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EU-Marinemission im Roten Meer startetFahrt ins Ungewisse

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Die EU und Deutschland wollen mit einer Marinemission den Welthandel vor Angriffen der Huthis schützen. Dabei bleiben viele Fragen offen.

Fregatte „Hessen“ startet zu geplantem EU-Militäreinsatz im Roten Meer Foto: Sina Schuldt/dpa

E s wird der größte laufende Auslandsein­satz der Bundeswehr, vom Umfang her zuletzt nur von Afghanistan und Mali übertroffen. Nach dem grandiosen Scheitern dieser beiden Einsätze soll nun die EU-Marinemission „Eunavfor Aspides“, an der Deutschland mit bis zu 700 Soldaten teilnimmt, vor Jemen den „Schutz von Schiffen gegen multidimensionale Angriffe auf See“ gewährleisten.

Es geht um die Abwehr der Attacken von Jemens proiranischen Huthi-Rebellen auf die Schifffahrt auf einer der wichtigsten maritimen Handelsrouten der Welt. Politisch und militärisch ist dagegen wenig einzuwenden. Zugleich stellen sich lauter politische und militärische Fragen.

Die schwierigste dieser Fragen besteht in der Begrenzung des Einsatzes. Anders als die parallel laufende US-Militäroperation soll die EU-Mission nicht in Jemen selbst zuschlagen, sondern Angriffe auf hoher See und in der Luft abwehren. Das ist eine militärisch nicht unbedingt sinnvolle Einschränkung: Sie lässt die Angreifer als solche intakt beziehungsweise verlässt sich für die Drecksarbeit in Jemen doch wieder bequem auf die schlagkräftigeren US-Amerikaner und Briten.

Zugleich aber reicht das Operationsgebiet der EU-Mission bis in den Persischen Golf, also direkt vor Irans Küste. Das ist eine politisch nicht unbedingt sinnvolle Ausdehnung: Sie baut eine Drohkulisse gegenüber Teheran auf, hinter der sich dann doch wieder nichts verbirgt.

Was also ist Sinn und Zweck dieser Mission? Was leistet sie, was bestehende Einsätze nicht können? „Das strategische Ziel der Eunavfor Aspides besteht darin“, formuliert die EU, „in dem Operationsgebiet eine Marinepräsenz der Union und somit die Freiheit der Schifffahrt sicherzustellen.“ Ist also die Marinepräsenz an sich schon das Ziel? Und gibt es ohne EU-Marinepräsenz keine Freiheit der Schifffahrt? Man verkauft mit solchen Formulierungen die Öffentlichkeit für dumm.

Diese Mission ist eine Abenteuerfahrt ins Ungewisse, zumal sie von keinerlei politischen Konzepten zur Stabilisierung der Anrainerstaaten flankiert wird

Solange das alles so wolkig bleibt, ist diese Mission eine Abenteuerfahrt ins Ungewisse, zumal sie von keinerlei politischen Konzepten zur Stabilisierung der Anrainerstaaten flankiert wird. 2008 richtete die EU schon einmal eine Marinemission in dieser Gegend ein, zum Schutz der Schifffahrt vor Somalias Piraten. Sie ist immer noch da. Jemen, dessen Bürgerkrieg sich mit dem Nahostkonflikt verschränkt hat, ist um ein Vielfaches explosiver.

Man kann nicht auf Dauer den großen Zeh in ein tropisches Gewässer hängen und darauf vertrauen, dass die Haie schon nicht zubeißen. Entweder man taucht richtig ein und kümmert sich um die politische Stabilität – oder man bleibt auf dem sicheren Festland.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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1 Kommentar

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  • Die Soldaten auf dem Schiff dürfen weder Abschussbasen an Land angreifen, noch Schiffe proaktiv stoppen und kontrollieren, noch solche versenken, wenn von ihnen Angriffe ausgehen. Mit anderen Worten, sie dürfen sich beschießen lassen, und dann die Geschosse (hoffentlich) abwehren. Wer denkt sich so eine Mission aus? Wer übernimmt die Verantwortung, falls dann doch ein Geschoss einschlägt und es Opfer gibt?