Drohende Prokon-Insolvenz: „Anlegern droht ein Riesenverlust“
Mit der Kündigung sichern sich Genussrechtsinhaber zumindest den Anspruch auf ihr Geld, sagt Fachanwalt Thorsten Krause
taz: Herr Krause, wie ernst schätzen Sie die Insolvenzwarnung der Prokon Unternehmensgruppe ein?
Thorsten Krause: Ich nehme diese Warnung sehr ernst. Prokon hat erklärt, dass eine Planinsolvenz nur dann zu vermeiden sei, wenn mindestens 95 Prozent des Genussrechtskapitals im Unternehmen verbleibt. Das ist eine extrem hohe Quote. Mit anderen Worten bedeutet das, dass Prokon derzeit bestenfalls nur noch über liquide Mittel von 5 Prozent des demnächst fälligen Genussrechtskapitals verfügt.
Welche Folgen hätte es für die Anleger, sollte Prokon Ende Januar Planinsolvenz anmelden?
Bei einer Insolvenz können die Genussrechtsinhaber das Nachsehen haben, weil sie gegenüber anderen Gläubigern nachrangig behandelt werden. Sie kommen erst zum Zuge, nachdem alle Forderungen vollständig bedient wurden. Ohne einen gründlichen Einblick in die Firmenbücher lässt sich aber nicht beurteilen, wie groß die Insolvenzmasse überhaupt werden könnte.
Könnte die Insolvenz für Prokon-Anleger mit dem Totalverlust ihrer Genussrechte enden?
Ich halte einen Totalverlust eher für unwahrscheinlich. Aber ich erwarte, dass Anlegern bei einer Insolvenz ein sehr, sehr großer Verlust droht.
32 Jahre, ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der Kanzlei KAP Rechtsanwälte in München. Er hat sich auf die Beratung geschädigter Anleger bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen spezialisiert.
Wenn Anleger ihre Genussrechte jetzt kündigen, beschleunigen sie die mögliche Insolvenz. Halten sie still, stellen sie sich möglicherweise schlechter als andere, die frühzeitig gekündigt haben. Was sollten sie tun?
Für den Einzelnen ist es sinnvoll, seine Ansprüche jetzt durch Kündigung der Genussscheine fällig zu stellen. Denn niemand kann derzeit sagen, in welchem Umfang der Wert der Genussscheine zukünftig etwa im Zuge einer Sanierung durch einen Kapitalschnitt gemindert wird. Mit einer Kündigung sichert sich der Anleger zumindest den Anspruch auf seine Forderung in voller Höhe.
Stellen sich Anleger, die ihre Genussrechte vor einer drohenden Insolvenz kündigen, gegenüber jenen besser, die ihre Genussrechte nicht kündigen?
Aus Genussrechten, die vor einer Insolvenz gekündigt wurden, entsteht ein Anspruch gegenüber der Prokon auf Auszahlung, der nicht mehr nachrangig zu behandeln ist. Allerdings könnte der Insolvenzverwalter letztlich entscheiden, die Forderungen aller Genussrechte-Inhaber gleich zu behandeln – unabhängig davon, ob sie ihre Einlagen gekündigt haben oder nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen