Dürre in Italien: Klimawandel hautnah
In einigen italienischen Städten wird Trinkwasser wegen der anhaltenden Dürre rationiert. Die Wasserknappheit liegt auch an fehlenden Investitionen.
I talien geht das Wasser aus. Tag für Tag liefern die TV-Nachrichten die immer gleichen Bilder vom Po, den zum Rinnsal gewordenen größten Strom des Landes, von verdorrten Pflanzen auf den Äckern, von verzweifelten Landwirt*innen. Dazu kommen die Meldungen aus immer mehr Gemeinden, zuletzt aus Verona und Pisa, die ihren Bürger*innen untersagen, die Pools im Garten zu befüllen oder die Garageneinfahrt abzuspritzen.
„Die schlimmste Dürre seit 70 Jahren“ habe Italien zu bewältigen, heißt es. Es stimmt: In den letzten vier Monaten regnete es im Norden so gut wie gar nicht, und schon vorher war der Schneefall in den Alpen weit unter dem Schnitt, womit die Schneeschmelze weit magerer ausfiel als gewöhnlich. Zudem stöhnt das Land schon seit Mai unter einer Hitzewelle, die alle bisherigen Rekorde brechen könnte.
Doch was da passiert, mag zwar so schlimm sein wie nie zuvor in den letzten 70 Jahren – es ist aber, so steht zu fürchten, kein singuläres Ereignis. Und es ist auch nicht der „Vorbote“ des Klimawandels: Es ist der Klimawandel, den die Menschen in Italien jetzt hautnah erleben. Nicht erst dieses Jahr gingen die Niederschlagsmengen zurück, nicht erst dieses Jahr werden Mailand, Rom, Palermo von „ungewöhnlichen“ Hitzewellen heimgesucht, an denen schier gar nichts mehr ungewöhnlich ist.
Jetzt, da das Kind in den (ausgetrockneten) Brunnen gefallen ist, hilft nur konsequentes Umsteuern. Italien muss sich von der Vorstellung verabschieden, dass Wasser im Überfluss vorhanden ist, dass man auf den Feldern nur die Berieselungsanlagen anwerfen, dass man zu Hause nur den Wasserhahn aufdrehen muss, und schon strömt das Nass. Wasser ist ein ebenso knappes wie kostbares Gut. Neue Stauseen anlegen, das marode Leitungsnetz, in dem 40 Prozent des Trinkwassers verloren gehen, sanieren, das gereinigte Wasser aus den Kläranlagen nicht mehr einfach ins Meer kippen: Italien steht vor Milliardeninvestitionen, die es schnell in Angriff nehmen muss, wenn es in Zukunft nicht jeden Sommer auf dem Trockenen sitzen will.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann