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EM-Qualifikation Irland-DeutschlandAls Krise dargestellt

Nach dem 1:1 gegen die Iren auf Schalke dramatisieren die Fans das Unentschieden. Löw hält personelle Korrekturen für nicht angebracht.

Toni Kroos schießt das einzige Tor (71) für die deutsche Mannschaft Bild: dpa

GELSENKIRCHEN dpa | Allein mit fehlendem Glück wollten die Weltmeister den schlechtesten Qualifikationsstart in der Geschichte der deutschen Nationalmannschaft nicht mehr begründen. „Das ist kein Pech. Das haben wir uns selber eingebrockt“, erklärte Ersatzkapitän Manuel Neuer nach dem 1:1 (0:0) gegen die Iren.

Die Qualifikation ist bisher mit vier Punkten und 3:4 Toren aus drei Partien alles andere als planmäßig gelaufen. Nie ist Deutschland seit der ersten Ausscheidungsrunde für die WM 1938 schlechter gestartet. „Wir hätten uns das auch anders vorgestellt, dass wir mit mehr Punkten aus den Oktober-Spielen kommen“, erklärte Bundestrainer Joachim Löw. „Das haben wir uns aber auch selbst zuzuschreiben, weil wir in den letzten fünf, sechs Minuten das Spiel nicht mehr unter Kontrolle hatten“, sagte er zur Partie vor vor 51.204 Fans auf Schalke.

Die Gründe für die Schwierigkeiten in den reibungslosen Spielmodus umzuschalten, sind vielschichtig. Nur noch 13 der 23 Spieler der WM-Aufstellung standen gegen Irland zur Verfügung. Die Ausfall-Liste ist lang, die Mannschaft hatte ein völlig neues Gesicht. „Bei Einigen fehlte in manchen Momenten die geistige Frische. Wir haben noch nicht das Tempo und die Präzision, das hatte ich fast erwartet. Man kann auch nicht erwarten, dass jeder nach dieser WM im Vollbesitz der geistigen und körperlichen Kräfte ist“, meinte Löw, der für grundlegende neuen Überlegungen keinen Grund sieht.

Den jungen Nachrückern wie Erik Durm (22), Antonio Rüdiger (21), Julian Draxler (21) oder Matthias Ginter (20) fehlt es noch an internationaler Erfahrung sowie Klasse – und starken Ziehvätern. „Khedira, Schweinsteiger, Lahm haben ganz jungen Spielern Halt gegeben in schwierigen Momenten, auf und neben dem Platz. Die Typen sind im Moment nicht da“, bemerkte Löw, auch wenn er beobachtet hat, „dass Neuer, Kroos, Hummels, Müller und Boateng mehr in die Verantwortung gehen“. Ein außergewöhnlicher Ideengeber wie Marco Reus auf dem Platz wird ebenfalls schmerzlich vermisst.

Die nächsten Spiele gewinnen

Dennoch hatte die junge deutsche Ersatz-Auswahl genug Chancen, das 0:2 in Polen und das 1:1 gegen Irland zu verhindern. „Man muss sich aussprechen und man muss den Ernst der Lage erkennen und aufwachen und die nächsten Spiele alle gewinnen“, forderte der Münchner Innenverteidiger Boateng. Gegen Irland verhinderten ein Stück Angst gepaart mit Naivität und einer ganzen Fehlerkette nach dem Führungstreffer von Toni Kroos (71.) den Erfolg. John O'Shea ließ in der letzten Minute der Nachspielzeit den großen Außenseiter jubeln.

Und nun? „Dass das als Krise dargestellt wird nach außen ist klar, wenn man aus zwei Spiele nur einen Punkt mitnimmt als Deutschland, das ist nicht unser Anspruch“, sagte Lukas Podolski, der in Halbzeit zwei keine großen Akzente setzen konnte. Den Zeitpunkt für personelle Korrekturen etwas in den Angriffspositionen, sieht Löw derzeit noch nicht. „Wir kennen unsere Spieler, wissen um ihre Qualitäten“.

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2 Kommentare

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  • Sieht so aus, als müsste sich diese Mannschaft erst einmal einspielen. Der Vorteil bei einem schlechten Start ist ja der, dass man besser werden kann. Für mich war es ohnehin klar, dass Löw mit dem Teilzerfall der Weltmeistermannschaft ein echtes Problem bekommen würde. Jetzt nervös zu handeln, bringt aber gar nix.

  • Wir befinden uns nicht in einer Krise, sondern spielen gegenwärtig mit einem falschen Personal lediglich nur Murks! Der von Löw nach der empfindlichen Niederlage in Polen angekündigte Crashkurs für die „Stürmerchen“ Müller, Götze und Co., die Chancenverwertung wieder zu forcieren, blieb wohl aus.

    Nach dem ersehnten Kroos-Tor rechnete man in unserer Truppe leider nicht damit, dass auch in der Nachspielzeit noch einige Überraschungen möglich sind, die es allerdings diesmal nicht mit uns gut meinten…..

     

    Wenn man zu sich ehrlich ist, dann dürfte sich das bewahrheiten, wovon z. B. auch unsere damals umjubelten Weltmeister von 1954 betroffen waren. Nach dem Titelgewinn klappte es einfach nicht mehr so richtig. Es wurde im Nachhinein erkannt, dass der Gewinn in Bern doch eher einer glücklichen Angelegenheit entsprang. Und so sollte auch das Erreichen der Krone in Brasilien gewertet werden, weil doch außer dem Spiel gegen den Gastgeber wirklich überragende Leistungen ausblieben, oder?

     

    Bundestrainer Löw hat einfach die gegenwärtig besten Spieler, von den Verletzten abgesehen, nicht zusammen. Für mich ist es u.a. nicht nachvollziehbar, weshalb ein Akteur, der in einem von uns entfernten Land seit Wochen bei seinem arbeitgebenden „Heimatverein“ lediglich auf der Ersatzbank oder gar auf der Tribüne sitzt, plötzlich hier, im Ensemble der „Besten“, auflaufen darf! Andernseits sollte der vielerorts herbeigesehnte Torjäger Kießling allerdings noch weitere Zeit zum Überdenken erhalten, auf welche Art er sein „Phantomtor“ erzielte….Auch nach diesen beiden erhaltenen Rückschlägen plötzlich wieder nach Lahm zu rufen, ist bestimmt auch nicht der beste Einfall.

     

    Durch die uns entgegenkommende Regel, dass fast jedes zweite Land in Frankreich bei der EM 2016 die Endrunde zu erreichen, sollte uns einfach Hoffnung geben, unter den Glücklichen dann mit dabei zu sein!