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Illustration: Jörg Dommel

Elektronische Patientenakte kommt 2025Digital verarztet

Gesetzlich Versicherte müssen entscheiden: Elektronische Patientenakte anlegen lassen oder widersprechen? Ein Pro und Contra für jede Lebenslage.

E in paar Mal werden wir noch wach – und dann haben die Krankenkassen auch schon die elek­tro­ni­schen Patientenakten (ePa) für ihre Versicherten eingerichtet. Am 15. Januar startet die Einführung mit drei Modellregionen in Hamburg, Nordrhein-Westfalen und im bayerischen Franken. Ab dem 15. Februar soll die elektronische Patientenakte dann für alle gesetzlich Versicherten nutzbar sein, die nicht zuvor von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht haben.

Um auf dieses Widerspruchsrecht hinzuweisen und für die Vorteile der ePa zu werben, verschicken die gesetzlichen Kassen schon seit einigen Wochen Briefe an ihre Versicherten. Denen dürfte die Entscheidung nicht immer leichtfallen: Denn neben den offensichtlichen Vorteilen wie einem besseren Überblick über ärztliche Daten und einem schnelleren Austausch von Dokumenten zwischen den Praxen, gibt es auch Nachteile und Risiken.

Doch die persönliche Kosten-Nutzen-Rechnung kann sich je nach Lebenslage ändern, und auch die Be­handelnden selbst haben mitunter unterschiedliche Perspektiven auf die digitale Akte. Die folgenden elf Fallbeispiele sollen eine Entscheidungshilfe bieten. Denn egal ob man jetzt als Ver­si­cher­te:r schweigt und damit zustimmt oder der ePa widerspricht: Man kann sich zu jedem Zeitpunkt umentscheiden. Die Krankenkasse muss die Akte dann entsprechend neu einrichten – oder eine bereits angelegte ePa löschen.

Jung, gesund und viel unterwegs

Ein gesunde 25-Jährige, vor einigen Jahren ist sie aus ihrer Heimatstadt in die Großstadt gezogen, nach dem Studium will sie ins Ausland. Sie geht regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen, alles ist unauffällig, und auch die zwei bis vier Erkältungen im Jahr deuten nicht auf ein tieferliegendes Problem hin. Ab und an spendet sie Blut.

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Vorteile: Bei ihrem mobilen Lebensstil kann es praktisch sein, alle wichtigen Daten in der ePa gespeichert zu haben. In Zukunft könnten die Ärz­t:in­nen am neuen Wohnort unkompliziert auf ihre Gesundheitshistorie zurückgreifen. Sobald der europäische Gesundheitsdatenraum an den Start geht, gilt das auch fürs EU-Ausland. Da sie Blut spendet, steht auch die Blutgruppe unserer 25-Jährigen in der ePa, was im Notfall helfen könnte. Erkrankt sie irgendwann doch einmal schwerer, kann es für die Wissenschaft von Interesse sein, die aktuellen mit den Daten aus der Vergangenheit zusammenzubringen, um auf Korrelationen zu schließen.

Risiken: Die sind überschaubar. Generell besteht das Risiko, dass Unbefugte sich Zugang zu den Daten verschaffen könnten. Kümmert sich unsere junge Pa­ti­en­t:in nicht um die Verwaltung ihrer ePa, sondern lässt alle Dokumente einstellen, verbleiben diese darin. Löschfristen gibt es, anders als für die in den Arztpraxen gespeicherten Dokumente, nicht.

Hochaltrig mit einigen Krankheiten

Eine alleinstehende Frau, im kommenden Jahr wird sie 80. Sie ist weitgehend selbstständig und geistig fit, allerdings plagen sie klassische Alterskrankheiten wie Arthrose und Bluthochdruck. Regelmäßige Arzt- und Apothekenbesuche, die zahlreichen einzunehmenden Tabletten und wechselnde Medikationspläne können ganz schön verwirrend sein.

Vorteile: Die ePa versammelt alle relevanten Gesundheitsdaten und ist auch mit dem E-Rezept verknüpft. Für die 79-Jährige bedeutet das, dass auch im Alter der Überblick über ihre Gesundheit nicht verloren geht. Insbesondere der Medikationsplan erleichtert es für sie und ihre Hel­fe­r:innen, stets über einzunehmende Medikamente informiert zu sein. Das beugt Wechselwirkungen vor. Mit fortschreitendem Alter oder Verschlechterung des Gesundheitszustands kann die ePa dann auch vom weiter entfernt wohnenden Sohn eingesehen werden.

Risiken: Um alle ePa-Funktionen nutzen zu können, benötigt unsere 79-Jährige eine App. Insbesondere für technisch weniger Versierte kann das zum Problem werden. Zwar können sie auch über ihre Krankenkasse oder eine Vertrauensperson Zugang zur ePa erlangen, informationell selbstbestimmt sind sie dadurch aber nicht. Insbesondere kleinteilige Entscheidungen zu treffen – wer genau welche Daten einsehen darf – kann undurchsichtig und kompliziert sein.

Fremdbetreut mit großem Hilfebedarf

Unser 50-jähriger Patient ist seit einem Unfall in der Kindheit eingeschränkt und benötigt umfassende gesundheitliche Maßnahmen von Physiotherapie bis zu Hilfsmitteln wie Fußorthesen. Weil er seine rechtlichen Angelegenheiten aufgrund kognitiver Einschränkungen nicht selbst überblicken kann, bestellt ein Gericht seit seinem 18. Geburtstag eine gesetzliche Betreuerin, die sich auch um seine Gesundheitsfürsorge kümmert.

Vorteile: Die gesetzliche Betreuerin kann auch für die Patien­ten­ak­te als Vertreterin eingesetzt werden. Wichtige Unterlagen wie Arztberichte, Befunde oder Medikationspläne ihrer Kli­en­t:in­nen lassen sich dann einfach und gebündelt einsehen. Das vermeidet Unterlagenverluste und erleichtert Besuche bei verschiedenen Fach­ärz­t:in­nen oder einen Be­treue­r:innen­wechsel. Bis zu fünf Ver­tre­te­r:in­nen lassen sich festlegen.

Risiken: Die Nutzung erfordert ein gutes Verständnis von Technik und Datenschutz. Be­treue­r:in­nen und Betreute müssen dafür umfassend informiert werden. Be­rufs­be­treue­r:in­nen können sich darin schulen lassen. Doch Menschen, die privat Angehörige betreuen, müssen sich selbst schlau machen. Fehlt es den Be­treue­r:in­nen an diesem Verständnis, kann die ePa Einfallstor für die Weitergabe sensibler Daten sein. Darüber hinaus muss die betreuende Person bei der ePa registriert sein, auch wenn sie keine eigene ePa hat.

Sensible Diagnose, oft stigmatisiert

Sei 15 Jahren lebt unser Patient mit einer HIV-Diagnose. Seine Therapie mit antiretroviralen Medikamenten verläuft gut, eine Viruslast ist im Blut nicht nachweisbar.

Vorteile: Mit der ePa kann der Patient Befunde und Behandlungshistorie selbst nachvollziehen und auch eigenmächtig ältere Dokumente hochladen, die von Bedeutung sein könnten. Im Idealfall können die Me­di­zi­ne­r:in­nen den Betroffenen so zielgerichteter behandeln. Der Pa­tient hat zudem mehr Kontrolle über das, was die Ärz­t:in­nen über seine Gesundheit dokumentieren. So können auch Behandlungsfehler schneller auffallen.

Risiken: Die Deutsche Aidshilfe weist darauf hin, dass Menschen mit HIV „in besonderem Maße“ Benachteiligung im Gesundheitswesen erfahren – zum Beispiel durch unangenehme Fragen, Schuldzuweisungen oder die Ablehnung einer Behandlung. Auch Menschen in einer Substitutionsbehandlung und queere Pa­tien­t:in­nen seien betroffen. Schon im Medikationsplan verzeichnete Medikamente, etwa zur HIV-Prophylaxe oder Antidepressiva, können Rückschlüsse zulassen. Der Medikationsplan lässt sich nicht teilweise verbergen. Ähnlich ist die Situation für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Bei ihnen werden körperliche Beschwerden immer wieder auf die Psyche geschoben, was zu Fehlbehandlungen führen kann. Ein weiteres Risiko kann die Datenweitergabe für die Forschung sein. Denn dafür werden die ePa-Daten nicht anonymisiert, sondern nur pseudonymisiert. Rückschlüsse darauf, zu wem die Daten gehören, sind dadurch möglich – insbesondere wenn es um Patienten mit seltener auftretenden Krankheiten oder Krankheitskombinationen geht.

Minderjährig, aber selbstständig

Eine Teenagerin, gerade 14 geworden. Das ist das Alter, ab dem Pa­tien­t:in­nen in der Regel als ausreichend mündig angesehen werden, in medizinischen Fragen selbstständig zu handeln. Die Eltern müssen dann nur noch bei Behandlungen von größerer Tragweite, etwa Operationen, zustimmen.

Vorteile: Waren das mit 11 Röteln oder Ringelröteln? Und wurden je Windpocken diagnostiziert? In die eigenen Krankenakten der Vergangenheit hineinschauen zu können, kann manchmal Vorteile haben. Auch für die Eltern, die die ePa für ihre Kinder verwalten und so den Überblick bewahren. Arztpraxen haben Aufbewahrungsfristen, die meisten enden 10 Jahre nach der letzten dort erfolgten Behandlung. In der ePa bleiben die Dokumente so lange, bis die Patientin sie löscht.

Risiken: Erst ab 15 Jahren dürfen Jugendliche selbst über die ePa entscheiden. Vorher sind es die Eltern – inklusive entsprechender Zugriffsrechte. Möchte unsere Patientin etwa ohne das Wissen der Eltern ein Gespräch über sexuell übertragbare Krankheiten und Schwangerschaften mit ihrer Gynäkologin führen, wird das ein Problem. Das Dilemma: Die Praxen sind gesetzlich verpflichtet, die ePa zu befüllen, wenn es eine gibt. Gleichzeitig gilt aber die Schweigepflicht. Der Widerspruch ist bislang nicht gelöst.

Chronisch krank und gut informiert

Ein mittelalter Mann mit Rückenleiden, das ihn regelmäßig zu verschiedenen Ärz­t:in­nen führt. Er hat sich selbst belesen und kennt sich gut aus. Sonst hat er keine auffälligen medizinischen Befunde.

Vorteile: Unser Patient könnte dank ePa nicht nur mehr auf Augenhöhe mit den behandelnden Personen kommunizieren, weil er alle Befunde einsehen kann. Er profitiert auch von einem Vorteil, den das Bundesgesundheitsministerium stets betont: Eine mögliche Vermeidung von Doppeluntersuchungen und eine bessere Zusammenarbeit der unterschiedlichen behandelnden Praxen. Perspektivisch sollen auch Physio- und Er­go­ther­apeu­t:in­nen auf die ePa zugreifen können. Seine Gesundheitsdaten könnten zudem zu einer besseren Erforschung seiner Erkrankung beitragen.

Risiken: Der Patient kann sich nicht darauf verlassen, dass die behandelnden Ärz­t:in­nen die Daten aus der ePa zur Kenntnis nehmen. Eine Pflicht dazu gibt es nicht. Hält der Patient einen Inhalt für relevant, sollte er in der Praxis daher darauf hinweisen.

Forscherin im Pharmaunternehmen

Sie hat länger in der klinischen Forschung an einem Universitätskrankenhaus gearbeitet und ist jetzt bei einem der forschenden Pharmaunternehmen angestellt. In der Vergangenheit blickte sie neidisch auf ihre Kol­le­g:in­nen im Ausland, die über umfangreiche nationale Gesundheitsdatensätze verfügen konnten.

Vorteile: Wenn sie künftig im Sinne des Gemeinwohls forscht – etwa zu seltenen Erkrankungen – kann sie einen Antrag beim staatlichen Forschungsdatenzentrum Gesundheit stellen und würde bei Bewilligung Daten aus den elektronischen Patientenakten pseudonymisiert zur Verfügung gestellt bekommen. Diese Daten sind für die For­sche­r:in­nen ein Schatz. Zusammen mit dem Medizinforschungsgesetz sollen durch das zugrundeliegende Gesundheitsdatennutzungsgesetz Forschungsvorhaben schneller und effizienter umgesetzt werden können. Auch Felder, die sich bisher nicht lohnen, etwa Forschung zu sehr seltenen oder komplexen chronischen Erkrankungen, könnten dadurch einen Schub erhalten.

Risiken: Mögliche Datensicherheitsrisiken bereiten unserer Forscherin keine großen Kopfschmerzen. Ihr und vielen Kol­le­g:in­nen erscheint Deutschland im inter­na­tio­na­len Vergleich da ohnehin zu pingelig. Sie hofft, dass nicht gerade die Personen, die für die Forschung interessant sind, aus Angst vor missbräuchlicher Verwendung der ePa oder der Datenweitergabe widersprechen oder die Akte nicht ausreichend befüllen (lassen). Schließlich könnten die Daten dadurch verzerrt werden.

Hausärztin mit 50 Pa­ti­en­t:in­nen am Tag

Führt ihre Praxis als eine der 34.500 Haus­ärz­t:in­nen bundesweit, bis zu 50 Pa­ti­en­t:in­nen sieht sie täglich, weit über 1.000 im Quartal. Sie arbeitet mit einem der 130 Praxisverwaltungssysteme und ist damit aufgrund häufiger Störungen nur mäßig zufrieden. Mehr als 2.000 Pa­ti­en­t:in­nen überweist sie pro Jahr an Fach­ärz­t:in­nen oder Kliniken.

Vorteile: Weniger Bürokratie und schnellerer Zugriff auf einmal abgelegte Informationen – bei optimaler Umsetzung ist die elektronische Patientenakte für unsere Hausärztin ein Traum. Die Ergebnisse von Facharztuntersuchungen müsste sie nicht mehr per Hand eingeben, Arztbriefe nicht länger einscannen, Befunden nicht hinterhertelefonieren. Für sie ist es ein großer Schritt auf dem Weg zur digitalen Praxis, in der Pa­ti­en­t:in­nen auch digital einchecken können, das elektronische Rezept nicht mehr ausgedruckt und unterschrieben werden muss und folglich sowohl ihr als auch ihren Angestellten mehr Zeit für die Pa­tien­t:in­nen bleibt.

Risiken: Es gibt einen großen Haken: Die Praxisverwaltungssysteme. Weil nicht alle Pa­ti­en­t:in­nen die ePa nutzen werden und auch nicht alle eventuell relevanten Daten immer darin abgelegt sind, bleibt die bisherige Ablage in den Praxen erhalten und die ohnehin schon störanfälligen bestehenden Systeme müssen optimal verknüpft werden. Wie gut und schnell das klappt, hängt von der Entwicklungsarbeit der teils sehr kleinen Softwareanbieter ab. Die bisherigen Erfahrungen mit der freiwilligen ePa und die Startschwierigkeiten beim E-Rezept machen die Ärztin skeptisch.

Fachärztin im Versorgungs­zentrum

In einem medizinischen Versorgungszentrum behandelt sie wiederkehrende Pa­ti­en­t:in­nen mit schweren chronischen Erkrankungen und solche, die nur zur einmaligen Konsultation von ihren Haus­ärz­t:in­nen weiterverwiesen wurden. Oft läuft sie Befunden hinterher oder muss eine Untersuchung nochmals durchführen.

Vorteile: Die Fachärztin erhält schnell einen Überblick, selbst bei Pa­tien­t:in­nen, mit deren Krankengeschichte sie nicht vertraut ist. Weil alle Fotos und Scans standardmäßig in der ePa gesammelt werden, werden Doppeluntersuchungen, zum Beispiel teure MRTs, vermieden. Auch müssen Dokumente nicht extra von anderen Stellen angefragt werden.

Risiken: Auch für die Fachärztin ist unklar, wie schnell und wie gut sich die ePa in ihre bestehende Software integrieren lässt. Außerdem fragt sie sich, wie sehr sie sich tatsächlich darauf verlassen kann, dass die ePa alle relevanten Daten enthält – weil Pa­ti­en­t:in­nen bestimmte Dokumente nicht ablegen lassen oder sich die Befüllung insgesamt erst einspielen muss. Ob sie dann nicht doch wieder zur erneuten Untersuchung neigt – auch um Haftungsfragen zu vermeiden? Ein bisschen sorgt sie sich auch, dass ihre Pa­ti­en­t:in­nen mehr über Befunde diskutieren wollen, wenn sie besser informiert sind – diesen Mehraufwand bezahlt ihr ja keiner.

Beamter und Privatpatient

Wie 93 Prozent der Be­am­t:in­nen ist er privatversichert. Ob seine Krankenversicherung eine ePa anbietet, muss er erst einmal erfragen – gesetzlich dazu verpflichtet sind die privaten Kassen nicht.

Vorteile: Bietet die Kasse eine ePa an, kann sie wie bei gesetzlich Versicherten auch befüllt werden. Auch ein Umzug der ePa beim Wechsel von der gesetzlichen zur privaten Kasse oder zurück ist möglich – sofern die private eine anbietet. Ist das nicht der Fall, bleibt dem Patienten nur, die Daten aus der vorhandenen ePa selbst zu exportieren. Bietet die neue Kasse später eine ePa an, können die Daten dort hineingeladen werden.

Risiken: Wer ohne Smartphone unterwegs ist, hat ein Problem. Die entsprechende App der Krankenkasse ist nötig, um den Zugriff von Praxen auf die ePa freizugeben, denn eine Chipkarte geben die privaten Versicherungen in der Regel nicht aus. Da private Kassen nicht verpflichtet sind, eine ePa anzubieten, kann es außerdem dazu kommen, dass die ePa bei einem Wechsel der Krankenkasse nicht mitgenommen werden kann. Ansonsten gelten auch bei Privatversicherten die gleichen Risiken, was Datensicherheit, Re-Identifizierung von Forschungsdaten und Auswirkungen auf die Schweigepflicht angeht.

Apotheker, der viel beraten muss

Führt seine Apotheke seit vielen Jahren in einem Wohngebiet mit vielen älteren und chronisch erkrankten Menschen.

Vorteile: Im ersten Schritt der ePa soll eine Medikationsliste automatisch aus den Daten der inzwischen weitgehend etablierten E-Rezepte erstellt werden. Damit der Apotheker auf die ePa zugreifen kann, müssen seine Kun­d:in­nen ihre Gesundheitskarte im Kartenlesegerät einlesen. Er sieht dann nicht nur, welche Medikamente verschrieben, sondern auch, welche tatsächlich abgegeben wurden. Das Beratungsgespräch mit seinen Kun­d:in­nen lässt sich dann auf dieser solideren Informationsbasis führen. Wechselwirkungen lassen sich leichter erkennen und vermeiden.

Risiken: Für die Apotheken ist es ein hoher technischer Aufwand und ein Verantwortungszuwachs in der Gesundheitsversorgung. Dabei wird es wichtig sein, dem berechtigten Misstrauen der Pa­ti­en­t:in­nen entgegenzuwirken. Denn Apotheken könnten, wenn nicht anders von den In­ha­be­r:in­nen der ePa eingestellt, viele persönliche Gesundheitsdaten einsehen. Standardmäßig sind diese Daten für die Beschäftigten in der Apotheke nach dem Einlesen der Versicherungskarte für drei Tage abrufbar. Wer wann auf die ePa zugegriffen hat, wird protokolliert und ist in der App einsehbar. Pa­ti­en­t:in­nen können den Zugriff außerdem in der ePa-App oder über die Krankenkasse entziehen.

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12 Kommentare

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  • Ich sehe auch noch ein Problem, wenn man "gebeten" wird, seine Gesundheitsdaten offen zu legen. Seien es Behörden oder auch Versicherungen.



    Eine Freundin hatte als Jugendliche eine Zeit lang Probleme mit dem Knie und hat dann mit 28 nur gegen Ausschlüsse und Zuzahlungen als Lehrerin eine Krankenversicherung gefunden.



    Dann habe ich immer noch die "Mitwirkungspflicht" beim Sozialamt im Hinterkopf. Was auch immer denen wichtig erscheint, habe ich zu liefern.



    In solchen Fällen möchte ich gern selber entscheiden, welchen Arzt ich benenne, und welchen nicht - s.a. Psychologen.

  • Das Hauptproblem ist doch bei allen "Vorteilen" die Datensicherheit.



    Da kann man sich die ganzen Pro/Con Szenarien sparen.

    Und da sieht es wirklich mau aus.



    In Merkelscher Sicht von Daten als Ware, ist bereits vorgesehen, das irgendwie pseudonymisierte Daten an interessierte Dritte weitergegeben werden sollen. Im Zeitalter von KI ist es dann aber kein Problem mehr, für jeden Patienten z.B. anhand der Google Suchhistorie und Daten z.B. aus Kartenkäufen auch den Rest zusammenzukleben. Nur um ein paar Beispiele zu nennen.

    Leider kann man seine physische Identität aber nicht umändern, wie ein Bankkonto. Daher führt ein EINMALIGER Fehler zu einem lebenslangen Schaden. Und das ruht alles bei der Gematic.



    Aua.

    Das Abrufe gespeichert werden hilft nicht, wenn die Daten in der Uni Würzburg landen, wo sie eventuell nicht nach Abschluss der Arbeit gelöscht werden oder irgendein Studi zieht sich da eine Kopie auf USB-Stick. Das kann in der Praxis niemand mehr verfolgen.

    Und glaube ja niemand es gäbe keine Firmen oder Staaten (China, USA e.t.c ?), die so was nicht sammeln um es auszunutzen.

    • @Sonntagssegler:

      Ja, die Verknüpfung von Medi-Daten zu Bundeswehr-Angehörigen ist für Staaten wie China, USA gefundenes Fressen. Eigentlich stellt es meines Erachtens ein Sicherheitsrisiko dar.

  • Mir war bis vor kurzem nicht bewusst, dass man nur dann Dokumente in der ePA verwalten kann, wenn man Google- oder Apple-Kunde ist und einen entsprechenden Account bei einem der beiden US-Konzerne hat.

    Die Verwaltung per Webseite (z.B. das Portal der Krankenkasse) oder per API ist weder vorgesehen noch geplant.

    Das ist schade. Ich hätte die ePA gerne genutzt, die Google-AGB sind mir aber zu übergriffig und Apple zu teuer.

  • Was die digitale Patientenakte betrifft, bin ich sehr skeptisch. Die Qualität der Dienstleistungen von Ärztinnen, Ärzten ist sehr unterschiedlich. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es zu Fehldiagnosen kommen kann. Ebenso wurden mir Medikamente verschrieben, die mehr Schaden angerichtet haben, als dass sie mir geholfen hätten.



    Meiner Meinung nach muss man als Patient jede ärztliche Meinung hinterfragen. Ärzte machen manchmal Fehler. Wenn die dann noch in der Patientenakte manifestiert werden, kann das nur zum Nachteil des Patienten sein.



    Arno

  • Gerade wenn es sich um eine Krankenakte handelt, bei so hochsensiblen, persönlichen Daten, sei gesunde Skepsis empfohlen.



    Dazu braucht doch denkender Mensch nicht erst seinen Arzt oder Apotheker fragen !



    Vertrauen ist gut - aber Selbstkontrolle über eigene, persönlichste Daten - wer, wann, wozu - hier Berechtigung bekommt, respektive Zugriff / Einblick gestattet sein darf, sollte Patient nicht naiv, fahrlässig aus der Hand geben.



    Bleiben Sie gesund !

  • Ich gebe zu, dass KI mir Angst macht.



    Was Yuval Noah Harari in seinem Buch "21 Lektionen für das 21. Jahrhundert" über KI und Gesundheitswesen schreibt, würde Anlass zur Hoffnung geben - wäre da nicht die pessemistische Gewissheit, dass es zu massivem Missbrauch kommen wird.

  • Fehlt da nicht was? Das Thema Datensicherheit wird stiefmütterlich behandelt. Es gibt die üblichen Aussagen zum Thema: Die Risiken seien überschaubar und alles eine Sache der individuellen Risiken-Nutzen-Abwägung. Da fehlt der Blick auf die Risiken für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung:

    Die Datensammlungen von Gesundheits- und IT-Unternehmen werden wachsen. Was die mit den Daten machen, lässt sich kaum überwachen u.a. weil Dienstleister und Anbieter der digitalen Infrastruktur im Ausland sitzen.

    Nicht zu kontrollieren ist, wofür die Daten genutzt werden. Man kann aber davon ausgehen, dass sie für Werbezwecke ausgewertet und für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle genutzt werden. Pharmaunternehmen, Ärzten, Krankenkassen, Nahrungsmittelindustrie und Sportgerätehersteller werden Rückenwind für profitable Innovationen bekommen, ohne dass deren Nutzen eindeutig bewiesen wäre.

    Auch die alten Grundsatzfragen bleiben auf der Strecke : Was meinen wir eigentlich mit Gesundheit? Welche Gesundheitsleistungen sollen garantiert und solidarisch finanziert werden?

    • @Stoersender:

      Die Kritik kann ich nur teilen. Es wäre ein Einfaches gewesen, die Daten verschlüsselt auf der Karte des Patienten zu speichern, ggf. mit freiwilliger Option zur Speicherung auf einem Server. Auch ein "Notfallpasswort" für Ärzte hätte man einrichten können, sodass man bewusstlosen Patienten helfen kann und diese später über den Zugriff informiert werden.



      Nun speichert man die Daten irgendwo, überträgt Arztpraxen die Aufgabe für die Sicherheit zu sorgen und man hat keinen Einblick, welche Daten wie genutzt werden.

      • @Genosse Luzifer:

        PS: Aber Notfallinformationen sowie Medikationsplan wären durchaus sinnvoll, wobei ein Notfallpasswort, das ja in der gesammten Ärzteschaft bekannt sein müßte, vermutlich nicht lange geheim bleibt.

      • @Genosse Luzifer:

        Auf dem Kärtchen dürften nicht allzuviele NMR-Untersuchungen Platz finden.

  • Ihr habt Menschen mit psychiatrischen oder ähnlichen belasteten Diagnosen vergessen. Ich habe eine seltene neurologische Erkrankung, die psychiatrische Features mit sich bringt. Es gab sehr absurde Situationen mit Ärzten, die sehr falsche Ideen von dieser Erkrankung haben. Das hat mehrfach dazu geführt, dass ich nicht ernstgenommen und deswegen nicht behandelt wurde. Wenn ich diese Erkrankung nicht erwähne, gibt es keine Schwierigkeiten. Deshalb habe ich widersprochen, obwohl ich die digitale Patienakte prinzipiell für eine gute Idee halte.