Drohmails mit rechtsextremen Inhalten: Verdächtiger kein Einzeltäter?
Der mutmaßliche Verfasser rechtsextremer Drohmails an Behörden handelte offenbar nicht alleine – denn nun traf ein neues Schreiben ein.
![Ein Polizei-Flatterband vor einem weißen Gebäude Ein Polizei-Flatterband vor einem weißen Gebäude](https://taz.de/picture/3372918/14/Absperrung_Rathaus.jpeg)
Die Email ging am Sonntagabend an Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, die zu den mehr als 200 Drohschreiben ermittelt, und an mehrere Initiativen, die sich mit Rechtsextremismus befassen. Der Absender nennt sich „Staatsstreichorchester“ – und formuliert, wie schon in früheren Emails, wüste Drohungen. Das Schreiben liegt der taz vor.
„Wir beglückwünschen Sie herzlich zu Ihrem Ermittlungserfolg“, heißt es in der Email. Diese sei aber kein Rückschlag, man sei „in keiner Weise beeindruckt“. Offenbar habe André M., der mit vollem Namen genannt wird, „nicht die nötigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen“. Nun fordere man dessen Immunität und „ein ordentliches Honorar“ seitens des Staates, so die Verfasser. „Denn Sie werden ihn brauchen, damit er Ihnen zeigt, wie Sie uns erreichen können.“
Dazu folgt erneut die Androhung rechtsextremen Terrors. Außerdem werden 100 Millionen Euro in Kryptowährungen gefordert verknüpft mit einer Drohung gegen die Berliner Generalstaatsanwältin Margarete Koppers. Eine Sprecherin der Berliner Generalstaatsanwaltschaft sagte am Montagabend der taz, das Schreiben sei ihr bisher nicht bekannt. „Wir gehen bislang von einem Einzeltäter aus.“ Es sei nicht ausgeschlossen, dass eine entsprechende Email von einem Trittbrettfahrer oder zeitverzögert versendet wurde.
Nachahmungstat unwahrscheinlich
Dagegen spricht indes, dass sich die Email von Sonntagabend konkret mit der Festnahme von André M. beschäftigt. Und dass dort weitere Drohschreiben vom März in voller Länge angehängt sind – die ein möglicher Nachahmer nicht kennen dürfte.
Seit April 2018 hatten bis dato Unbekannte mehr als 200 Drohschreiben an Prominente, Politiker und linke Initiativen verschickt. Daneben folgten Schreiben an Gerichte und Rathäuser mit Bombendrohungen. Wiederholt mussten deshalb Gebäude geräumt werden – Sprengstoff fanden die Ermittler nicht. Als Absender firmierte mal eine „Nationalsozialistische Offensive“, oder eine „Wehrmacht“, ein „NSU 2.0“ – oder eben ein „Staatsstreichorchester“.
Am vergangenen Donnerstagnachmittag war schließlich die Wohnung von André M. in Halstenbek (Schleswig-Holstein) auf Geheiß der Generalstaatsanwaltschaft Berlin durchsucht worden, am Samstag folgte der Haftbefehl. Bei der Razzia sei Schriftmaterial gefunden worden, das Indizien für Bombenbaupläne offenbare, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft. Der 30-Jährige war in der Vergangenheit vielfach straffällig und saß bereits längere Zeit in Haft und in der Psychiatrie. Im Internet präsentierte er sich bis zuletzt als Rechtsextremist.
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