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EU-Gipfel zur EnergiekriseScholz bremst bei Gaspreisdeckel

Deutschland verhindert beim EU-Gipfel ein dauerhaftes Preislimit. Die EU-Staaten wollen gemeinsam Gas kaufen, damit es günstiger wird.

Überschaubar: vier Gasfelder auf einem Herd Foto: Lino Mirgeler/dpa

Berlin taz | Die 27 EU-Staaten haben sich auf ein Programm zur Senkung der exorbitanten Gas- und Strompreise geeinigt. Um Energie in Europa wieder erschwinglich zu machen, wollen sie künftig gemeinsam Gas einkaufen – allerdings nur freiwillig und auch nur 15 Prozent des Speicherbedarfs. Außerdem planen sie einen Gaspreisdeckel „light“. Er soll allerdings nur in Notfällen aktiviert werden.

Frankreich und ein Dutzend weitere EU-Staaten hatten ein dauerhaftes Preislimit gefordert. Sie konnten sich jedoch nicht gegen Deutschland durchsetzen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich gegen einen „politisch gesetzten Preisdeckel“ aus und warnte vor Versorgungsengpässen. Wenn der Preis zu niedrig wäre, könnten Tanker mit Flüssiggas einen großen Bogen um Europa machen.

Zehn Stunden lang redeten sich die Chefs beim Gipfel in Brüssel die Köpfe heiß, bevor sie den vagen Kompromiss schlossen. Demnach wollen sie einen „befristeten dynamischen Preiskorridor für Erdgasgeschäfte“ schaffen. Der Gaspreis würde dabei nur zeitweise gedeckelt und flexibel an die Entwicklung am Weltmarkt angepasst. Wie das funktionieren soll, blieb allerdings unklar.

Die Lösung sollen nun die Energieminister bei ihrem nächsten Treffen am kommenden Dienstag finden. Einfach wird das nicht, denn der Teufel steckt im Detail. Außerdem suchen die Minister schon seit einem Jahr geeignete Maßnahmen gegen die Gaspreiskrise – bisher ohne großen Erfolg.

Schwierige Details noch offen

Belgiens Premier Alexander De Croo sprach dennoch von einem Erfolg. Die Energieminister würden Neuland betreten, die Umsetzung werde nicht leicht. Dennoch könnten die Details „in zwei bis drei Wochen“ ausgearbeitet werden. Ähnlich äußerte sich Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. Die wichtigsten Ziele seien erreicht worden: „Wir bleiben geeint, und wir senken den Gaspreis.“

Vorsichtiger äußerte sich Scholz. Der Kompromiss sei sinnvoll, jedoch nicht leicht umsetzbar. Man müsse noch an schwierigen Details arbeiten, bevor die Maßnahmen wirkten. Immerhin kann er es als Erfolg verbuchen, dass der feste Gaspreisdeckel vom Tisch ist. Eine Niederlage erlitt der Kanzler dagegen bei der Erschließung neuer Gasfelder. Ein Änderungsantrag dazu, den Scholz in letzter Minute eingebracht hatte, wurde abgelehnt.

Auch die von Scholz geforderte Midcat-Gaspipeline ist vom Tisch. Die Regierungen von Spanien, Frankreich und Portugal einigten sich überraschend auf den Bau einer dritten Pipeline von Barcelona nach Marseille. Der neue „grüne Energie-Korridor“ lässt Deutschland außen vor.

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4 Kommentare

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  • "Wenn der Preis zu niedrig wäre, könnten Tanker mit Flüssiggas einen großen Bogen um Europa machen. ..."

    Soso. Mal wieder die Menschen für dumm verkaufen, ja ?

    Geld stinkt nicht !



    Und da bei Gas keine echte Knappheit vorherrscht muss der Markt das Gas loswerden.



    Und Asien, Australien oder werden kaum ihren Verbrauch ver-x-fachen weil die Gasmultis um Europa einen Bogen machen wollen.

    Klar: Unterhalb der Gewinnschwelle kann man natürlich nie irgendwas kaufen.



    Aber darum geht es ja hier nicht.

    Von wegen unterhalb der Gewinnschwelle:



    taz.de/Obstanbau-in-der-Krise/!5885801/

  • Es zeigt sich mal wieder in der EU das alte Dilemma: jeder tut, was er will, keiner macht, was er soll, und alle wirken mit.

    Ein Preisdeckel kann nur funktionieren, wenn man dem Markt die Bedingungen vorschreiben kann. Da der Rohstoffmarkt international ist, ist ein solcher Deckel nicht umsetzbar, denn es gibt genügend andere Kunden, die die Rohstoffe nur gerne kaufen würden. Nicht die Nachfrager, sondern Anbieter bestimmen diesen Markt schon seit langem.

    Und dazu kommt noch, dass gerade die Afrikaner in den Startlöchern sind: die wollen ihren Kontinent südlich der Sahara bis 2030 massiv elektrifzieren. Dazu gab es gerade eine Konferenz in Kapstadt, auf der auch die Förderung von Erdöl und Erdgas befürwortet wurde, sofern man es im eigenen Lande hat, um das zu tun.

  • Was sollen Preislimits bringen? Wenn die EU die Preise der Lieferanten nicht bezahlen will liefern die eben woanders hin. Man kann nicht die Lieferanten reglementieren sondern kann nur den eigenen Verbrauch regeln. Preislimits würden das Energiedefizit nur verstärken. Und würden dem stärksten Verbraucher Deutschland am meisten schaden.

  • Das Konzept dieses EU-Preisdeckels war merkwürdig.

    Es gibt einen Mangel an Gas und gerade dann will man den Lieferanten einen Maximalpreis vorschreiben. Die werden die Ware dann einfach nach Asien verschiffen.