EU-Abkommen mit der Türkei: Streit um Bedingungen
Die Türkei will ihre Antiterrorgesetze nicht ändern. Das ist aber eine Bedingung für die Visafreiheit für Türken in der EU. Juncker und Schulz beraten nun mit Merkel.
Die EU will sich von der Türkei nicht unter Druck setzen lassen. Führende EU-Politiker bekräftigten, die Türkei müsse erst alle Vorbedingungen erfüllen und auch ihre Anti-Terror-Gesetzgebung ändern, bevor die Visumpflicht für Türken fallen könne. Da die Regierung in Ankara ebenfalls auf Konfrontationskurs steuert, wird auch die Zukunft des Flüchtlingspakts mit der EU immer ungewisser.
EU-Parlamentspräsident Schulz sagte im Deutschlandfunk, es sei „absolut außerhalb jeder Diskussion“, dass das Europaparlament mit den Beratungen beginne, wenn Ankara die Voraussetzungen für die Visumfreiheit nicht erfüllt habe – zumal mit dem Datenschutz und Anti-Terror-Paket zwei der wesentlichsten Voraussetzungen „nicht nur nicht erfüllt sind, sondern nicht mal angepackt sind“.
Hintergrund ist die Weigerung des türkischen Staatspräsidenten Erdogan, die Anti-Terror-Gesetze seines Landes – wie von der EU gefordert und zunächst auch mit der Türkei vereinbart – zu ändern. Direkte Auswirkungen des Streits um die Visumfreiheit auf den Flüchtlingspakt zeichnen sich ab. Erdoğan-Berater Burhan Kuzu drohte den EU-Parlamentariern via Twitter: „Sollten sie eine falsche Entscheidung treffen, schicken wir die Flüchtlinge.“ Mit dem Flüchtlingspakt verpflichtet sich die Türkei zur Rücknahme von Flüchtlingen aus Griechenland.
Die Änderung der Anti-Terror-Gesetze ist eine von fünf noch offenen Bedingungen, bevor die Visumpflicht für Türken bei Reisen in den Schengen-Raum aufgehoben werden kann. Nach dem Willen der EU soll die Türkei die bislang recht weit gefasste Definition von Terrorismus umgestalten, damit die Gesetze tatsächlich der Verfolgung von Terroristen dienen – und nicht gegen politische Gegner oder unliebsame Journalisten missbraucht werden können.
In Straßburg beriet am Mittwochabend das Europaparlament über die Fortschritte der Türkei bei der Erfüllung der insgesamt 72 Bedingungen für die Visumfreiheit. Dabei machten sozialdemokratische, konservative und grüne Abgeordnete deutlich, dass sie nicht Brüssel, sondern Ankara unter Zugzwang sehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Übergriffe durch Hertha-BSC-Fans im Zug
Fan fatal
Humanitäre Lage im Gazastreifen
Neue Straßen für Gaza – aber kaum humanitäre Güter
Öl-Konzern muss CO₂-Ausstoß nicht senken
Shell hat recht