EU-Asylreform in Deutschland: Noch mehr Härte gegen Geflüchtete
Das Kabinett beschließt zwei Entwürfe für die Umsetzung der EU-Asylreform. Die Pläne gehen weit über das hinaus, wozu Deutschland verpflichtet wäre.
Kern der GEAS-Reform vom Anfang des Jahres sind sogenannte Grenzverfahren unter Haftbedingungen für Geflüchtete aus Ländern mit einer Schutzquote von unter 20 Prozent. Die nun vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwürfe regeln unter anderem, wie dies an deutschen Flughäfen geschehen soll. Über die EU-Vorgaben hinaus ist hier die Ausweitung der Grenzverfahren auf weitere Fälle geplant, etwa Personen, die aus sogenannten „sicheren Herkunfts- oder Drittstaaten“ einreisen. Außerdem sollen die deutschen Grenzverfahren schon deutlich vor dem Inkrafttreten der GEAS-Reform 2026 beginnen.
Auch an anderen Stellen entschied sich die Bundesregierung für die denkbar restriktivste Auslegung der GEAS-Vorgaben. So soll etwa die Möglichkeit ausgeweitet werden, die Bewegungsfreiheit von Geflüchteten einzuschränken. Ergebnis könnten geschlossene Zentren mit Haftbedingungen für Asylbewerber*innen sein, wie sie etwa aus Griechenland bekannt sind. Außerdem soll eine Asylverfahrenshaft eingeführt werden. Ihr sollen Geflüchtete unterworfen werden, um ihre Identität zu klären oder etwa weil sie sich nicht an Auflagen halten. All diese Haftregelungen sollen auch auf Kinder anwendbar sein.
In den Gesetzentwürfen ist zudem vorgesehen, dass die „sicheren Herkunfts- und Drittstaaten“ künftig allein von der Bundesregierung benannt werden sollen. Bisher bedarf dies der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat. Geflüchtete, die aus den so bezeichneten Staaten kommen, droht nicht nur an Flughäfen das Grenzverfahren. Ihre Asylanträge werden auch fast immer als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt.
Der Vize-Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Dirk Wiese, beschwor am Mittwoch „Humanität und Ordnung in der Migrationspolitik“. Die beschlossenen Gesetzentwürfe seien „ein weiterer zentraler Baustein, um diesen wichtigen Weg konsequent weiterzugehen“.
Menschenrechtsorganisationen sehen das ganz anders. Tareq Alaows von ProAsyl sagt: „Es droht Haft von Familien und Kindern – wie weit soll die Entrechtung von schutzsuchenden Menschen noch gehen?“ Die neuen Regelungen für „sichere Herkunfts- und Drittstaaten“ nennt er „verfassungsrechtlich bedenklich und politisch gefährlich“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren