Drohung gegen kurdischen Verein: Hakenkreuz auf Patronenhülse
Der kurdische Verein Biratî in Bremen hat eine faschistische Drohung erhalten. Hat das auch etwas mit der Kriminalisierung von Kurd*innen zu tun?
„Wer so eine Drohung erhält fühlt sich unwohl. Das gilt auch für uns“ sagt Yalinkilic der taz. Weil Yalinkilic wenig Deutsch und der*die Autor*in dieses Textes kein Kurdisch spricht, hat ein Vereinsmitglied für uns übersetzt.
Biratî heißt auf Kurdisch „Brüderlichkeit“. Den Verein, der sich selbst als – Verein zur Förderung demokratischer Gesellschaft Kurdistans beschreibt – gibt es bereits seit 1999. Im Moment hat er rund 150 Mitglieder. Biratî sitzt in der Bremer Friedrich-Ebert-Straße, einer der Hauptverkehrsadern im Stadtteil Neustadt. Die Fensterfront des Vereinslokals ist in den kurdischen Farben rot, gelb und grün gehalten. Das Lokal ist klar als kurdischer Ort erkennbar.
„Viele unserer Mitglieder sind im Exil lebende Kurden. In ihrer Heimat haben sie bereits Bedrohungen erlebt“ sagt Yalinkilic. Dass sie nun in Deutschland, wo sie einen sicheren Ort gesucht haben, ebenfalls bedroht werden, sei schlimm. „Wir fühlen uns allein“, sagt Yalinkilic.
Parallelen zu anderen Taten
Die Bremer Polizei bestätigte die Tat gegenüber der taz. Die Anzeige sei am Donnerstag eingegangen. Nils Matthiesen, Pressesprecher der Bremer Polizei, teilte mit, dass der Staatsschutz ermittle. Die „Sonderkommission Spielplatz“ prüfe Zusammenhänge mit ähnlichen Taten. Seit 2020 sind auf Bremer Spielplätzen immer wieder Messer oder andere scharfe Gegenstände aufgetaucht, die so platziert waren, dass sie spielende Kinder hätten verletzen können.
Im Laufe der Ermittlungen stellten sich Parallelen zu Taten mit sogenannten Pulverbriefen heraus, in denen weißes Pulver, meist an Parteibüros, verschickt worden war. Die Polizei sieht nun auch eine Parallele zur Patronenhülse im Briefkasten von Biratî. „Die Profiler der Polizei Bremen gehen davon aus, dass es sich bei den Taten um ein und den gleichen Täter handelt“, sagt Matthiesen.
Für Tuncer Yalinkilic hängt die Tat auch mit der Kriminalisierung der kurdischen Bewegung in Deutschland und Bremen zusammen. Er macht dafür sowohl Staat und Behörden, als auch die Medien verantwortlich: „In deutschen Medien gibt es eine diskriminierende und kriminalisierende Darstellung von kurdischen Vereinen, wie wir sie aus den türkischen Medien kennen.“
Dachverband kritisiert Stimmungsmache
Konkret nennt er einen Bericht über eine Razzia bei Biratî vor einigen Monaten, bei der nur der Verfassungsschutz gehört, der Verein hingegen nicht gefragt worden sei. Der Umgang mit der kurdischen Bewegung sei ein Grund, „warum rassistische Kräfte sich ermutigt fühlen, solche Drohungen auszusprechen“, sagt Tuncer Yalinkilic.
Auch Kon-Med, der Dachverband der kurdischen Kulturvereine sprach laut der Plattform Civaka Azad von einer „antikurdischen Stimmungsmache“. Die Räume von Biratî und Geschäfte von kurdischstämmigen Menschen würden ständig von der Bremer Polizei observiert. In einer schriftlichen Stellungnahme forderte der Verein Biratî die Bundesregierung auf, die Kriminalisierung der Kurd*innen zu beenden: „Schützen Sie kurdische Organisationen.“
Für Civan Akbulut sind Fälle, wie die in Bremen keine Seltenheit. Akbulut hat vor Kurzem die Informationsstelle Antikurdischer Rassismus gegründet und dafür auch mit einigen Melde- und Beratungsstellen gesprochen. Es gebe in letzter Zeit mehr antikurdischen Rassismus sagt er. „Wir haben von Vorfällen gehört, die klare Parallelen zu dem Vorfall bei Biratî aufweisen.“
Antikurdischer Rassismus delegitimiert Identität
Bei antikurdischem Rassismus, der auch von den rechtsextremen türkischen Grauen Wölfen vertreten wird, gehe es darum „die kurdische Identität zu entwerten und zu delegitimieren“, sagt Akbulut. Aufgrund der verwendeten Symbolik ordnet er den Bremer Fall aber dem deutschen Rechtsextremismus zu.
Die Patrone mit den Nazi-Symbolen ist nicht die einzige rechte Drohung, die es in letzter Zeit in der Bremer Neustadt gegeben hat. Das kurdische Nachrichtenportal ANF berichtet von mehreren kurdischen Geschäftsleuten in der Neustadt, die Drohbriefe erhalten haben. In einem wird gedroht, einen Dönerladen „in die Luft zu sprengen“.
Die Bremer Polizei bestätigte, dass im November „zwei türkische und ein kurdisches“ Geschäft Drohbriefe erhalten haben. Der Staatsschutz ermittle. Die Ermittlungen seien aber nicht Teil der Soko Spielplatz.
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