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EU-Personalie Ursula von der LeyenKandidatin von Orbáns Gnaden

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Die CDU-Kandidatin wird wohl die Stimmen der Rechten im EU-Parlament brauchen. Ihr Kuschelkurs mit den Fraktionen wird da helfen.

Es wird wohl doch schwerer mit ihr, als es sich die Regierungschefs dachten: Ursula von der Leyen Foto: ap

D ie Grünen haben sich festgelegt: Bei der entscheidenden Abstimmung am 16. Juli im Europaparlament werden sie Ursula von der Leyen ihre Stimme verweigern. Auch die deutschen Sozialdemokraten und etliche Genossen aus anderen EU-Ländern sehen keinen Grund, der „Kandidatin des Rates“, wie sie spitz genannt wird, zuzustimmen.

Es wird eng für die umstrittene CDU-Politikerin, sehr eng. Wenn nicht alles täuscht, ist die Busenfreundin von Kanzlerin Angela Merkel bei der Wahl zur Kommissionspräsidentin auf die Stimmen der Rechten angewiesen. Die Anhänger von Viktor Orbán, Jarosław Kaczynski oder Matteo Salvini könnten ihr zu einer knappen Mehrheit verhelfen.

Wird von der Leyen also eine EU-Chefin von Orbáns Gnaden? Dieser Makel hängt ihr jetzt schon an. Schließlich hat sich der skandalumwitterte ungarische Regierungschef, der immer noch der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) angehört, schon beim EU-Gipfel damit gebrüstet, der Deutschen zur Nominierung verholfen zu haben.

Die Kandidatin hat sich davon ebenso wenig distanziert wie von beunruhigenden Berichten über ein Treffen mit der rechtskonservativen Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), in der Kaczynskis PIS-Partei den Ton angibt. Dort soll von der Leyen angedeutet haben, dass sie die Rechtsstaatsverfahren in Polen oder Ungarn nicht allzu energisch vorantreiben werde.

Der Makel würde sich übertragen

Das sei alarmierend, heißt es nun bei den Sozialdemokraten. Das ist noch milde ausgedrückt. Es wäre ein ausgewachsener Skandal, wenn sich von der Leyen bereit erklärt haben sollte, einen politischen Preis für ihre Wahl zu zahlen – und Demokratie und Rechtsstaat in Osteuropa tiefer zu hängen, wenn sie im Herbst die EU-Kommission übernimmt.

Nun ist die EVP gefordert. Der Christen-Club, dem auch CDU und CSU angehören, muss seiner Ersatzkandidatin unmissverständlich klarmachen, dass die Grundwerte der Europäischen Union nicht zur Disposition stehen. Ansonsten wird nicht nur von der Leyen mit einem Makel in die Wahl zur EU-Präsidentin gehen, sondern das gesamte konservative Lager – Kanzlerin Merkel eingeschlossen.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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7 Kommentare

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  • & Däh&Zisch -platzt von Gnaden -



    Mailtütenfrisch der Kragen -

    "Jedes europäische Staatsoberhaupt kann heut "Gott" sein. Ihre verehrte "Göttermutter" lass ich mal aus dem Spiel, obwohl sie sicher einen passenden Kommentar beigesteuert hätte, gelle?

    Die EU macht nur Spektakel.



    Hat das Orakel einen Makel?"

    Liggers. Was Hera früher bei Wagner war ihr der von&zu Karajan.



    Dess mache hück Uschi & dera Orbàn!



    Ja hör teufelnd ihr laut Organ wieder:



    "Berta babelt aus die Wolken nieder!"

  • Es wird immer davon geredet, was alles ein Schaden für die Demokratie in Europa und der EU wäre. So, als wenn in der Vergangenheit überhaupt nichts geschehen wäre mit Entdemokratisierung in der EU. Das ist alles nur noch eine Zumutung für diejenigen in Europa, die Demokratie ernst nehmen und nicht ständig relativieren wollen.

    Von den gewählten Parlamentariern in der EU erwarte ich nicht, dass sie ihren komfortablen und gut dotierten Job gefährden wollen und kritisch mit den Verhältnissen umgehen, zumal 25.000 Lobbyisten sicherlich einen Teil dazu beitragen.

    Man muss die EU als Ganzes sehen. Und den Willen haben, als Europäer für ganz andere Verhältnisse zu sorgen, damit endlich das in den Vordergrund gestellt wird, was wirklich zählt. Statt Militarisierung und Geldverschwendung für Waffen endlich einmal nachhaltige Hilfe für Afrika einschließlich Aufhebung der Blockadepolitik für afrikanische Waren und einer Entkolonialisierung der Wirtschaftspolitik. Nicht zuletzt und endlich eine EU der Friedensdiplomatie und gleicher sozialer Standards. Es gäbe so viel Wichtiges zu tun in der EU für die Menschen in und außerhalb Europas. Und was passiert? Nichts dergleichen. Stattdessen tingelt eine Rüstungs- und Militärlobbyistin durch die Gremien und wirbt für sich um einen machtvollen Job mit scheinheiligen Versprechungen.



    Und die meisten sogen. Qualitätsmedien begleiten dieses Theater mit gewohnter staatstragender Attitüde wie zu Kaisers Zeiten.

    • 9G
      98589 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      perfekt auf den Punkt gebracht!

  • vd Leyen hat die Bundeswehr ruiniert, und Orban - kein Freund der EU - glaubt wahrscheinlich dass sie dasselbe mit der EU machen wird. Daher die Unterstützung.



    Traue nicht den Danaern, auch ...

    Mich stört an der ganzen Diskussion dass die Frage ob vd Laien überhaupt in der Lage ist den Job zu machen überhaupt nicht erwähnt wird. Obwoh, nach Juncker und Schulz ist man da wahrscheinlich nicht besonders anspruchsvoll..

  • Sollte von der Leyen tatsächlich Orbán und Kaczynski entgegenkommen, um den Posten zu erlangen, wäre das ein extremer Schaden für die europäische Demokratie, für die Glaubwürdigkeit der EU und in allererster Linie für die CDU und Angela Merkel.



    Mit solchen Leuten macht man keine Geschäfte.



    Aber schon allein, dass die CDU nun Orbán mitreden lässt, als sei nichts gewesen (während man vor der Wahl noch von "ausgesetzter Mitgliedschaft" usw. sprach) - das ist schon sehr verdächtig. Und nicht besonders glaubwürdig.

    • @Soungoula:

      So läuft die ganze Nummer. Im Koalitionsvertrag hat die CDU unterschrieben die Demokratie in der EU stark zu fördern. Alleine das aufstellen von vdL ist ein Witz der diese EU-Demokratie auslacht und dann niedertrampelt.



      Ist nicht mal das erste mal, das der CDU der Koalitionsvertrag völlig egal ist.