EU-Verhandlungsführer zu Brexit-Deal: „Quadratur des Kreises“ geschafft
Es sei ein fairer und vernünftiger Deal, sagt der EU-Brexit-Beauftragte Michel Barnier. Das EU-Parlament muss ihn noch ratifizieren.
Briten und Europäer hatten bereits am Mittwoch die Grundlagen für eine Einigung gelegt. Die letzten rechtlichen Details wurden dann aber erst am Donnerstag geregelt. Nach den Worten Barniers wird der von London vehement abgelehnte „Backstop“, der eine Zollunion mit ganz Großbritannien vorsah, fallen gelassen.
Es soll aber auch keine harte Grenze oder Zollkontrollen zwischen Irland und Nordirland geben, wie sie Boris Johnson zunächst vorgeschlagen hatte. Vielmehr sollen Waren, die von der britischen Insel nach Nordirland eingeführt werden, einem doppelten Zollregime unterliegen – dem europäischen und einem neuen britischen.
Großbritannien soll für die Kontrollen an den nordirischen „Entry points“ – also Häfen und Flughäfen – sorgen. Bei Waren, die ein „Risiko“ für den europäischen Binnenmarkt darstellen, sollen die EU-Regeln gelten. Damit habe man die „Quadratur des Kreises“ geschafft, so Barnier.
Barnier: Austrittsrechnung bleibt unverändert
Wichtig sei auch eine „faire“ Regelung bei der Mehrwertsteuer sowie ein „Level playing field“, also gleiche Wettbewerbsbedingungen bei Sozial- und Umweltstandards. Großbritannien soll diese Standards anerkennen und nicht unterbieten. Die mit London vereinbarte Austrittsrechnung bleibe unverändert, betonte Barnier.
Allerdings wird die Übergangsphase bis zur Anwendung des Deals verkürzt. Sie dauert nun nur noch 14 Monate, also bis Ende 2020. Auch die politische Vereinbarung, die das Austrittsabkommen ergänzt und die künftigen Beziehungen nach dem Brexit skizziert, wurde noch einmal geändert. Großbritannien bekennt sich nun zu einem ehrgeizigen Freihandelsabkommen. Ziel sei es, dass es im Handel mit der EU keine Zölle und keine Lieferquoten geben soll.
Barnier sagte, die Vereinbarung müsse nun noch vom EU-Gipfel gebilligt werden. Das soll noch am Donnerstag geschehen. Danach muss der Text allerdings auch vom Europaparlament ratifiziert werden. Das könne sechs Wochen dauern, sagte ein hochrangiger EU-Vertreter. Aus dem Handelsausschuss kamen bereits erste Bedenken. Abgesegnet werden muss die Vereinbarung auch noch vom britischen Parlament.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!