Eigentore im Fußball: Absolute Profis im Übelnehmen

Borussia Dortmund grämt sich wegen seines verheerenden Eigentors. Gemach, Fehler passieren. Was soll da erst der SV Duddenhausen sagen?

Fußballspieler nach Schlusspfiff

Enttäuscht: die Dortmunder verpassen wegen eines Eigentores in letzter Minute den Sieg Foto: dpa

Der Mensch an sich ist fehlerhaft. Das ist ungünstig, zumal er die meiste Zeit seines Lebens – jedenfalls im Idealfall – damit verbringt zu lernen, wenigstens die gröbsten Patzer zu vermeiden. Nur um sich dann, wenn das leidlich geschafft wurde, hinzulegen und zu sterben, aber das ist eine andere Geschichte.

Dass Menschen Fehler machen, dürfte also keine große Überraschung sein und könnte entsprechend auch mit einer gewissen Gelassenheit betrachtet werden, aber hey, dies ist die Welt des Sports, nein, schlimmer noch, die Welt des Fußballs, und hier gelten ganz eigene Verhaltensregeln. Denn beim Fußball nehmen sie alle permanent übel, wenn jemand etwas nicht richtig macht.

Der Computerhändler hat es beispielsweise schon einfacher mit seinem auf Fehlerbehebung spezialisierten Personal, der sich für seinen Service von der Kundschaft auch noch teuer bezahlen lässt. Oder die Polizistin, die eben noch für einen Kollegen gelogen hat, und so weiter und so fort.

Zu allem Überfluss darf meist auch noch jeder selber definieren, was nun grad ein Fehler war: Von der Aufstellung oder Nichtaufstellung des Spielers Dingens über die zu offensive, zu defensive oder allgemein zu blödsinnig gewählte Taktik bis hin zu dem, was irgendwer irgendwo gesagt oder gerade nicht gesagt hat.

Gediegener Scheißtag

Immerhin, mit dem Eigentor gibt es wenigstens etwas, das undiskutierbar das ist, was es nun einmal ist, nämlich ein wirklicher Fehler. Beziehungsweise im Fall der Borussia aus Dortmund zwei wirkliche, jeweils zwei Punkte kostende Fehler, der erste passierte am 22. September kurz vor Ende der Partie bei Eintracht Frankfurt. Und der zweite eben jetzt, in der 90. Minute gegen Freiburg.

Es folgten, wie üblich, Wut, Häme und Selbstmitleid bei dem Teil der Fans, die glauben, ohne Meistertitel sei ein erfülltes Leben nicht möglich, was aber Quatsch ist, wie jeder MSV-Anhänger bestätigen kann. Jedenfalls: Falls man bei Borussia Dortmund glaubt, nun einen gediegenen Scheißtag erwischt zu haben, sollte man sich damit trösten, dass man nicht der SV Duddenhausen ist und in der 1. Kreisklasse Nienburg kickt.

Gut, dann wäre man, Stand Samstag, 6. Oktober, zwar mit zwei Punkten Vorsprung Tabellenführer vor dem SBV Erichshagen, was sicher deutlich angenehmer ist, als bloß Siebter in der Bundesliga zu sein, aber man hätte auch nicht einen derart scheußlichen 15. September erlebt. An diesem Tag hatte Duddenhausen nämlich die Konkurrenz vom ASC Nienburg zu Gast.

Eigentor-Hattrick

Eine Stunde lang lief alles prima, man führte 2:1 und dann passierte es: Moritz Jüttner schoss laut Spielbericht in der 70. Minute ein Eigentor. Und in der 75. gleich noch eines. Wie auch in der 86. Minute. Beim zwischenzeitlichen 4:4 blieb es allerdings nicht, denn Burak Karaköy traf in der 90. zum 4:5-Endstand für Nienburg.

Und wie reagierte man in der Facebookgruppe der 1. Kreisklasse Nienburg auf die ungläubige Nachfrage eines niedersächsischen Fans, ob das denn wirklich sein könne mit dem Eigentor-Hattrick? Marcin Binieda, 1. Vorsitzender des ASC Nienburg, antwortete: „Wir freuen uns über drei wichtige Auswärtspunkte und eine klasse Leistung unserer Jungs. Moritz Jüttner, Kopf hoch. So etwas geht nur ein Mal in der Laufbahn.“ Fußball kann also auch nett sein. Im Übrigen waren es wohl auch nur zwei Eigentore, eines wurde vom Schiedsrichter aus Versehen Jüttner zugerechnet, erklärte der Spieler später der Tageszeitung für den Landkreis Nienburg, Die Harke. Ha!

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Schreibt nicht nur über Sport, sondern auch über Verschwörungsideologien, skandinavische Politik und Königshäuser. *** Die ersten Artikel für den taz-Sport gestalteten sich allerdings etwas schwierig: Mit den Worten "Wie, die schicken uns heute eine Frau?" wurde ich beispielsweise vor Jahren von einem völlig entsetzten Vorsitzenden eines Westberliner Fünftligavereins begrüßt. Da war er also, der große Tag, an dem über seinen Club in der taz berichtet werden würde, und dann das: Eine Frau! Ich antwortete ja, ich sei die Strafe und sofort war die Stimmung super. *** Und eines Tages werde ich über diesen Tag und andere, sagen wir: interessante Begegnungen mal ein Buch schreiben.

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