse war ein typischer Fall. Wie die Schweizer Zeitung Tages-Anzeiger errechnet hat, haben die Manager in den vergangenen zehn Jahren 32 Milliarden Franken an Boni kassiert – während die Bank im gleichen Zeitraum insgesamt einen saldierten Verlust von 3,2 Milliarden Franken einfuhr.

Diese Selbstbedienung wäre nicht mehr möglich, wenn die Banken ein höheres Eigenkapital aufweisen müssten. Dann müssten die Erträge in die Rückstellungen fließen, statt die Manager zu beglücken. Genau deswegen wehren sich die Banken auch mit aller Lobbymacht dagegen, dass mehr Eigenkapital vorgeschrieben wird. Die Credit Suisse zeigt, wie verkommen der Bankensektor ist: Gewinne fließen an die Manager – und die Verluste darf die Gesellschaft tragen. Das muss sich ändern. Sofort.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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12 Kommentare

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  • Die Frage ist doch: Wäre die CS wie jedes andere Unternehmen nach den bestehenden Regelungen abwickelbar gewesen oder nicht? Das ist ja hier keine MBS-Geschichte wie 2007/8, sondern "einfach nur" wiederholte unternehmerische Fehlentscheidungen, welche die Bank im durch die Zinsanstiege schwieriger werdenden Marktumfeld ohne Fähigkeiten beließ die Kunden zu überzeugen ihr die Stange zu halten.



    Man muss die irgendwann passierende Veröffentlichung von Aktenlage und Korrespondenz des Bundesrates abwarten um die jetzt getroffene Entscheidung schlussendlich nachzuvollziehen.

    • @FancyBeard:

      Voila: "Als Schlüsselfigur wird im Artikel die Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter genannt. Sie sei unter extremem Druck der globalen Aufsichtsbehörden gestanden, die entschiedene Massnahmen forderten, um die Panik an den Märkten einzudämmen. Vor allem die Amerikaner und die Franzosen hätten laut einem UBS-Berater «die Scheisse aus den Schweizern getreten». Wie Keller-Sutter selbst sagte, hatte sie sich während des Wochenendes mehrmals mit US-Finanzministerin Janet Yellen ausgetauscht." www.tagesanzeiger....-cs-3-179152145510

  • Colm Kelleher, "Chef" der UBS hat gestern abend in der Pressekonferenz klar gesagt, dass das Geschäftsmodell der CS falsch/zu riskant war und dies nach der Übernahme nicht so weitergehen wird. Auf Fragen zum Stellenabbau usw. ist er auch nicht ausgewichen, sondern sagte, das kann er noch nicht beurteilen.



    Ich empfand die PK als sehr wohltuend ruhig und sachlich, auch die Fragen der Journalisten waren sachlich und fundiert - sehr viel anders als ich das von ähnlichen Veranstaltungen in D gewohnt bin.



    Und in irgendeinem Kommentar las ich, dass es "seltsam"/"beschämend" gewesen sei, dass Berset (der derzeitige schweizer Bundespräsident) oft englisch gesprochen habe, obwohl dies keine der vier schweizer Amtssprachen sei - (perfektes) Englisch ist in CH eigentlich schon die fünfte Sprache (und praktische Voraussetzung selbst für "niedrige" Jobs)

  • 32 Milliarden in 10 Jahren. Da hätte man besser Twitter gekauft. Gehen wir mal von 1000 (?) Top-Managern und (ganz naiv) von gleicher Verteilung der Boni aus, macht das 3,2 Millionen pro Jahr und Kopf. Das ist ja eigentlich nicht so viel, wenn man bedenkt, dass die Nachteile, die durch solche Almosen erwachsen, existenzbedrohend sein können: www.efinancialcare...gung-nicht-leisten

  • Ich kann die Situation der CS nicht beurteilen, aber dass Banken bei der Zinsentwicklung bilanzielle Probleme haben ist nach meiner Kenntnis klar:



    Wenn sie langlaufend Anleihen auf der



    Aktivseite haben mit niedrigen Zins müssen sie diese jetzt hoch abschreiben und diese Buchverluste laufen voll gegen das Eigenkapital. Da brauch die Bank gar nicht gezockt haben, jeder der



    Ein Depot hat mit zB Bundesanleihen



    Hat die vielleicht zu 100 gekauft, jetzt werden sie zu ca. 80 auf Grund der



    gestiegenen Zinsen bewertet. Der Privatkunde kann das aussitzen, die Bank muß den Verlust bilanzieren und dann ziehen die Kunden Geld ab und der Teufelskreis beginnt.

  • Nur noch eine kleine Ergänzung zu wolkensprung: die Banken wehren sich gegen höhere Kapitalquoten, das ist schon korrekt.



    Vor allem wehren sich europäische Banken dagegen, dass sie höhere kapitalquoten bereitstellen müssen, während die US-Banken mehr oder weniger unreguliert bleiben.



    Der Fall Silicon Valley Bank zeigt das ganz deutlich.



    Man man darf aber auch nicht vergessen, das ganz viele regional und Genossenschaftsbanken eine bodenständige Geschäftspolitik betreiben und sich ihrer Verantwortung bewusst sind.

  • Zitat: "Diese Selbstbedienung wäre nicht mehr möglich, wenn die Banken ein höheres Eigenkapital aufweisen müssten."



    Falsch, ausser wenn eine Bank voll kapitalisiert ist. Das ist aber eine Illusion.



    Die CS hatte mehr als 14% Eigenkapital, das ist international verglichen nicht schlecht. Was gefehlt hat, ist das Vertrauen in das Management der Bank und das mit Recht. Die CS hat in den letzten Jahren kein einziges Fettnäpfchen ausgelassen, sondern ist mit Wonne reingetreten und hat Risiken übernommen, welche keinesfalls gerechtfertigt waren. Das Problem dabei: Durch die Definition "too big to fail" hatte das Management sozusagen eine Staatsgarantie, und konnte in die eigene Tasche wurschteln, ohne dass ihre exorbitanten Boni auch nur zur Diskussion standen.



    Und DA liegt der Hase im Apfel: Die Risikoentscheider müssen die Auswirkungen ihrer Entscheide zu spüren bekommen. Dann gehen sie auch weniger Risiken ein.

    • @Wolkensprung:

      d'accord - nur gibt's da nichts wirklich wirkungsvolles, wie man an den "persönlich haftenden Gesellschaftern" nach Krockow-Art (Bewährungsstrafe...) sehen kann. Zieht man an der persönlichen Haftung die Schraube an, genehmigen sich die Herren (und ein paar Damen) am nächsten Tag einfach noch bessere D&O- / Organhaftungsversicherungen...

  • Es sind ja nicht nur die "Manager", d.h. Zentral- und Bereichsvorstände, denen die Taschen voll gestopft werden, sondern (gerade bei mittelmäßigen Instituten wie CS oder Deutsche Bank) die vermeintlichen "rainmaker" im Investmentbanking... die werden munter an- und abgeworben und haben teilweise Einkommen, die jene ihrer Vorgesetzten massiv übersteigen. Das könnte sich auch ändern, wenn man es wirklich schaffen sollte, beim "fractional reserve banking" den Nenner zu schleifen... aber da mach ma uns keine übermäßigen Hoffnungen, Basel eins bis wie viele haben's bisher ja auch nicht gebracht.

  • Ruchloses Geschäftsmodelle des Risiko-Sozialismus‘

    Dem Tagesspiegel zufolge unterstützt die Schweizerische Nationalbank die Transaktion mit einer Liquiditätshilfe von 100 Mrd Fr., der FAZ zufolge sind es gar 209 Mrd. Aber auf 100 Mrd mehr oder weniger kommt es nun auch nicht mehr an. Man sollte da nicht so kleinlich sein. Die Hauptsache ist doch, die (Miß)Manager nehmen keinen Schaden ("Fragen nach Boni fürs Management wurde an der Medienkonferenz ausgewichen", so der Zürcher „Tagesanzeiger“ von heute). Die Fat Cats kommen also wieder mal ungeschoren davon: Verluste werden sozialisiert, die Profite auf privaten Konten aufgetürmt: Freie Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert...

    Die «Süddeutsche Zeitung» nennt das alles zu recht „Größenwahn“: „Zum Verhängnis wurden der Bank ihre raffgierigen Manager.“ Die Affäre stehe damit für „ein ruchloses Geschäftsmodell, das den eigenen Profit stets über die moralische Glaubwürdigkeit stellte und dabei nicht selten das ganze Land in Geiselhaft nahm“.

    Für die niederländische Zeitung «de Volkskrant» scheint „klar zu sein, daß Banker und Anleger, die unverantwortliche Risiken eingegangen sind – und dafür in guten Jahren reichlich belohnt wurden –, wie 2008 mit einem blauen Auge davonkommen werden. Andere Banken werden für die Ersparnisse bürgen, und die Zentralbanken werden wieder einmal mit Milliarden an Rettungsgeldern bereitstehen. Ungezügelte Gier ist immer noch nicht strafbar.»

    „France Info“ erinnert heute an die Endlosschleife von Aufsehen erregenden Skandalen der letzten beiden Jahre um die Bankikone Credit Suisse, die nunmehr mit der Übernahme durch die USB ein „erniedrigende Ende“ gefunden habe. (NYT)

    Übrigens sollen einem Ondit zufolge die beiden Hauptaktionäre der CS, die saudiarabische Nationalbank und der Staatsfonds von Katar, vor den unvermeidlichen Wertverlusten ihrer Anlagen weitgehend geschützt bleiben. («Corriere della Sera»)

    Das erinnert Brecht: „Was der Eibruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank!“

    • @Reinhardt Gutsche:

      Die Liquiditätshilfe ist kein Geschenk, sondern ein zurückzahlbares und erst noch besichertes Darlehen



      Ansonsten aber alles korrekt..

    • @Reinhardt Gutsche:

      Korr.:



      Statt „Was der Eibruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank!“

      lies:



      „Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank!“

      Sorry