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EU-RenaturierungsgesetzMacht Österreich alles kaputt?

Beim EU-Renaturierungsgesetz stimmte die österreichische Umweltministerin gegen den Willen von Bundeskanzler Nehammer. Ist die Verordnung in Gefahr?

Bundeskanzler Nehammer und Klimaministerin Gewessler sind sich bei EU-Renaturierungsgesetz uneinig Foto: Eibner Pressefoto/imago

Ist das EU-Renaturierungsgesetz in Gefahr?

Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) will beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Nichtigkeitsklage gegen die EU-Renaturierungs-Verordnung einlegen. Er moniert, dass die Verordnung nur mit Zustimmung der österreichischen Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) zustande kam, die dabei aber das österreichische Recht verletzt habe. Hat die Klage Aussicht auf Erfolg?

Richtig ist:

Die EU-Renaturierungs-Verordnung verpflichtet die EU-Staaten auf Naturschutz und die Wiederherstellung beschädigter Ökosysteme. Der anspruchsvolle Vorschlag der EU-Kommission wurde in Verhandlungen von EU-Ministerrat und EU-Parlament abgeschwächt. Doch unter dem Eindruck der Bauernproteste galt auch dieser lückenhafte Kompromiss vom November 2023 als ambitioniert. Im März stimmte zuerst das EU-Parlament zu. Der EU-Ministerrat stimmte dann am vorigen Montag zu. Weil in den letzten Monaten viele Regierungen vom Kompromiss abgerückt waren, kam die erforderliche Mehrheit nur zustande, weil Österreich, das sich bisher enthalten hatte, nun mit „ja“ stimmte.

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Nach Ansicht von Kanzler Nehammer hat Ministerin Gewessler bei ihrer Zustimmung zwei Rechtsbrüche begangen. Zum einen habe sie sich über eine ablehnende Stellungnahme der österreichischen Bundesländer hinweggesetzt. Zum anderen habe ihr das Einvernehmen des mitzuständigen österreichischen Landwirtschaftsministers Norbert Totschnig (ÖVP) gefehlt. Umweltministerin Gewessler verwies auf vier von ihr in Auftrag gegebene Gutachten, wonach sie dennoch der EU-Verordnung zustimmen konnte. Wer Recht hat, muss wohl das österreichische Verfassungsgericht entscheiden.

Auf das Inkrafttreten der EU-Renaturierungs-Verordnung hat der inner-österreichische Streit aber keine Auswirkungen. Mit der Nichtigkeitsklage kann nicht gerügt werden, dass die zuständige österreichische Ministerin bei ihrer Stimmabgabe innerstaatliches Recht gebrochen hat. Der EuGH ist nicht befugt, inner-österreichischen Streit zu entscheiden.

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10 Kommentare

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  • Ein Bravo an die österreichische Umweltministerin!

    Sie hat weit mehr Chuzpe und Engagement bewiesen, als Özdemir und die Grünen hierzulande, denen wir ja auch 10 weitere Jahre Glyphosat zu verdanken haben.

    taz.de/Agrarsubven...r-Bauern/!6007450/

    taz.de/Neue-EU-Zul...kuendigt/!5969939/

  • 8G
    81283 (Profil gelöscht)

    Endlich hat eine Grüne mal das gemacht, wozu sie gewählt wurde. Danke!

  • Für verantwortungsloses Verhalten tragen die Grünen in Österreich die alleinige Verantwortung.

  • Die Überschrift ist wirklich verwirrend - die Umweltministerin hat durch ihren Alleingang das Inkrafttreten des EU-Renaturierungsgesetz ermöglicht - der Preis allerdings wird exorbitant sein, denn auch in Österreich haben die Grünen bereits den Ruf gegen den Willen bzw über die Köpfe der Bevölkerung hinweg zu entscheiden...



    Und so wird dieser Alleingang neben dem innenpolitischen Beben in Österreich europaweit konservativen Kräften als dankbarer Elfmeter in den anstehenden Wahlkämpfen dienen - ein ziemlich teurer Pyrrhussieg für das grüne Lager 🤷‍♂️

    • @Farang:

      Ach, keine Sorge. Ein paar Jahre noch und die Menschen werden sich wehmütig an die lächerlichen Forderungen der Grünen erinnern. Die Klimakatastrophe wird auch vor Deutschland und Österreich nicht halt machen. Global wird es mit jedem Jahr schlimmer. Mal sehen wie lange das Establishment in den reichen Ländern das noch ignorieren kann. 🍿

    • @Farang:

      80 % der Weltbevolkerung möchte, dass ihre Rgeierungen mehr gegen die Klimakatastrophe unternehmen...!!!???

      • @Evelyn Schwirkus:

        Ja ihre Regierungen.



        Heißt im Umkehrschluss nicht sie selbst.



        Denken sie zurück an das "Heizgesetz" oder die Dieselsubventionen - jeder ist für mehr Klimaschutz bis es ihm selbst an den Geldbeutel geht...



        Weltweit steigt der PKW Bestand um plusminus 5% jährlich. Das Fluggastaufkommen wächst rasant, vor allem in Asien, Verdopplung der weltweiten Passagierzahlen bis 2040, etc...



        Diese Zahl das 80% mehr Klimaschutz wollen würde ich mit äußert großer Vorsicht genießen - das weltweite Alltagsverhalten spricht konsequent dagegen 🤷‍♂️

  • Schlagzeile: “Macht Österreich alles kaputt?”

    Erster (und bislang einziger) LeserInnenkommentar:



    „Fast immer wenn mich Nachrichten aus Österreich erreichen wirken die auf mich irgendwie nach Kabarett. So auch hier mal wieder.“

    Die Schlagzeile ist klischeeaufwärm-provokativ und falsch. Wer sich querlegt sind Minister anderer Länder, wie z.B. der Niederlande und Finlands. Die österreichische Ministerin hat den Pakt – ganz im Gegenteil – gerettet!



    Dass solche Aufmacher dann Leute deren Leseverstand nicht weit reicht dazu animieren, wieder mal mit uralten Vorurteilen aufzufahren (die sie vielleicht auch noch komisch finden) ist eine kulturelle (und, scheints, gewollte) Folge.

  • Fast immer wenn mich Nachrichten aus Österreich erreichen wirken die auf mich irgendwie nach Kabarett. So auch hier mal wieder.

    • @metalhead86:

      Es gibt Schlimmeres.



      Und: Die Umkehrung des Preußischen ins Österreichische ist einfach lockerer: Die Lage is hoffnungslos, oba ned earnst.

      Diese „Nun seid aber doch vernünftig, schließlich muss Europa…!“-Schiene hingegen: nervig.