EU-Kommission stimmt für Teersandöl: Bahn frei für Klimakiller
Konzerne sind nicht für den Import von klimaschädlichem Teersandöl haftbar, sagt die EU-Kommission. Jetzt müssen Rat und Parlament entscheiden.
BERLIN taz | Das Thema stand in Brüssel nicht auf der offiziellen Tagesordnung. Dennoch hat die EU-Kommission am Dienstag die umstrittenen Ausführungsbestimmungen zur „Treibstoffqualitätsrichtlinie“ (FQD) verabschiedet, die Importeure von kanadischem Öl aus den extrem klimaschädlichen Teersanden nicht für die Klimawirkung in Haftung nimmt (siehe taz von Montag). Diese Regelung war von Umweltverbänden lange bekämpft worden. Der Vorschlag wird nun dem Europäischen Rat und dem EU-Parlament vorgelegt.
Er ist umstritten, weil er weit hinter einen Vorschlag der EU-Kommission von 2011 zurückfällt. Damals wollte die Kommission die Importeure von Teersandöl, das bei seiner Produktion etwa 25 Prozent mehr Treibhausgase entstehen lässt als normales Mineralöl, für die Klimawirkung haftbar machen. Der größere CO2-Fußabdruck sollte den Ölkonzernen auf ihre Verpflichtung angerechnet werden, ihre Emissionen bis 2020 um 6 Prozent zu senken. Die kanadische Regierung hatte mit einer aufwendigen Lobbykampagne in Brüssel dagegen protestiert.
Unter anderem waren der EU von kanadischer Seite Konsequenzen bei den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen Ceta angedroht worden. Die jetzt verabschiedete Regelung sieht vor, dass Importeure von Öl „keine herkunftsspezifischen Treibhausgaswerte berichten müssen“. Durchschnittswerte pro Treibstoff reichen aus, und es ist nicht möglich, den Import von besonders CO2-intensivem Öl aus Teersanden zu einem einzelnen Ölkonzern zurückzuverfolgen. Das aber wäre nötig, um diese Importe mit der Klimaschutzquote der Konzerne zu verrechnen.
Die EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard begrüßte, dass die Kommission endlich den Vorschlag vorlege. „Es ist kein Geheimnis, dass unser ursprünglicher Vorschlag sich aufgrund des Widerstands einiger Mitgliedstaaten nicht durchsetzen konnte.“ Dennoch unternehme die Kommission „einen erneuten Versuch, um sicherzustellen, dass es künftig eine Methodik und damit auch Anreize gibt, sich gegen stärker verschmutzende Quellen wie Ölsande zu entscheiden“.
Die Umweltschützer von Friends of the Earth waren deutlicher: „Die Kommission hat anerkannt, dass die Teersande extrem verschmutzend sind, lässt aber zu, dass diese Klimakiller von europäischen Ölfirmen ohne jede Sanktion genutzt werden können.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles