Dritte Staffel „Princess Charming“: „Darf ich Dich küssen?“
Nach Vorwürfen war unklar, ob die lesbische Datingshow weitergeht. Nun ist die 3. Staffel da und zeigt, wie romantisch Einvernehmlichkeit sein kann.
Lange Zeit bangten selbsternannte Trash-TV-Expert:innen um das Format, doch jetzt ist „Princess-Charming“ mit einer neuen Staffel bei RTL+ zurück. Zum dritten Mal versuchen 20 Kandidat:innen, das Herz der „Princess“ zu erobern. Diese wählt nach einigen Dates, ähnlich wie in der hetero Dating-Sendung „Der Bachelor“, am Ende eine Person aus, die im Optimalfall ihre große Liebe ist.
Als 2021 die erste Staffel erschien, waren die Folgen mustergültig harmonisch. Der übliche Zank des Reality-TV fand hier kaum Platz. Stattdessen wurden die Teilnehmer:innen zu Freund:innen, sprachen offen über ihre Coming-Outs, schufen Sichtbarkeit für die lesbische Community und Raum für Themen, die von weiblicher Lust bis PMS reichten. Die Show strahlte auch ins reale, queere Leben aus. Die neuen Vorbilder machten jungen Queers Mut und manche Freund:innenkreise fanden erst über gemeinsames Public Viewing zueinander.
Aber das Image der Muster-Show hielt nicht lange. Zwei Kandidatinnen beschuldigten andere Teilnehmerinnen des Missbrauchs. Die „Princess“ der zweiten Staffel küsste eine Kandidatin vor laufender Kamera gegen deren Willen. RTL reagierte per Instagram auf die Anschuldigungen – und alle waren gespannt, ob die Sendung zurückkommt.
Das ist nun so weit. Ob sich die Lage hinter den Kamera verändert hat, ist nicht bekannt, aber auf den Bildschirmen sind Änderungen sichtbar. Die 23-jährige „Princess“ Madleen und die Kandidatinnen achten auf Konsens. „Darf ich dich küssen?“, wird eigentlich immer gefragt, wenn es intimer wird.
Allgemein sind Bedürfnisse ein großes Thema. Und wenn es gefühlstechnisch allen zu viel wird, werden die negativen Emotionen auch mal kollektiv hinausgebrüllt. Das ist süß anzusehen, soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass RTL noch kein öffentliches Statement dazu verfasst hat, welche strukturellen Konsequenzen die Produktion aus den früheren Vorwürfen zieht.
Wichtig ist trotzdem, dass ein zentrales Format für Sichtbarkeit von queeren FLINTAs erhalten bleibt. Und außerdem schön, weil endlich gezeigt wird, dass Einvernehmlichkeit nicht nur unverzichtbar, sondern auch romantisch ist.
Leser*innenkommentare
Rei
Hier wird von Anschuldigungen gesprochen, aber da es nur Anschuldigungen waren, fragt man sich, was sich hätte verändern sollen hinter der Kamera. Fakt ist, die Anschludigungen wurden seitens RTL+ komplett aufgeklärt und transparent gemacht. Es stellte sich heraus, dass keinerlei sexuelle Übergriffe stattgefunden haben. Hierfür gab es den Videobeweis auf youtube, für alle öffentlich einzusehen. Der Artikel beschuldigt unterschwellig Leute hinter der Kamera und vermisst Konsequenzen - für was eigentlich? Weiterhin schweigt sich der Artikel dazu aus, was die falschen Anschuldigungen seitens einer Kandidatin für Auswirkungen für die fälschlicherweise Beschuldigte Person hatten. Das wäre ein viel interessanteres Thema, aber sicher viel kontroverser, daher hält man sich hier eher zurück aus Angst vor dem Shitstorm. Was die Einvernehmlichkeit in der aktuellen Staffel betrifft, wird diese hier als "süß" bezeichnet. Dies degradiert zum einen lesbische Sexualität. Zum anderen wird die Tatsache ignoriert, dass dieses Verhalten von den Kandidatinnen selbst kommt und nicht etwa von RTL+ oder den Leuten hinter der Kamera. Sicher haben die Diskussionen über die letzte Staffel dazu geführt, dass sich KandidatInnen nun sehr einvernehmlich verhalten. Diese Einvernehmlichkeit als eine Antwort seitens RTL+ auf die Kritik an der letzten Staffel zu interpretieren ist aber völlig fehl am Platz. Leider ein ganz schlechter Artikel.
Volker Scheunert
Ich kenne es nur so, dass einem ersten Kuss ein gegenseitiges Vorfreude signalisierendes Laecheln vorausgeht. Ein einziges Mal hat mir eine Frau gesagt, dass sie mich gern küssen wuerde. Ich habe ihr geantwortet, dann solle sie es doch tun - auch hier ging das Laecheln dem ersten Kuss voraus, bei dem es dann auch nicht geblieben ist...
gyakusou
Es würde mich interessieren, welcher Prozentsatz von Menschen im Alltag bei sich anbahnenden intimen Beziehungen tatsächlich fragt "Darf ich dich küssen?".
yohak yohak
@gyakusou 'Es würde mich interessieren, welcher Prozentsatz von Menschen im Alltag bei sich anbahnenden intimen Beziehungen tatsächlich fragt "Darf ich dich küssen?".'
Ich vermute, daß in der ganz grossen Mehrheit der Fälle sehr wohl gefragt wird, allerdings in den meisten Fällen non-verbal. Man sollte die Möglichkeiten non-verbaler Kommunikation nicht unterschätzen. Und natürlich sollte man nicht einfach irgendjemanden küssen, wenn dieser nicht in irgendeiner Form signalisiert, daß das OK ist.
Budzylein
@yohak yohak Und ich vermute, dass die Frage von Gyakusou genau darauf abzielte, dass die Frage eben meist nicht verbal gestellt wird, sondern die Kommunikation nonverbal abläuft.
Budzylein
@gyakusou Dürfte selten vorkommen. Zumindest nach der Adoleszenz wissen die Menschen in aller Regel, wann es soweit ist. Wenn noch Zweifel bestehen, ist der Zeitpunkt eben noch nicht da, und dann sollte man auch nicht fragen.