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EU plant VermögensregisterMehr Daten über Reiche

Ein EU-Vermögensregister soll den Kampf gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung erleichtern. Kritiker warnen vor Schritt zum „gläsernen Bürger“.

Foto: Imago

Brüssel taz | Die EU-Kommission treibt ihre umstrittenen Vorarbeiten für ein europäisches Vermögensregister voran. Die Behörde bestätigte, dass sie eine Studie im Wert von bis zu 400.000 Euro ausgeschrieben habe, um die Machbarkeit eines solchen Registers zu prüfen. Kritiker sehen dies als ersten Schritt zum „gläsernen Bürger“.

Laut Ausschreibung soll untersucht werden, „wie aus verschiedenen Quellen des Vermögenseigentums (z. B. Landregister, Unternehmensregister, Trust- und Stiftungsregister, zentrale Verwahrstellen von Wertpapieren usw.) verfügbare Informationen gesammelt und miteinander verknüpft werden können“.

Eine zentrale Erfassung könne die Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung erleichtern. Die Ausschreibung bedeute jedoch nicht, dass die EU-Kommission ein solches Vermögensregister auch tatsächlich plane, erklärte ein Sprecher. Man folge nur einem Wunsch des Europaparlaments.

Viele EU-Abgeordnete sehen den Vorstoß jedoch mit gemischten Gefühlen. Zustimmung signalisierte Rasmus Andresen von den Grünen, der auch im Haushaltsausschuss sitzt. „Ohne Daten werden wir den Kampf gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung nicht gewinnen“, sagte Andresen der „taz“.

Deshalb unterstütze er die Einführung eines Vermögensregisters. „Es ist richtig, wenn die EU-Kommission in einem ersten Schritt untersucht, wie wir mehr Steuertransparenz erreichen können.“ Von einem „Irrweg, den wir gar nicht erst beschreiten sollten“, spricht dagegen CSU-Finanzexperte Markus Ferber. „Man kann Geldwäsche auch anders bekämpfen, als den finanziell gläsernen Bürger zu schaffen.“

Ferber hatte sich bereits im Sommer bei der zuständigen EU-Kommissarin Mairead McGuinness nach dem Vermögensregister erkundigt. McGuinness antwortete, sie halte ein solches Register nicht für nötig. Umso größer ist nun die Verwunderung über die geplante Studie.

Es dürfte der EU-Kommission schwer fallen, eine einmal auf den Weg gebrachte Studie wieder zu kassieren, so Ferber. Es gebe aber auch „keinen Grund“, Geld „für eine Studie aufzuwenden, deren Ergebnisse man ohnehin nicht weiterverfolgen will.“

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10 Kommentare

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  • 4G
    47202 (Profil gelöscht)

    Eine Menge Aufwand.



    Einfacher wäre es, jeden, der mehr als 100.000 € Steuern hinterzieht in den Knast zu stecken. Basta!



    In Kuba wird schlicht das gesamte Konto konfiziert, habe ich mir sagen lassen.

  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Dürfte wohl am deutschen Datenschutzbeauftragten scheitern.

  • Steuerschlupflöcher schliessen, die Steuergesetze entschlacken und legale Steuersparmodelle entrümpeln würde viel mehr bringen.



    Dazu, zumindest innerhalb der EU, die Steuern harmonisieren, damit Steuervermeidung schwieriger wird.



    Aber das wird nie passieren. Es sei denn, Die PARTEI würde in den entsprechenden Parlamenten die Mehrheit stellen.

  • Kaum etwas hat sich als so ungeheuer wirksames Instrument gegen Steuergerechtigkeit und Steuerehrlichkeit erwiesen wir das Steuer- und Bankgeheimnis.

    Dass das Bankgeheimnis Kriminelle gradezu magisch anzieht hat man erkannt und man hat zumindest teilweise reagiert.

    Und ganz nebenbei bemerkt ist der "Gläserne Bürger" schon lange, lange Realität - wir nennen uns nur nicht "Gläserner Bürger" sondern "Nutzer".



    Z.B. Facebook-Nutzer, TicTac-Nutzer, Telegram-Nutzer usw.

  • Lustig, daß die gleiche Partei, die hier vor der Gefahr des "Gläsernen Bürgers" warnt, sich sonst für Vorratsdatenspeicherung und Kameraüberwachung einsetzt. Offenbar ist Überwachung nur in Ordnung, wenn es nicht um Reiche geht.

  • Solch ein Vermögensregister ist sehr sinnvoll.

    Wesentliche Vermögenswerte sollten schon erfasst werden.

    Dann kann man auch eine Vermögenssteuer ohne großen zusätzlichen Verwaltungsaufwand einführen.

  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    Kritiker.. äh.. Reiche warnen vor Schritt zum „gläsernen Bürger“!

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @05989 (Profil gelöscht):

      So ist es. Dazu gibt es einen schönen Roman von George Orwell.

  • Die Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterzieung fallen nicht in den Kompetenzbereich der EU.

    Problematisch ist auch, dass die Erhebung der Daten §für zukünftige politische Vorhaben" erfolgen soll. Alles in allem läuft es auf den "Gläsernen Bürger" hinaus.

  • „Man kann Geldwäsche auch anders bekämpfen, als den finanziell gläsernen Bürger zu schaffen.“ csU-"Finanzexperte" Markus Ferber

    Das will man aber nicht, sonst würde man es ja tun.

    Zumal der weniger vermögende Pöbel seine ehrlich erarbeiteten Einnahmen nirgendwohin verschwinden lassen kann, gläserne Bürger in dieser Gehaltsklasse existieren also bereits. Transferleistungsempfänger, die sich komplett nackig machen müssen, noch gar nicht berücksichtigt.

    Mir scheint, die Amigos setzen auch auf EU-Ebene alles daran, den Stauts Quo verteidigen und ihre Pfründe sichern zu wollen.