Susanne Knaul über türkische Hilfslieferungen für Gaza: Ein Scheck hätte es auch getan
Das hätten die Türken schon vor sechs Jahren haben können. Elf Tonnen Hilfsgüter aus Ankara sollen heute ihr Ziel erreichen: Spielzeug, Kleidung, Medikamente und Nahrungsmittel für die Menschen im belagerten Gazastreifen. Das hatte auch die „Mavi Marmara“ geladen, die israelische Marinesoldaten 2010 vor der Küste abfingen, um sie auf Waffen zu durchsuchen. Das Angebot, die Hilfsgüter über den Landweg in den Gazastreifen zu bringen, bestand schon damals.
Die Palästinenser werden die Lieferung dankbar in Empfang nehmen, wenn auch mancher mit dem Kopf schütteln mag. Denn an dem, was das türkische Schiff „Lady Leyla“ geladen hat, mangelt es nicht im Gazastreifen. Dort herrscht keine Hungersnot, es gibt beinahe alles zu kaufen. Ein Scheck hätte es auch getan.
Nur an Baumaterial fehlt es. Zigtausende, deren Häuser im Krieg zerstört wurden, leben seit Jahren in Notunterkünften. Israel schränkt, aus Sorge vor dem Bau geheimer Tunnels, die Einfuhr von Beton und Stahl massiv ein. Die propalästinensischen Menschenrechtsaktivisten wären glaubwürdiger, wenn sie Geld für Wohnmobile und Fertighäuser mobilisierten, statt Medikamente mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum zu schicken, wie sie die „Mavi Marmara“ geladen hatte.
Trotzdem sind die zehn Aktivisten, die beim Entern des Schiffs getötet wurden, nicht umsonst gestorben. Ihr Tod rüttelte die Welt wach. Auf internationalen Druck ließ Israels Regierung von fast allen absurden Einfuhrbeschränkungen ab. Das ist ein riesiger Erfolg – aber zu welchem Preis.
Ein Tor zur Welt auch für palästinensische Güter könnte der Hafen vor der Küste Gazas sein, den israelische Politiker in Erwägung ziehen. Die künstliche Insel würde der Armee Kontrollen ermöglichen und gleichzeitig Israel aus der Verantwortung für den Gazastreifen entlassen. Auch ohne politische Lösung für den Konflikt könnten beide Seiten unmittelbar gewinnen.
Ausland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen