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EU-Kommission ignoriert Anti-TTIP-DemoTTIP ist überall

Bei der Bundesregierung und der EU-Kommission gibt man sich gelassen – nach der Devise: ignorieren wir’s mal.

Anti-TTIP-Demo in Berlin: Merkel zündelt noch Foto: dpa

Brüssel/Berlin taz | Wenn so viele BürgerInnen auf die Straße gehen, dann ist das eben so. Warum? Wir leben in einer Demokratie. So nichtssagend lässt sich die Reaktion aus der Wirtschaft und der Berliner und Brüsseler Politik auf eine der größten Protestdemonstrationen in Deutschland der letzten Jahre zusammenfassen.

Zwischen 150.000 und 250.000 Menschen waren am Wochenende durch Berlin gezogen, um ihren Widerstand gegen die Freihandelsabkommen Ceta und TTIP kundzutun.

Im Kanzleramt gibt man sich am Montag betont gelassen: „Es ist das gute Recht der Bürger, gegen das Abkommen zu demonstrieren“, sagte Merkels Sprecher Steffen Seibert auf taz-Anfrage. Und: „Die Kanzlerin hält die Vorbehalte für unbegründet.“

Noch nichtssagender reagiert die EU-Kommission, nämlich gar nicht. Die größte Anti-TTIP-Demo seit Beginn der Verhandlungen ist nicht der Rede wert. Es gibt keine Presseerklärung, keinen Kommentar der Behördensprecher, keinen Auftritt von Handelskommissarin Cecilia Malmström – nichts.

TTIP in Kürze

Wann? Das geplante Abkommen zur Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) geht am 19. Oktober in die elfte Verhandlungsrunde zwischen der EU und den USA. Dabei geht es um ein Kapitel des Vertragstextes, das Handel mit nachhaltiger Entwicklung verbinden soll.

Was? Bisher ging es um Themen wie Investitionsschutz, Lebensmittel, Nachhaltigkeit, Energie und Rohstoffe oder die Standards in der Pharmabranche. Befürworter aus Politik und Wirtschaft hoffen auf Arbeitsplätze und Umsätze, wenn über den Atlantik hinweg Zölle abgebaut und Standards in diesen Bereichen wechselseitig anerkannt werden.

Aber? Kritiker fürchten, das Abkommen führe zum Abbau demokratischer Mitbestimmung und zu schlechteren Umwelt- und Sozialstandards, da es einseitig Konzerninteressen begünstigt.

Brüssel tut so, als sei der Protest eine rein Berliner Angelegenheit. Genau das könnte sich als Fehler herausstellen: Auch in Athen, Amsterdam und Oslo gingen Gegner am Wochenende auf die Straße. „Der Widerstand gegen TTIP und CETA regt sich keineswegs nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern Europas. Die europäische Politik wäre gut beraten, die berechtigte Kritik der Menschen endlich ernst zu nehmen“, sagt foodwatch-Sprecher Martin Rücker.

Das deutsche Stopp-TTIP-Bündnis sieht sich als Teil einer breiten europäischen Bewegung. Von den 3,2 Millionen Unterschriften der europäischen Bürgerinitiative „Stopp TTIP“ wurden eine halbe Million in Großbritannien gesammelt, 360.000 in Frankreich. In den Niederlanden haben Aktivisten gerade ein Referendum gegen TTIP gestartet.

Es ist das gute Recht zu demonstrieren . . . Die Kanzlerin hält die Vorbehalte für unbegründet

Regierungssprecher Seibert

Entwickelt sich nun durch den Protest so viel politischer Druck, dass die Verhandlungen scheitern? „Eine Pressekonferenz, auf der das Ende der Verhandlungen verkündet wird, ist unwahrscheinlich“, glaubt Pia Eberhardt, die sich für die Organisation Corporate Europe Observatory gegen die Freihandelsabkommen einsetzt. Sie hält es für möglich, dass die Verhandlungen einfach kein Ende nehmen. Ähnlich ging es bei den Versuchen der Welthandelsorganisation, die globalen Märkte zu liberalisieren: Seit November 2001 wird bereits diskutiert. Anfangs war der Optimismus groß, ein schnelles Abkommens zu schließen. Doch die Interessen waren zu unterschiedlich.

Proteste treiben den politischen Preis

Jetzt, beim transatlantischen Freihandelsversuch, kommt ein erschwerender Faktor hinzu: Alle reden drüber. „Proteste wie am Wochenende treiben den politischen Preis eines Kompromisses nach oben“, sagt Pia Eberhardt.

Das zeigt momentan das Beispiel Sigmar Gabriel. Der SPD-Wirtschaftsminister steht vor dem Problem, dass ihm wegen seines Pro-TTIP-Kurses die Gewerkschaften abtrünnig werden, die am Wochenende ihre Mitglieder mobilisierten.

Vielleicht zeigt sich deshalb das von SPD-Chef Sigmar Gabriel geführte Wirtschaftsministerium etwa offener. Die Massendemonstration gegen TTIP und Ceta habe gezeigt, „dass das ein wichtiges Thema ist“, sagte ein Sprecher. „Der Minister versteht, dass Leute protestieren.“ Allerdings teile Gabriel die Sorgen „nicht ganz“.

Das Wirtschaftsministerium wolle im Rahmen von TTIP „Standards sicherstellen und Paralleljustiz verhindern“. Gabriel will umstrittene, private Schiedsgerichte nicht zulassen, weil die Konzerne damit hinter verschlossenen Türen Staaten verklagen könnten – etwa wegen zu hoher Umweltstandards. Stattdessen soll es öffentliche Gerichte geben. Das hatte Gabriel am Wochenende erneut in Anzeigen in vielen überregionalen Zeitungen angekündigt – dabei allerdings den unzutreffenden Eindruck erweckt, die USA würden einem derartigen Handelstribunal zustimmen.

USA gegen Handelsgerichtshof

Was mitnichten der Fall ist: Den Vorschlag zur Reform von ISDS haben die Amerikaner schon brüsk abgelehnt. Möglich wäre also, dass sich Bundesregierung und EU-Kommission in eine missliche Lage manövrieren: Sie machen öffentlich Versprechungen wie die eines echten Handelsgerichtshofs, die aber mit den USA nicht umsetzbar sind.

Am Ende müssen Parlamente in Brüssel und den europäischen Hauptstädten TTIP zustimmen, was schwer wird, wenn bereits versprochene ökologische und soziale Standards nicht eingehalten werden.

Allerdings liegt hier der Teufel im Detail. Ab dieser Woche verhandeln EU und USA das Kapitel „nachhaltige Entwicklung“, in dem soziale und Arbeitnehmerrechte festgeschrieben werden sollen. Ein erster Entwurf der Vorstellungen der EU liegt der taz vor. Unter anderem geht es darin, dass beide Parteien internationale Arbeitsrechte einhalten sollen, um sich nicht durch Sozialdumping Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Allerdings sind sämtliche Vorgaben nicht verbindlich. Selbst wenn die USA die Normen zustimmen sollten: einklagbar wären sie nicht – die Rechte der Konzerne schon.

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24 Kommentare

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  • "Ignorieren wir es mal". Mag sein, man dient ja auch nicht dem Interesse der Bevölkerung sondern verhandelt hier Interessen der Konzerne.

     

    Die Proteste zu ignorieren ist ein großer Fehler.

  • Rechnerisch waren auf der TTIP-Demo wesentlich weniger Rechte als in der Normalbevölkerung!

    Maximal 1 Promille nämlich

  • So, die Kanzlerin bleibt gelassen und hält die Vorbehalte für unbegründet? Aber was haben denn die Demonstranten anderes erwartet? Das wusste bereits Mahatma Gandhi, dass Angela Merkel so reagieren wird. Matatma Gandhi hatte sich einst so geäussert: "Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpften sie dich und am Schluss gewinnst du". Diese Proteste haben für die meisten Menschen dieses Thema zum ersten Mal in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Das heisst aber noch lange nicht, dass diese Menschen sich nun auch darüber informieren würden. Wieviele Prozent des Deutschen Wahlvolks sind denn die offiziell 150'000 Demonstranten? Aha, tatsächlich kein Grund zur Sorge für die Kanzlerin. Zudem sind ja die vorgebrachten Vorbehalte unbegründet. Resultate, oder gar einen politischen Richtungswechsel können in der Politik nur mit langandauernder Hartnäckigkeit erreicht werden. Gegen den Vietnamkrieg wurde weltweit mehr als fünf Jahre lang demonstriert, bis der Druck auf die USA zu gross wurde und sie sich ab 1973 aus Vietnam zurückziehen mussten. Der Vietnamkrieg wurde an der Heimfront verloren. Ich gehe davon aus, dass die Bewegung gegen die Abkommen TTIP, TISA und CETA wachsen und auch diese notwendige Hartnäckligkeit aufweisen wird. Trotzdem kann Angela Merkel ganz locker mit ihrer verhängnisvollen Politik weitermachen. Die Abkommen werden noch in diesem Jahr unterzeichnet und den Gegnern steht die Zeit für einen langen und hartnäckigen Kampf gegen den Ausverkauf unserer Bürgerechte und der Eigenständigkeit Deutschlands und der EU gar nicht zur Verfügung.

    • @Ernst Dittmar:

      Man kann sich doch die Ergebnisse der existierenden Freihandelsabkommen anschauen. Aber die Realitaet analysieren? Scheint verboten zu sein. Deutschland ist Exportland und profitiert daher von solch einem Abkommen. Die Exporte in die USA wuerden jährlich um mehrere Milliarden Euro steigen. Jetzt werden 5% Zoll bezahlt. Zudem waere mehr Zugang zu öffentlichen Aufträgen. Wieso jetzt die Standards in den USA so schlecht sein sollen? Siehe VW-Affaere. Die ganzen TTIP-Unterlagen sind doch im Internet veroeffentlicht. Aber keiner liest sie.

      • @Gabriel Renoir:

        @Gabriel Renoir Das ist ja das Perfide an den Abkommen TTIP, TISA und CETA. Entweder lehnen alle Länder zusammen die Abkommen ab, oder alle nehmen sie an. Die Regeln sind so aufgesetzt, dass es sich ein einzelnes Land nicht leisten kann, abseits zu stehen. Wir haben nur die Wahl, entwerder unsere Freiheit und politischen Rechte zu verlieren, oder unsere Handelspartner aufzugeben. Egal, wie wir uns entscheiden, die Völker sind die Verlierer und eininge Grossinverstoren und Grosskonzerne die Gewinner. Selbst die Befürworter mussten zugeben, dass die drei Abkommen das Wirtschaftswachstum nur minimal stimulieren, 0.5% in zehn Jahren. Es geht bei diesen "Freihandelsabkommen" auch nicht um Freihandel, sondern um die Vormachtstellung von ausländischen Investoren und Grosskonzernen. Diese kleinste Gruppe Superreicher soll die Kontrolle über die angeschlossenen Staaten erhalten. Das ist eine ganz einfache Neoliberale Revolution und hat mit Freihandel nichts, aber auch gar nichts zu tun. Sie erwähnen den Fall VW: Dieser Fall hat mit Standards nichts zu tun. Das war schlicht und einfach bewusster und gemeiner Betrug, eine ganz simple kriminelle Handlung.

  • Das rechte Gruppierungen auch daran Teilnahmen, wie auch 230.000 ander BürgerInnen würde in der Süddeutschen Zeitung und im Spiegel voll ausgeschlachtet!

    Dabei ging dann sogar die Hauptbotschaft verloren.

    Mein Dank geht eher an die Medien die nicht nur über die 100 Rechten berichteten.

    Den darauf waren die gleichgeschalteten Medien meist eingeschworen- nicht berichten oder sich auf die rechten Hanseln in der Demo stürzen.

    Wie wäre es wenn wir unsere empörung aber lieber dorthin schicken wo sie vollendenden ignoriert wird?

    Ich für mein Teil kann jetzt nur noch Linke oder Piraten wählen- alle anderen Parteien sind unwählbar geworden.

    Ansonsten kann ich mich nur wiederholen:

    Dann lest mal, das was die Süddeutsche Zeitung für ein "Müll" über die Demo geschrieben hat!

    Der Artikel dort steht dem des Spiegels in nichts nach!

    Eine Ganzseite TTIP/CETA Werbung von Gabriel stand dann auch gleich noch in der selben Ausgabe!

    Wie gut das wir ein freies Internet haben!

    Welches die da oben schon öfters einschränken wollten.

    Ich werde bei der nächsten Wahl Piraten oder Linke wählen, alle andere Parteien sind einfach unwählbar geworden.

     

    Die Arbeiten gerade unsere Demokratischen,- Verbraucher und Umweltstandarts ab.

     

    Ich kann gar nicht in Worte fassen, wer mich mehr aneckelt: Gabriel oder Merkel!

     

    Oder die gleichgeschaltete Medienlandschaft in Deutschland!

  • Wer nach nunmehr 17 Jahren eindeutig neoliberaler Linie der SPD mit Tendenz zur inhaltlichen Verschmelzung mit den CDU/CSU/FDP-Positionen noch an eine Rückkehr der SPD zu irgendwelchen "sozialen Wurzeln" glaubt, ist ein hoffnungsloser Fall.

     

    Ob die Grünen noch die Kurve kriegen, steht auch auf der Kippe, denn nicht überall ist BaWü oder Hessen und auch wenn Die Linke als Dalit gehandelt wird, so kann sie immerhin noch erfolgreich die Regierungsexistenz der Grünen und damit auch die Karrieren derjenigen, die nicht auf der Parteiebene von Frau Göring-Eckardt stehen, behindern.

  • „Zwischen 150.000 und 250.000 Menschen waren am Wochenende durch Berlin gezogen, um ihren Widerstand gegen die Freihandelsabkommen Ceta und TTIP kundzutun“

     

    Schön, aber aus dieser Zahl geht nicht hervor, aus welchen Kreisen diese Demonstranten kamen. Jedenfalls nicht nur aus Gewerkschaften und Sozialverbänden.

     

    Leider war das Motto so gewählt, dass sich auch Leute vom rechten Rand der Gesellschaft damit identifizieren konnten – und die kamen auch! In diesen Kreisen wird seit jeher von einer „zionistisch-amerikanischen Weltregierung“ gefaselt, von der angeblich auch die deutsche Regierung ihre „Befehle“ erhält.

     

    Von den Mainstream-Medien (und leider auch von der TAZ) wurde das ignoriert. Lediglich das SAT.1-Frühstücksfernsehen erlaubte sich einen Kameraschwenk auf eine solche Gruppe, wie sie, unbehelligt von den anderen Demonstranten, ihre Spruchbänder entrollten. Ihr Outfit war unverkennbar, nur die Springerstiefel hatten sie diesmal zu Hause gelassen.

     

    Warum wird sowas ignoriert? Heißt es nicht zu Recht: „Wehret den Anfängen“?!

    • @Pfanni:

      Na, dann schnell aufhören zu demonstrieren. Oder Rechte aus der Demo prügeln, wo immer wir sie auch nur vermuten. Super Logik und: Thema verfehlt. Es geht um TTIP, die Demo dagegen und die politische Reaktion darauf. Es geht nicht um die Banalität, dass in jeder Demo auch Idioten unterwegs sind. Die nerven halt.

    • @Pfanni:

      Bei einer Demonstration zählt in erster Linie, wer dazu aufgerufen hat und nicht wessen angebliche Teilnahme mit vielen Konjunktivbegriffen garniert, sonst noch kolportiert wird.

       

      Wer weiß denn, dass dort keine Gewerkschaftsmitlieder, sondern Rechte aufmarschierten? Gab es Kontrollen???

       

      Wir wissen alle, dass es ein paar verirrte Verschwörungstheoretiker gibt, die in ihrem wirren Weltbild leider Schnittpunkte zu Positionen finden, die auch andere zu Recht teilen. Deswegen gleich 250.000 Menschen Antiamerikanismus und Antisemitismus zu unterstellen, ist einmal mehr platte Propaganda, die bezeichnenderweise auch nur vom Privatfernsehen aufgegriffen wurde, zumal die komplette SAT1-Chefetage Mitglied der Atlantikbrücke ist.

  • "...ignorieren wirs mal..."

     

    Was wurde erwartet? Dass die EU-Standards für andere Länder eingehalten werden, und die Regierung zurücktritt? Oder dass sie den Demonstranten zugesteht, mit der Waffe in der Hand gegen TTIP vorzugehen. Ab 50.000 Demonstranten darf man das doch. Oder?

     

    Aber mal im Ernst. Die Regierungen werden versuchen, weiter Nebelwolken auszustoßen, um ein Abkommen durchzusetzen, dass außer ein paar Großkonzernen niemand braucht. Und die Gerichte werden auch kommen, obwohl der angebliche Zweck, ungerechtfertigte Benachteiligung von Investoren, schon längst ausreichend durch nationales Recht erfüllt ist.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Handelt es sich hier nicht womögloich um einen Verstoss gegen die EU Menschrenrechtscharta ?

      EU Charta: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2007:303:0017:0035:DE:PDF

      Auch andere EU Paragrafen wären ggf zu prüfen.

       

      Die EU Kommission wird wie üblich alles abstreiten.

       

      Aber, exakt aus diesem Grund wurde der Fall von Max Schrems (Safe Harbor) vom irischen Gericht an der EU Gerichtshof nach Luxemburg verwiesen um die auslegung der Grundrechte genauer zu definieren.

      Hier nächeres (die ersten 32 Minuten): http://logbuch-netzpolitik.de/lnp155-frivole-rechtsmeinung#t=00:00

       

      In Luxemburg hat die EU Kommission einen heftigen Schuss vor den Bug erhalten. Jetzt tun die aber so als wären die schon immer gegen die Datenspionage gewesen. Aber: Es war die EU Kommission die Safe Harbor mit den USA vereinbart hat.

       

      Wollen wir hoffen dass Campact, TI, Mehr Demokratie diese Frage aufgreifen.

  • Danke, taz, dass die Anti-TTIP-Demonstration mit nahezu einer Viertelmillion Teilnehmern wenigstens bei Ihnen nicht ganz so sang- und klanglos untergegangen ist wie beim Gros der Medienlandschaft - man könnte fast meinen, dass die breit aufgestellte Phalanx der TTIP-Lobbyisten hinter dem Terroranschalg in Ankara steckt, der das Thema so "punktgenau" in den Hintergrund gedrängt hat.

     

    Jetzt wäre es verdienstvoll, die Gabrielschen "ganzseitigen Zeitungsanzeigen" pro TTIP inhaltlich vorzuführen (ich glaube kaum, dass da konkrete, faktengestützte Argumente zu finden sind) und insbesondere die Kosten zu Lasten des Steuerzahlers zu recherchieren. Denn es geht dabei um eine staatlich finanzierte Propagandaaktion - auch wenn die Regierung selbstverständlich behaupten wird, mit dem substanzlosen Geschwafel "politische Aufklärung" zu betreiben.

    • @Bitbändiger:

      Tät die taz dat, wär dat in der Tat toll! Und nötig.

  • Soso: Der Regierungs-Seiberer und unterwürfigster Merkel-Lakai meint, daß die "Vorwürfe (der Demonstranten und Gegner der Freihandelsabkommen) unbegründet sind."

     

    Welch ein Schwachsinn und totale Verhöhnung der berechtigten Bürgeranliegen! Es ist bis ins Kleinste dokumentiert worden, welche Katastrophe die Einführung der Freihandelsabkommen für den Bestand der Demokratie, für Verbraucherschutz, für den Erhalt von ökologischen Prinzipien, für Selbstbestimmung und Freiheit vom Zwang des Kommerz bedeutet.

     

    Aber der Soufleur von Merkel, Gabriel und des Lobbyismus, seines Zeichens abgewrackter Journalist, Steffen Seibert, macht sich im Groko-Kasperle-Theater verdient und verdient sein Geld als Sprechpuppe des elitären Systems. Schande über ihn und seine Auftraggeber!

  • Viele Politiker aber leider auch Journalisten sind nicht direkt korrupt aber korrumpiert. Wenn man sich die Mitgliedslisten von deutsch-amerikanischen Vereinigungen wie beispielsweise die Atlantik-Brücke anschaut wird einem das deutlich. Politiker und Journalisten werden vom Studium weg dort ideologisch in die "richtige" Richtung erzogen. Wer mitmacht hat blendende Karriereaussichten. Siehe auch den Wikipedia Artikel zur Atlantik Brücke. Da erstaunt es dann wenig, warum das gesamte rechte Establishment (da zähle ich SPD und rechter Grünen-Flügel dazu) alternativlos TTIP das Wort redet. Das Problem ist dabei, dass auch viele Journalisten in diesen Verinigungen Mitglied sind und unabhängige Berichterstattung über TTIP gar nicht in ihrem Sinne ist, weil sie die eigenen Karrierechancen schmälern würde.

  • 6G
    64984 (Profil gelöscht)

    Ja, ich fände das auch superwichtig und vor allem superinteressant, wenn man a mal etwas mehr über die Hintergründe und Beweggründe erfahren würde statt immer nur: "Der hat gesagt.. und die hat gesagt..."

    Ich glaube, dass es Politikern von CDU, SPD, teilweise auch Grünen in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass die Wirtschaft laufen muss, weil sie sonst nicht mehr gewählt werden und deshalb sind sie verzweifelt auf der Suche nach Wachstum, weil keiner der Politiker weiß, wie Wirtschaft ohne Wachstum funktionieren soll. Und da es in westlichen Nationen immer schwieriger ist, Wachstum zu generieren, greifen sie nach jedem Strohhalm.

    Zweitens glauben Sie das, was die Leute ihnen erzählen, mit denen sie am häufigsten sprechen. Insbesondere bei Gabriel merkt man, dass er, seitdem er Wirtschaftsminister ist, immer häufiger das nachplappert, was Wirtschaftsbosse sonst auch erzählen (z.B. Strom muss "bezahlbar" bleiben). Und ja, ich denke, da fehlt ihnen der Durch- und Weitblick und die Intelligenz, um zu erkennen, wie sie da missbraucht werden und dass man ihnen bestenfalls die halbe Wahrheit, oft aber einfach platte Lügen erzählt.

    Bei Merkel habe ich den Eindruck, dass sie die USA bewundert und für die Guten hält (vielleicht noch aus Ihrer Zeit in der DDR). Ein einziges Mal sagte sie "Das geht gar nicht", aber als die USA dann zu keinem NoSpy-Abommen bereit war, hat sie auch das klaglos akzeptiert.

    Bei vielen in der zweiten Reihe (also z.B. Minister) glaube ich, dass die Hoffnung, irgendwann einen gut bezahlten Job in der Wirtschaft zu bekommen, in Gedanken mitschwingt und sie deshalb davor zurückschrecken, Dinge zu tun, mit denen sie sich diesen Weg verbauen. Das ist noch keine Korruption, aber fast noch wirkungsvoller.

    So könnte man wahrscheinlich über jeden einzelnen Politiker ein Motivationsprofil erstellen, warum er wie handelt. Ich fände das super interessant, so etwas in Medien zu lesen. Wär toll, wenn die taz da mal was machen würde.

    • @64984 (Profil gelöscht):

      Vielen Dank für die tolle, differenzierte Antwort!

  • Ich weiß nicht, ob es noch politisch informierte Menschen gibt, die SPD wählen...

  • Was ich mich schon seit Langem frage: Warum machen Politiker so etwas mit - zumal TTIP und CETA, so wie sich die Situation darstellt, eine weitgehende Entmachtung der Regierenden bedeuten würde? Folgende Erklärungsansätze habe ich:

     

    1) fehlender Durch- und Weitblick

    1 a) Vermeintlichem Wirtschaftswachstum wird alles andere untergeordnet

    2) Korruption (mittels Geld oder In-Aussicht-Stellen von Posten in der Wirtschaft)

    3) persönliche Verfehlungen, auf die möglicherweise dank Datenkraken zurückgegriffen werden kann und die man nicht in der Öffentlichkeit ausdiskutiert haben möchte - mit anderen Worten: Man hat die Politiker in der Hand

     

    Meines Erachtens hat noch kein Medium sich dieser wichtigen Frage gewidmet. Wäre das nicht etwas für die taz?

    • 6G
      64984 (Profil gelöscht)
      @Christina de Havilland :

      Und noch eine Beobachtung. Damals bei der Finanzkrise habe ich mal ein Interview mit Schäuble gesehen, wo er sich ziemlich unwirsch darüber beklagt hat, dass die Banken ihm in den Jahren vorher Quatsch erzählt haben. Und dann haben Merkel und Schäuble immer von der Verantwortung gesprochen, die Bandenvorstände und Unternehmensvorstände habe und appellierten sozusagen an deren Gewissen. Da habe ich verstanden, dass Merkel, Schäuble und andere Politiker etwas ganz Grundsätzliches nicht verstehen: Sie glauben, dass weil Unternehmenslenker und Bankvorstände etc. wie Menschen aussehen, sich wie Menschen anhören, sogar nett sind, dass sie dann auch wie Menschen handeln, basierend auf einem Gewissen, einer Ethik etc. Aber Leute in dieser Position handeln nicht als Menschen, sondern als Ausführende der Aktiengesellschaft. Und eine Aktiengesellschaft hat kein Gewissen, keine Ethik, keine Moral. Sie hat nur ein Ziel: Profit. Und das ist sogar im Gesetz verankert. Und die Bosse haben in 20, 30 Jahren Karriere gelernt, dass wenn sie sich diesem Ziel nicht absolut, mit Haut und Haaren unterordnen, sie sofort entfernt werden und ersetzt durch jemanden, der dies tut. Ja, selbst wenn sie die Gesetze nicht bis zum äußersten strapazieren oder sogar überschreiten und sich dadurch Gewinn entgehen lassen, laufen sie Gefahr, durch jemanden ersetzt zu werden, der mehr Gewinn erreicht. Dies haben Merkel, Schäuble und wahrscheinlich kaum ein Politiker verstanden, die dauernd mit diesen Personen reden. Sie halten sie für nette, verantwortungsvolle, gesetzestreue Menschen, obwohl sie i.w. nur das menschliche Gesicht einer unmenschlichen Aktiengesellschaft sind.

  • Hat eigentlich jemand die SPD-Basis auf der Demo gesehen? Außer ein paar Jusos ist mir niemand aufgefallen. Nun ja, die Angst vor Gabriel und einem abrupten Karriereende ist groß ...

    • 6G
      64984 (Profil gelöscht)
      @Christina de Havilland :

      Nein, ich habe auch niemanden gesehen. Auch kein SPD-Plakat. Nur Gesine Schwan, aber auch die nur gehört und nicht gesehen.

      Ich fand es auch ziemlich peinlich für die SPD, dass sich keiner dort hin getraut hat. Das wird denen noch übel auf die Füsse fallen, wenn die merken, wieviele Ihrer potentiellen Wähler keine Partei wählen, die TTIP und CETA unterstützt und dass die meisten der Wähler, die für TTIP sind, nicht die SPD wählen. Das wird nach der Agenda 21 der 2. Riesenfehler sein, den die begehen und sie über 10-20 Jahre verfolgen wird.

      • @64984 (Profil gelöscht):

        Ich weiß zufällig. dass der rührige CETA und TTIP Gegner Dietmar Köster (MdEP und Mitglied im Landesvorstand der NRW SPD) trotz Rüge aus dem Willy Brand Haus einen Bus organsiert hat der vom Ruhrpott kommend über Münster SPD Mitglieder zur Demo eingesammelt hat.

         

        Zuvor hat er etliche SPD Ortsvereine abgeklappert und über die Brisanz vor allem auch der CETA Verhandlungen referiert.

         

        Der Bus war dann auch voll...