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Einigung über die Zukunft von VWDie Sozialpartnerschaft ist vorerst gerettet

Simon Poelchau
Kommentar von Simon Poelchau

Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben sich im Streit um die Zukunft bei VW geeinigt. IG Metall und Betriebsrat konnten die schlimmsten Pläne abwehren.

Die Beschäftigten bei VW wird vorerst niemand betriebsbedingt entlassen Foto: AP Photo/Martin Meissner

D ie IG Metall und der Betriebsrat konnten Werksschließungen bei VW abwenden. Das ist gut. Dass sie betriebsbedingte Kündigungen abwenden konnten, ist sogar eine sehr gute Nachricht. Auch tiefe Einschnitte in die monatlichen Entgelte, wie sie das Managment durchsetzen wollte, konnten die Arbeitnehmervertreter abwenden. Damit retten sie in den längsten Verhandlungen der Konzerngeschichte nicht nur die Existenzen von zehntausenden Beschäftigten und deren Familien. Vermutlich haben sie auch den Wolfsburger Autobauer vor einem großen Fehler bewahrt. Denn sparen rettet nicht sein Geschäftsmodell.

Im September präsentierte das Volkswagen-Management den Sparhammer: Weil europaweit derzeit die Nachfrage für die Produktion von jährlich 500.000 Autos fehlt, wollten sie Werksschließungen, Massenentlassungen und pauschale Lohnkürzungen von 10 Prozent durchsetzen. Sie kündigten dafür alle Tarifverträge, was einer Aufkündigung der Sozialpartnerschaft im Konzern gleichkam, die bisher von einem großen Mitspracherecht des Betriebsrats geprägt war. Nur gut, dass die IG Metall dieses Modell vorerst wieder gerettet hat.

Die IG Metall hat das Schlimmste abgewendet. Sie hat mit ihren Warnstreiks erfolgreich ihre roten Linien verteidigt. Nun gibt eine Beschäftigungsgarantie bis 2030. Dennoch ist der Preis hoch: Auch wenn es bis dahin zu keinen Kündigungen kommt, sollen 35.000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Zudem verzichten die Beschäftigten auf Sonderzahlungen und das jüngste Tarifergebnis der Metall- und Elektrobranche wird zwar in den Haustarif übernommen, doch kommt das Geld nicht den Beschäftigten zugute, sondern fließt bis 2030 in einen Fonds zur Beschäftigungssicherung.

Dabei ist fraglich, ob eine stärkere Kosten- und Lohndrückerei überhaupt den Konzern nachhaltig geholfen hätte. Zwar fehlt VW in der Tat ein kostengünstiges Elektromodell. Doch letztlich ist der Konzern nicht wegen seiner Personalkosten in Schieflage geraten, sondern weil er technologische Entwicklungen verschlafen hat und von der chinesischen Konkurrenz überholt wurde. Volkswagen hat nie das Rennen gemacht, indem der Autobauer billiger als andere war, sondern hochwertiger. Deswegen hat der Konzern nur eine Chance, wenn er investiert und qualitativ aufholt.

Insofern war es vielleicht für das Management verlockend, den Sparhammer zu schwingen, doch letztlich auch kurzsichtig, weil es zur Produktion hochwertiger Waren vor allem eins braucht: motivierte Beschäftigte, die diese fertigen. Und die sind vor allem dann motiviert, wenn sie gute Gehälter und Arbeitsbedingungen haben.

Zudem sind gute Gehälter auch ökonomisch wichtig, auch wenn sie manchem Finanzvorstand vielleicht ein Dorn im Auge sind. Denn sie sorgen für eine kräftige Nachfrage und halten damit die Volkswirtschaft am Laufen. Insofern haben Betriebsrat und IG Metall nicht nur die Sozialpartnerschaft bei VW gerettet. Sie haben auch ein Zeichen gesetzt, dass die Transformation sozial verträglicher gestaltet werden kann, als die Chefetagen gerne hätten. Doch IG Metall und Gewerkschaften haben auch gezeigt, dass dies erstmal erkämpft werden muss.

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Simon Poelchau
Redakteur
ist für Ökonomie im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt zuständig.
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12 Kommentare

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  • Und einen hab ich noch:

    Diese Führungsetage sind keine Unternehmer !!!!!

    Es sind schlicht und ergreifend Manager ohne Haftung, ohne echte persönliche Verantwortung.



    Gut versichert und längst stinkreich.

    Ein Unternehmer haftet mit seiner Existenz. Mit allem was er hat, mit Kind und Kegel.

    Ein Manager hingegen haftet mit nichts. Das Wohl und Wehe des Unternehmens kann ihm scheißegal sein.

    Entsprechend verantwortungsvoller ist auch der Umgang eines Unternehmers mit dem Unternehmen.

  • "Sozialpartnerschaft"



    Hab' ich mich verlesen ?

    Partnerschaft suggeriert Augenhöhe !

    Hier geht es wohl kaum um Partnerschaft sonden vielmehr um das Primat der Ökonomie !!!!

    Aber eins ist sicher wie das Amen in der Kirche: Das Management wird für seine Fehler nicht geradestehen.



    Nicht geradestehen müssen, sondern ganz im Gegenteil: Boni einstreichen für die die Arbeiter ganz unten in der Hierachie auf Lohn und Sozialleistungen verzichten müssen.

    Das kann man wohl kaum als Einigung loben !!!!

  • Letztlich sind das alles Details. Denn dem Weltmarkt, und da hat VW alles getan, dass sie da mitspielen, dem ist völlig egal wo sich wieviel Werke oder Mitarbeiter befinden.



    Entweder Top Produkte zu hohen Preisen, oder Massenprodukte zu niedrigen Preisen. Wo Ferrari oder Porsche steht ist klar, wo BYD steht auch. Wo steht VW? Das sollte zwingend festgelegt werden und dann umgesetzt. In jedem Fall: "Von allem etwas", so geht's nicht gut aus. Da sind alle gefragt, von Politik bis Mitarbeiter. Denn das wird Veränderungen mit sich bringen.

    • @Tom Farmer:

      Richtige Analyse - demnach bleibt entweder eine Veränderung des Portfolios zu hochpreisigen Produkten oder ein Verbleib im Einstiegs- und Mittelklassesegment mit der sich daraus folgernden Verlagerung der Arbeitsplätze in Ländern mit niedrigeren Arbeitskosten.



      Politiker der meisten Parteien plädieren aktuell lautstark für den zweiten Weg.

    • @Tom Farmer:

      Da ist viel Platz zwischen den von Ihnen angesprochenen krassen Extremen (Ferrari, Luxus-Segment) auf der einen und (Dacia, Ramschware) auf der anderen Seite.



      VW's klassische Platzierung ist "oberes Volumensegment", also gerade noch erschwinglich dafür sehr gute Qualität. Das letztere hatte bei den ID-Modellen etwas gelitten, wenn sie da wieder hinkommen und etwas konkurrenzfähiges in der Größe Klein- und Kleinstwagen hinstellen, werden sie wieder ordentlich positioniert sein.

  • In spätestens 2 Jahren wird man sich über deutlich drastischere Maßnahmen unterhalten müssen.



    Ein kostengünstiges Elektromodell lässt sich in D nicht mehr herstellen.

  • Schön!



    Ergebnis wie Artikel, ein Lichtblick!



    Werksschließungen hätten mal wieder international ein schlechtes Licht auf Deutschland geworfen.



    Die Autoindustrie hat hier keinen Freifahrtschein, sondern mit dem Dieselbetrug bereits genug Porzellan zerschlagen.



    Es wurde Zeit für positive Signale.

  • Wann werden Arbeiterbewegung, Gewerkschaften und sogenannte Sozialdemokraten sich endlich einmal für echte demokratische Mitbestimmung und die Befreiung von den Verwertungszwängen der Marktwirtschaft einsetzen? Nie, ist die wahrscheinlichste Antwort, denn sie haben sich von ihren Anfängen an zum Konformismus bekannt.

    Rettet nicht, was euch kaputt macht!

    • @Stoersender:

      Was schlagen Sie konkret vor? Die Enteignung der Aktionäre und Überführung des Eigentums in irgendwie geartetes Kollektiveigentum?



      Das fordert noch nicht mal die Partei der Linken.



      ... und wenn das geschieht: Mit Eigentum kommt auch Verantwortung und Risikoübernahme. In welcher Form werden sich diese neuen Kollektiveigentümer dann an den Verlusten von Unternehmen beteiligen? Wie wird sichergestellt, dass Gläubiger eines in Insolvenz geratenen Kollektivunternehmens an ihr Geld kommen? Sind Kollektiveigentümer dann ebenfalls privatrechtlich haftbar?

    • @Stoersender:

      Fabriken könnten so nützliche Dinge herstellen. Haltbar, reparierbar, sauber, sinnvoll, für alle.

      Nicht in diesem System.

    • @Stoersender:

      Alles schon da gewesen und gründlich schief gegangen.

      Nicht jede tolle Theorie ist in die Praxis umzusetzen.



      Da das viele linke Menschen nicht einsehen wollen, verschwinden linke Parteien von der Bildfläche.

      • @weather2018:

        Stimmt! Die schöne Theorie vom Markt scheitert in der Praxis schon daran, dass sie auf irrealen Annahmen beruht. Sie funktioniert nur um den Preis der Unterwerfung, Ausbeutung und Vernichtung.

        Was die Marktwirtschaft zulässt und nicht 'abschalten' kann, ist der Wettbewerb. Da können auch Hasen zu Jägern werden und Jäger schießen plötzlich auf andere Jäger.

        Viel Glück Ihnen und Ihren Nachfahren bei zukünftigen Treibjagden.