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EU-Initiative startetBürger sollen Glyphosat stoppen

Umweltgruppen starten eine europäische Bürgerinitiative für ein Verbot des Pestizids. Ende 2017 wird erneut über die Zulassung entschieden werden.

Gift für Mensch und Umwelt: Viele Landwirte setzen auf Glyphosat Foto: dpa

Berlin taz | Nachdem sich die EU-Politik letztes Jahr nicht auf ein Verbot des Pestizids Glyphosat einigen konnte, sollen jetzt die Bürger Europas aktiv werden. Begleitet von Protestaktionen in mehreren Metropolen starteten Nichtregierungsorganisationen am Mittwoch eine Europäische Bürgerinitiative mit dem Ziel, Glyphosat in der EU zu verbieten.

Der Wirkstoff ist das weltweit am häufigsten eingesetzte Pflanzengift. Es ist ein sogenanntes Breitbandherbizid, das heißt, es vernichtet alle Pflanzen, die nicht gentechnisch an Glyphosat angepasst sind. In Deutschland wird das Mittel vor allem im Getreideanbau, beim Anbau von Hülsenfrüchten und im Gartenbau angewendet.

Um erfolgreich zu sein, muss die Bürgerinitiative innerhalb eines Jahres EU-weit auf eine Million Unterschriften aus mindestens sieben EU-Staaten kommen. Getragen wird die Initiative von einem breiten Bündnis europäischer Umwelt- und Naturschutzorganisationen. Die Initiatoren sind überzeugt, dass Glyphosat das Ökosystem schädigt. „Glyphosat tötet alles Grün auf dem Acker und zerstört die Nahrungspflanzen von Schmetterlingen, Bienen und Vögeln“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

Auch für den Menschen sei Glyphosat gefährlich. Tatsächlich hat die internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation Glyphosat im Jahr 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Andere, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung, halten die Glyphosat-Belastung dagegen für ungefährlich. Die beim Menschen nachgewiesene Konzentration liege deutlich unter dem gesundheitlich bedenklichem Bereich, so das Institut im Juli 2013.

Für Klarheit soll nun ein Gutachten der Europäischen Chemieagentur sorgen. Bis dieses vorliegt, hat die EU-Kommission die Mitte 2016 ausgelaufene Zulassung von Glyphosat zunächst bis Ende 2017 verlängert. Die ursprünglich geplante Verlängerung um 15 Jahre scheitert am Widerstand einiger Mitgliedsstaaten. Da sich jedoch auch für ein Verbot keine Mehrheit finden ließ – Deutschland enthielt sich bei der Abstimmung wegen Uneinigkeit zwischen Union und SPD –, fiel die Entscheidungshoheit an die Kommission zurück.

Diese muss nun Ende 2017 einen neuen Vorschlag für den Umgang mit Glyphosat vorlegen. Sollte die Bürgerinitiative bis dahin erfolgreich sein, würde sich der Druck auf die Kommission zumindest erhöhen. Rechtlich bindend wäre sie freilich nicht.

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8 Kommentare

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  • Man sollte sich bei dem Thema auch immer eines klar machen: Die Zulassung beruht immer auf entsprechenden Gutachten von "Gutachtern" und auf Empfehlungen von "Kommissionen", etc....

    Diese "Gutachter" aber sind oft nicht neutral und "nur" dem Gemeinwohl verpfichtet, sondern oft genug mit der Industrie verbandelt. Ebenso Mitglieder der Kommissionen, etc.

    DAS muss ebenfalls thematisiert werden bei jeder Gelegenheit und dagegen muss - ebenfalls - öffentlicher Protest organisiert werden. Egal ob es sich um Pesitzide, Arzneimittel, oder was auch immer handelt. Das Kernproblem ist immer dasselbe.

    • @Georg Dallmann:

      Natürlich hat jeder Gutachter aufgrund seines Vorlebens und seines aktuellen Auftraggebers eine z.T. unbewußte Voreingenommenheit, auch derjenige, der von NGOs beauftragt wurde, die aus Selbsterhaltungstriebe (um ihre Existenz und Spenden zu rechtfertigen) immer Probleme finden müssen.

  • Wenn Glyphosat verboten wird, dann werden die meisten Bauern andere, weniger gut erforschte Herbizide mit meist größerem Schadenspotenzial verwenden oder den Boden mehr mechanisch bearbeiten mit Schädigung der wichtigen Bodenlebewesen und mehr Erosion.

  • Gibt es dafür auch schon eine Seite, auf der die aktuellen Zahlen der Unterzeichnenden dokumentiert sind?

  • Hier direkt unterschreiben: https://sign.stopglyphosate.org/?lang=de

  • Hinter der Spritze ist sehr gut der Spritzschleier zu erkennen ,der den Wirkstoff und seine Applikationen über die Zielfläche hinaus verteilt durch Wind und Temperatur.

    • @Jandebuur:

      Na ja, besonders aktuell scheint das Bild nicht zu sein. Ein mit solchen "Nebeldüsen" bestücktes Gerät käme wohl heute nicht mehr durch den Spritzentüv. Mit modernen Düsen hat man keine Nebelbildung mehr und mit speziellen Außendüsen lässt sich abdriftfrei auf 20 cm genau an den Feldrändern arbeiten.

       

      Es gibt eine sehr große Motivation möglichst den ganzen Wirkstoff an die Pflanze und nicht auf das Nebenfeld zu verbringen: der sehr hohe Preis der meisten "Pflanzenschutzmittel".

       

      OK, Glyphosat ist allerdings nicht gerade hochpreisig.

      Also zum Thema: Ich finde es gut wenn eine Öffentlichkeit aufgebaut wird um Druck zu machen entgegen von Konzern- und allgemeinen Interessen der konv. Landwirtschaft zu einer genauen Risikodiagnose und Abwägung zu kommen.

       

      Ob Glyphosat aber verboten oder mit mehr oder weniger starken Anwendungseinschränkungen weiter zugelassen wird darf aber letztlich nur eine Fakten- und keine Mehrheitsentscheidung sein.

       

      Eine Landwirtschaft ohne Glyphosat ist möglich, die Biobetriebe brauchen es eh nicht und alle konventionellen Betriebe mit mindestens dreigliedrigen Fruchtfolgen welche Pflügen brauchen es auch nicht.

       

      Inzwischen arbeitet aber eine Mehrheit der Betriebe, auch mit guten Gründen z.B. einer erheblichen Kraftstoffersparnis (über 1/3!), pfluglos und sind damit zwingend auf ein Totalherbizid angewiesen.

       

      Davon kann man natürlich eine Entscheidung nicht abhängig machen.

      Ich glaube aber nicht, dass diese Betriebe nach einem Verbot wieder komplett zum Pflügen übergehen. Sie werden wohl eher auf andere Totalherbizide ausweichen und da muss dann auch wieder genau hinschauen.

      • @Waage69:

        Fruchtfolge und Mechanische techniken sind noch lange nicht ausgereizt.

        -für intellegente wendende Bodenbearbeitung gibt es neue Untersuchungen zum Diesel sparen.

        - Im Zeitalter einer Fülle von einschlägig veröffentlichen Auftragsgutachten werden aus Fakten leider oft Ermessensangelegenheiten

        -es ist praktisch unmöglich den Wirkstoff ins Zielgebiet und an die Zielpflanze zu bekommen, sodaß der Wirkstoff nur von der Planze bzw. Zielorganismus aufgenommen wird

        -Diese Schleierbildung kann jeder auch heute im Gegenlicht regelmäßig beobachten.

        - die Abdrift"mindernden" Düsen haben andere Nachteile , wenn sie denn eingesetzt werden

        - Lieber Kollege,Sie wollen mir doch nicht ernsthaft weismachen ,daß der Wirkstoff nur die Pflanze, zum Beispiel bei der üblichen Quekenbekämpfung trifft. Das Meiste landet auf dem Boden und nicht auf der Pflanze