EU-Innenministertreffen in Innsbruck: Salvini macht zu – und die EU?
Selbst staatliche Rettungsschiffe will Salvini nicht mehr in Italiens Häfen lassen. Das wird beim Treffen der EU-Innenminister für Zündstoff sorgen.
Doch um wen geht es dabei genau? Seit Anfang 2016 hat die italienische Rettungsleitstelle MRCC Schiffe mit insgesamt 301.491 aus Seenot Geretteten nach Italien beordert. Ein Drittel davon waren an Bord privater NGO-Schiffe. Die sind derzeit teils auf Malta festgesetzt. Bei neuen Einsätzen müssten sie wohl darauf hoffen, von Ländern wie Spanien aufgenommen zu werden. Nach Italien dürfen sie nicht mehr. Einem erneuten Martyrium in Libyen wollen die NGOs niemanden aussetzen.
Dann gibt es die privaten Handelsschiffe. Sie brachten seit 2016 etwa 25.000 Gerettete nach Italien, nachdem sie von der MRCC zu Unglücksstellen beordert worden waren. Neuerdings weist das Land aber Handelsschiffe an, vor Ort zu warten, bis die von Italien alarmierte libysche Küstenwache ihnen die Menschen abnimmt.
So geschah es am Dienstag mit einem Handelsschiff, dass vor der libyschen Küste 66 Migranten an Bord aufgenommen hatte. Dem Schiff war die Einfahrt in italienische Häfen verboten worden. Allerdings nahm die Küstenwache des Landes ihm am Ende die Menschen ab. Das dürfte in Zukunft kaum jedes Mal passieren.
Übergabe an die Libyer auf hoher See
Ein weiteres Drittel (106.000 Menschen) der seit 2016 Geretteten ist von Schiffen der italienischen Küstenwache, Polizei, Marine oder Guardia di Finanza nach Italien gebracht worden. Die dürften auf Anweisung Salvinis künftig versuchen, die Menschen noch auf See an die Libyer zu übergeben.
Der italienische Innenminister Matteo Salvini hat einem Schiff der italienischen Küstenwache mit Flüchtlingen an Bord das Anlegen in Italien verwehrt. Der stellvertretende Regierungschef und Parteivorsitzende der fremdenfeindlichen Lega forderte am Mittwoch „Garantien“, bevor die „Diciotti“ mit 67 Flüchtlingen an Bord einlaufen dürfe. Medienberichten zufolge hat das Schiff nun aber die Erlaubnis, Donnerstagmorgen den Hafen im sizilianischen Trapani anzulaufen.
Kompliziert wird es bei den Rettungsschiffen internationaler Missionen. Derer gibt es aktuell drei: Die Frontex-Mission Themis, die seit 2016 rund 28.000 Menschen nach Italien brachte; die NATO-Mission Sea Guardian 8.900 Menschen und die militärische EU-Antischleppermission Eunavfor Med. An ihr sind 28 Länder beteiligt, darunter Italien. Auch die Bundeswehr hat hier Schiffe im Einsatz. Eunavfor Med brachte seit 2016 insgesamt 35.238 Menschen in italienische Häfen.
Wie die Missionen damit umgehen sollen, wenn Italiens Rettungsleitstelle nun verweigert, dass Menschen nach Italien gebracht werden, ist völlig unklar. „Bisher hat sich an unserem Einsatzbefehl nichts geändert“, heißt es dazu im Einsatzführungskommando der Bundeswehr knapp. Doch das wird nicht so bleiben. Europäische Militärschiffe dürfen nicht in libysche Gewässer einfahren. Und es ist nicht ohne weiteres möglich, dass die Bundeswehr Schiffbrüchige einfach auf Hoher See an die Libyer übergibt, wie Salvini es gerne sähe. Libyen ist kein EU-Staat und auch nicht sicher. Schiffbrüchige, die angeben, einen Asylantrag stellen zu wollen, dürfen nicht einfach dorthin gebracht werden.
Auch bei der UN-Migrationsorganisation IOM ist man ratlos, welche Folgen Italiens Vorstoß haben könnte. „Keine Ahnung“, sagen Offizielle auf die Frage, welche Folgen ein italienisches Einfahrverbot hätte. Eine Odyssee wie sie die privaten Rettungsschiffe „Lifeline“ und „Aquaris“ über sich ergehen lassen mussten, würde die Bundesregierung deutschen Marineschiffen kaum zumuten. Auf diplomatischer Ebene könnten die Italiener versuchen den Konflikt zu entschärfen, indem das MRCC keine europäischen Schiffe mehr zu Unglücksort kommandiert – sondern nur noch libysche.
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