piwik no script img

Edmund Stoiber wird 75 Jahre altDas alterswilde Sprachgenie

Er ist der Mann, der Blumen hinrichtete und auch mal ein Gläschen Sekt aufmachte. Der einstige Einserjurist und Ministerpräsident Bayerns wird 75.

Im Biergarten: Edmund Stoiber Foto: dpa

Es gibt Menschen, die werden im Alter milde. Selbst frühere Hardliner werden plötzlich tolerant und lassen sogar mal die Verbalkeule stecken, zu der sie einst so gern griffen. Sollte auch Edmund Stoiber zu diesen Menschen gehören, weiß er es sehr professionell zu verbergen.

Während Theo Waigel oder Alois Glück in allzu aufgeregten Zeiten ihre allzu aufgeregten Parteifreunde zur Mäßigung mahnen, zieht Stoiber im Hintergrund lieber die Strippen und schwört die Seinen auf einen harten Kurs ein – gegen Angela Merkel und alle, die in seinen Augen in der Flüchtlingsfrage zu liberal sind.

Zurückhaltung ist seine Sache nicht. „Du machst Europa kaputt“, warf Stoiber, ein Freund von Viktor Orbán, der Kanzlerin auf der Klausurtagung in Wildbad Kreuth an den Kopf und fädelte etwa zur gleichen Zeit eine Audienz für sich und seinen Nachfolger Horst Seehofer bei Kreml-Chef Wladimir Putin ein.

Elder Statesman? Dafür ist der CSU-Ehrenvorsitzende zu nah am operativen Politikbetrieb, hält sich zu sehr für unverzichtbar. So geschah es auch nicht ganz aus eigenem Antrieb, dass er im Herbst 2007 die vorderste Reihe räumte. Was nicht nur er selbst bedauerte, sondern auch Dieter Hildebrandt. „Er ist halt für die deutsche Sprache so wichtig gewesen“, beschrieb der Kabarettist damals den Verlust. Denn: Edmund Rüdiger Rudi Stoiber ist der Mann, der Blumen hinrichtete, auch mal ein Gläschen Sekt aufmachte und die Lot gludern ließ. Den Weg vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen kann keiner so präzise beschreiben wie er.

Der Rest ist schnell erzählt: In Oberaudorf als Sohn eines Oberpfälzers und einer Rheinländerin zur Welt gekommen, Einserjurist, 34 Jahre Landtag, davon 14 als Ministerpräsident. Auch mal CSU-Generalsekretär. Damals wahlweise als „blondes Fallbeil“ gefürchtet oder als Strauß’ Adlatus verspottet.

2002 ein Frühstück mit Angela Merkel in Wolfratshausen, das seine Kanzlerkandidatur und drei Jahre später Merkels Vereidigung nach sich zog. Selbst Ziehsohn von Franz Josef Strauß, hat er uns vor allem Markus Söder hinterlassen, einen Stoiberianer mit Leib und Seele. Da gludert sie wieder, die Lot. An diesem Mittwoch wird Edmund Stoiber 75 Jahre alt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Auch wenn ich ganz gewiss kein CSU-Ahänger bin, diese Sorte Politiker, denen das Aktenstudium wichtiger war als der Rhetorik-Kurs fehlen heute.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Glückwunsch, Dr. @mund Stoiber!