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Drohende Abschiebung in Sachsen66.000 unterstützen Familie Son

Sächsische Behörden wollen den vietnamesischen Gastarbeiter Pham Phi Son mit seiner Familie abschieben. Eine Onlinepetition macht nun Druck dagegen.

Bei einer Abschiebung könnte die Familie Son getrennt werden Foto: privat

Berlin taz | Der Fall des Chemnitzer Vietnamesen Pham Phi Son, der seit 1987 in Sachsen lebt und jetzt von Abschiebung bedroht ist, und seiner neuen Familie bewegt die Öffentlichkeit bundesweit. Der Sächsische Flüchtlingsrat hatte letzten Freitag eine Onlinepetition für ein Bleiberecht der Familie gestartet.

Das Ziel, 12.000 Unterschriften zu sammeln, war statt nach den angepeilten acht Wochen bereits nach vier Tagen erreicht. 12.000 Unterschriften aus dem jeweiligen Bundesland werden benötigt, um die Petition öffentlichkeitswirksam an den Landtagspräsidenten und den Petitionsausschuss des Landtags übergeben zu können.

Insgesamt haben am Dienstagmittag mehr als 66.000 Menschen bundesweit unterschrieben. Die Petition läuft weiter. Vor allem DeutschvietnamesInnen der zweiten Generation drücken in der Petition ihre tiefe Verletzung aufgrund der möglichen Abschiebung eines Mannes aus, der ihr eigener Vater sein könnte. „Vorfälle wie hier könnten auch unsere Familien betreffen. Familien, die hier seit Jahrzehnten integriert sind“, schreibt eine Frau. Son selbst sagt der taz, er sei sehr dankbar für diese Hilfe und freue sich über die Medienaufmerksamkeit.

Wie die taz berichtet hatte, verlor der heute 65-jährige Son 2017 sein Aufenthaltsrecht sowie seine Arbeit und Wohnung, weil den Chemnitzer Behörden auffiel, dass er ein Jahr zuvor länger als sechs Monate in Viet­nam geblieben war. Das Ausländerrecht sieht in diesem Fall in der Regel den Verlust des Aufent­halts­rechts vor. Die Härtefallkommission in Sachsen, die eigentlich geschaffen wurde, um solche humanitären Härten abzuwenden, fand keine Gnade, sondern lehnte den Antrag der Familie ab.

Anwälte wollen den Fall prüfen

Durch die Petition kam Bewegung in die Sache. Dave Schmidtke vom Sächsischen Flüchtlingsrat sagt, bei ihm hätten sich zahlreiche Anwältinnen und Anwälte gemeldet, die den Fall juristisch erneut prüfen wollten.

Nach Informationen der taz will sich der Chemnitzer Stadtrat nach der Sommerpause mit dem Thema befassen. Er könnte die Ausländerbehörde Chemnitz auffordern, tätig zu werden. Pham Phi Son und seine Frau haben nach eigenen Angaben mehrere Arbeitsangebote. Würden ihnen die Behörden zu arbeiten erlauben, könnten sie sofort loslegen. Son hat Berufserfahrung in der Gastronomie, wo händeringend Personal gesucht wird.

Die linke Landtagsabgeordnete Juliane Nagel fordert Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) auf, der Familie eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis nach Paragraf 7 des Aufenthaltsgesetzes zu erteilen. „Das Recht hat er als quasi oberste Instanz.“ Ihr SPD-Kollege Frank Richter, der seit Monaten eine Lösung für den Fall sucht, sagt: „Ich will nichts fordern, aber ich habe die herzliche Bitte an das Innenministerium und die Chemnitzer Ausländerbehörde, einmal die Perspektive zu wechseln: Statt um Restriktionen für ein Fehlverhalten sollte es um Chancen für Menschen und Würdigung von Integrationsleistungen gehen.“

Richter sieht es nicht im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention, wenn die fünfjährige, in Deutschland geborene Tochter der Familie, die in Chemnitz einen Kindergarten besucht, nach Vietnam abgeschoben wird, wo sie nie lebte. Da der Familienvater keinen Pass habe, könnte sie sogar nur mit der Mutter abgeschoben werden, was Richter als „noch schlimmer“ einschätzt.

Grünen-Landeschefin Christin Furtenbacher nannte es „unmenschlich, einen Menschen aus dem Land auszuweisen, nur weil er aus medizinischen Gründen eine Frist nicht einhalten konnte.“ Pham Phi Son lebt seit 35 Jahren in Chemnitz.

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11 Kommentare

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  • Das dieser Fall immer noch nicht geregelt ist und die Familie noch keine deutschen Ausweise hat.

    Nach 35 Jahren in Deutschland kann die Familie doch nicht mehr deutscher werden, als eine schwäbische, bayerische, ostfriesische, sächsische, …

  • Hallo taz. Danke, dass ihr auf den Fall aufmerksam macht. Hätte nicht gedacht, dass das Zwischeziel so schnell erreicht wird. Hoffentlich unterzeichnen durch den Artikel noch mehr Leute die Petition. Die Geschichte ist schlicht unfassbar.

    Nur ne kleine Anmerkung. Die Famile heißt nicht Son, sondern Pham/Nguyen. Son ist ein Vorname des Vaters.

  • Die Gedenkfeiern zu Rostock-Lichtenhagen sind ein guter Zeitpunkt das Asyl- und Aufenthaltsrecht grundlegend vom Abschreckungsinstrument in ein Aufnahmeinstrument zu ändern. Denn damals wurde das Asylrecht faktisch abgeschafft, nach dem Motto, der gewalttätige Mob will keine "Ausländer" in Deutschland, also machen wir die Zugänge gesetzlich so schwierig wie möglich und kürzen die Leistungen so drastisch wie möglich, und halten Geflüchtete von der Mehrheitsgesellschaft mit erschwertem Zugängen zu Deutschkursen und Arbeit so weit wie möglich fern. Das gesamte Asyl- und Aufenthaltsrecht wurde Anfang der 90er Jahre darauf ausgerichtet, Gründe für eine Abschiebung zu finden, Fluchtursachen spielten keine Rolle mehr, sondern nur noch die Frage, ob die Antragsteller:innen vielleicht vor der Einreise nach Deutschland in einem "sicheren" Drittstaat waren und dahin abgeschoben werden können. Erst seit kurzem setzt sich die einflussreiche Wirtschaftslobby ein und findet das Abschreckungs- und Abschiebesystem im Asyl- und Aufenthaltsrecht doof. Sie haben erkannt, dass es Irrsinn ist, eine gerade ausgebildete Fachkraft durch Abschiebung zu verlieren um dann mit ebenfalls recht mühsamen Antragsprozedere Arbeitskräfte aus Vietnam oder einem anderen Land anzuwerben. Seit 2015 gab es deshalb schon schnelleren Zugang zu Ausbildung und Arbeit für Geflüchtete. Wobei sich Seehofer mit aller Gewalt dagegen stemmte und flugs für Syrer:innen einen schlechteren Status erfand (ohne Familiennachzug). Sodann konterte Seehofer jede Erleichterung vom Arbeitsministerium mit einer Verschärfung im Innenressort und lauten Rufen nach mehr Abschiebungen ... Die Ampel ist zumindest in dieser Sache einiger als die Vorgängerregierung. Wirtschaftsnähe und Menschenrechte gehen hier ausnahmsweise mal gut zusammen.

  • Es ist einfach Menschen verachtent.



    Es wirft ein Schlaglicht auf unsere humanistischen Werte, die bei jeder Gelegenheit hochgehalten werden.



    Nichts als Sprechblasen wie viele andere



    Fälle es auch beweisen.....

  • Und dann fordert die sächsische Regierung mit Fachkräfte nach Sachsen zu holen. *kannsteDirnichtausdenken*...

  • Dienst nach Vorschrift in Zeiten demographischer Eruption. Ein Trauerspiel. Daumendrücken für die Petition!

  • Die 6 Monate Regelung gehört aufgehoben. Sie ist eine völlig unbegründete Freiheitseinschränkung und Diskriminierung.

    • 3G
      39538 (Profil gelöscht)
      @PolitDiscussion:

      Finde auch, man bräuchte gar nicht mehr vor Ort sein, um als ansässig zu gelten. Gerade wir zusammengesetzten Biografien, hin und hergerissen zwischen dem kalten Hier und dem in Ungerechtigkeit versinkenden, gleichwohl heimelig Warmen, sollten nicht an unserer Sorgfaltspflicht gemessen werden, wenn wir uns mal wieder verzetteln. Keine Papiere hier, keine Papiere dort – das geht solange gut, solange ich mich als freier Radikaler überall der Verantwortung und Pflicht (Steuer-, Wehr-) entziehe. Und wenn ich mal wieder kurz davor bin zu kapitulieren, dann begehre ich doch wieder auf: Niemand kann mich dazu zwingen, einen deutschen Pass anzunehmen.

  • Der Vater verliert sein Aufenthaltsrecht, kann aber nicht abgeschoben werden, und dafür wird die kleine Tochter abgeschoben? Das klingt ja sinnvoll...

  • Es geht in diesem Zusammenhang wohl weniger um die Eltern, sondern eher um die Tochter: diese ist in Deutschland geboren und hat somit das Recht auf die deutsche Staatsbürgerschaft, vorausgesetzt, mindestens ein Elternteil hat seit acht Jahren seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland und besitzt ein unbefristetes Aufenthaltsrecht.



    Bleibt es bei der Entscheidung, die Aufenthaltsgenehmigung zu entziehen, verliert die Tochter ihr Anrecht auf die deutsche Staatsbürgerschaft.

  • Hatte er eine Niederlassungserlaubnis? Nach 35 Jahren in Deutschland eigentlich zu vermuten. Die erlischt ab dem 60. Lebensjahr nicht nach 6 Monaten, sondern erst nach einem Jahr. Wenn er jetzt 65 Jahre alt ist, war er 2017 60 Jahre alt, bei seiner Reise ein Jahr zuvor wohl noch ein Jahr zu jung.



    Auf jeden Fall hatte die Ausländerbehörde einen Ermessensspielraum. Ein in Deutschland geborener junger Freund von mir, der nur die türkische Staatsangehörigkeit besitzt, blieb ohne Rücksprache mit der Ausländerbehörde länger als ein Jahr in der Türkei. Er hatte jedoch Glück mit der für ihn zuständigen bayrischen Ausländerbehörde, die seine Aufenthaltserlaubnis trotzdem weiter bewilligte.



    Völlig unverständlich die Entscheidung der Härtefallkommission. Wenn der geschilderte Fall kein Härtefall ist, was dann?