Einführung des Euros in Kroatien: Symbole Kroatiens sollen bleiben
Für Kroatien beginnt mit dem 1. Januar 2023 der Wechsel zum Euro. Der Tourismus heißt die Änderung willkommen, andere trauern um die Währung Kuna.

Daran, dass die Kuna erst nach der Unabhängigkeitserklärung von Jugoslawien 1991 eingeführt wurde, erinnern sich nur die Älteren. „Zuerst gab es noch den kroatischen Dinar“, sagt Ante, der jahrzehntelang als Matrose auf Weltmeeren unterwegs war. „Erst 1994 wurde die Währung in Kuna umbenannt.“ Ante erinnert sich, dass es damals eine Diskussion um den Namen der neuen Währung gegeben hat. Die Kuna heißt übersetzt „Marder“ und sollte mit den 100 „Lipa“ an das frühe Mittelalter erinnern, als Tierfelle noch als Währung dienten.
In Wirklichkeit wurde damals von rechten Kräften in der Regierung an eine bestimmte Zeit angeknüpft. Denn die Kuna, die „Marderfelle“, waren bereits 1941 schon einmal eingeführt worden – vom kroatischen Ustascha-Staat, der von Hitler unterstützt wurde.
Aus diesem Grund gab es bei der Einführung der Kuna viel Protest. Opferverbände und Ex-Partisanen bemängelten, dass an der Währung das Blut Hundertausender Oppositioneller, Juden, Roma oder Serben klebe. Allerdings schlug diese Diskussion bei vielen Kroaten bis heute nicht wirklich durch, Ante eingeschlossen.
Der Kuna gehört zur kroatischen Identität
Er finde dieses Geld praktisch, die Münzen hätten nur wenig Gewicht und Wert, erklärt er. „Man trägt die Scheine mit sich, dazu braucht man kein Portemonnaie“ – die Hosentaschen würden ausreichen. Außerdem sei dies „unser“ Geld, so Ante.
Denn trotz des Krieges mit Serbien bis 1995 war die Währung stabil geblieben. Dass Kroatien mit der Kuna erfolgreich war, geben auch Kritiker von damals heute zu. Daher gehöre die Währung zur heutigen kroatischen Identität: „Wir wurden 1998 und 2022 Dritter bei den Fußballweltmeisterschaften, 2018 waren wir im Endspiel“, betont Ante.
Mit dem Jahreswechsel wird auch die Zeit der Kuna bald vorüber sein. Obwohl seit Monaten alle Waren in Euro ausgezeichnet sein sollten, zahlen Menschen im Samoposluga noch wenige Tage vor Silvester nur mit Kuna.
Bislang versucht niemand, mit den noch fremd anmutenden Cent- oder Euro-Münzen Brot, Milch oder Früchte einzukaufen. Bis zum 14. Januar sollen übergangsweise beide Währungen gelten. Dann aber soll es nur noch den Euro geben.
Auf dem neuen Euro sind Symbole Kroatiens
Symbole Kroatiens werden auf den neuen Münzen weiter verbleiben. So sind in einer mittelalterlichen Schrift die Buchstaben HR graviert, also Hrvatska, kroatisch für Kroatien. Auf den Münzen ist Nikola Tesla abgebildet, Erfinder und Begründer der modernen Elektrotechnik, der am 10. Juli 1856 in Lika geboren wurde – Eine Region, die ehemals zum Habsburgerreich gehörte.
Der aus einer serbischen Familie stammende Tesla studierte in Graz und Prag, wurde in Paris Mitarbeiter der Continental Edison Company und ging 1884 nach Amerika. Dort arbeitete er für Edison und schließlich für Westinghouse. Mit den neuen Münzen will Kroatien Teslas Glanz in die EU mitbringen.
Für die Regierung und vor allem für den Tourismus ist die Einführung des Euro ein Muss. Das Land mit seinen 4 Millionen Einwohnern lebt hauptsächlich vom Tourismus, für die ersten elf Monate im Jahr 2022 verzeichnete es 16 Millionen ausländische Urlauber.
Der Tourismus profitiert vom Euro
Viele Menschen im Dorf Slatine, berüchtigt für seine kilometerlangen Strände und Buchten, profitierten in den vergangenen Jahren von einer Tourismuswelle. So kam es zu Neueröffnungen von Hotels und Restaurants.
„Dann verschwinden auch die überhöhten Umwechselgebühren in den Bankomaten, die viele Touristen verärgert haben,“ sagt ein Händler am Hafen. Der Wechselkurs ist fixiert, ein Euro ist 7,5345 Kuna wert.
Die Banken propagieren jetzt bargeldlose Zahlungsmöglichkeiten. Viele Geschäfte, darunter auch der Samoposluga im alten Teil von Slatine, schafften sich entsprechende Geräte an. Ältere Menschen wie Ante blicken allerdings mit Sorge in die Zukunft: „Das Leben wird zwar moderner, aber auch unpersönlicher und kälter“, resümiert er.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart