EU-Lieferkettengesetz wohl geplatzt: Standortnachteil für Deutschland
Wegen der Uneinigkeit der Ampel steht das EU-Lieferkettengesetz auf dem Spiel. Für die deutsche Wirtschaft ist das eine schlechte Nachricht.

E s ist eine schlechte Nachricht für hiesige Firmen, dass die Bundesregierung der geplanten europäischen Lieferkettenrichtlinie nicht zustimmen kann. Einer ihrer drei Parteien, die FDP, verhindert dies. Deshalb hat SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil seine Kompromisssuche erst einmal eingestellt. So wird sich an diesem Freitag bei der Abstimmung in Brüssel zeigen, ob andere Staaten ähnlich handeln – was die Richtlinie zu Fall brächte.
Die EU-Regulierung soll dafür sorgen, dass sich größere europäische und außereuropäische Unternehmen um die Gewährleistung der Menschenrechte bei ihren Zulieferern in aller Welt kümmern. Kommt die Richtlinie nicht, stehen deutsche Firmen mit dem bereits bestehenden hiesigen Lieferkettengesetz alleine da. Sie müssen die nationalen Regeln erfüllen, während ihre Konkurrenten in vielen Ländern nicht dazu verpflichtet sind.
Das wäre ein schwerer Nachteil im Vergleich zu dem, was die FDP vorgeblich erreichen möchte: Offiziell will sie verhindern, dass die Politik die heimischen Firmen mit neuen Auflagen, zusätzlicher Bürokratie, weiteren Berichtspflichten und höheren Kosten quält.
Solche Klagen spiegeln aber in erster Linie die Ablehnung durch den Bundesverband der Deutschen Industrie, den Arbeitgeberverband und ähnliche Organisationen wider. Ihnen geht es um Weltanschauung, nicht um unternehmerische Praxis.
Von modernen Vorständen lernen
Die Sicht der Firmen dagegen ist gemischt. Die einen kritisieren die Richtlinie, die anderen unterstützen sie. Einige ChefInnen haben Angst, dass sie Tausende Zulieferer durchleuchten sollen und für Fehlverhalten haftbar gemacht werden.
Viele Vorstände betrachten schlechte soziale und ökologische Bedingungen in den Zulieferfabriken dagegen als Risiken für das eigene Geschäft, die es auszuschließen gilt. Welches Unternehmen braucht den Stress, der durch Berichte über Landraub, Hungerlöhne oder Umweltkatastrophen bei seinen Lieferanten entsteht?
Moderne Vorstände wissen, dass sie darauf gerne verzichten. Moderne Verbandsfunktionäre und Politiker sollten von ihnen lernen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?