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Drastischer Anstieg der EnergiepreiseImmer teurer

Die Importe haben sich im Mai wegen höherer Energiepreise so stark verteuert wie seit fast 40 Jahren nicht.

Zumindest die Benzinpreise sind nach einem rasanten Anstieg im Mai zuletzt wieder etwas gefallen Foto: DPA

Berlin taz | Mit der Pandemie lassen sich die drastisch gestiegenen Preise in den Baumärkten nicht mehr erklären. Denn der Heimwerkerboom hat längst nachgelassen, seitdem die meisten Geschäfte und zuletzt auch die Kultureinrichtungen wieder offen haben.

Trotzdem sind Holz, Werkzeug, selbst Nägel und Schrauben so teuer wie schon seit Jahrzehnten nicht. Preissteigerungen von 50 Prozent und mehr verzeichen so manche Waren. „Die Rohstoffpreise kennen derzeit kein Halten“, erklären der Handelsverband Heimwerken, Bauen und Garten (BHB), der Herstellerverband Haus & Garten (HHG) und der Industrieverband Garten (IVG). Ein Ende der Materialengpässe auch für Kupfer, Platin, Zinn, Holz oder Kunststoffe und der damit verbundenen Preisspirale sei nicht absehbar.

Die Steigerungen betreffen keineswegs nur die Rohstoffpreise. Die Importpreise insgesamt sind binnen Jahresfrist um 11,8 Prozent gestiegen, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Eine höhere Zunahme hatte es zuletzt vor 40 Jahren gegeben. Damals, im Oktober 1981, hatte es während der zweiten Ölpreiskrise einen Anstieg der Importpreise von plus 13,6 Prozent gegeben. Schon gibt es Stimmen, die vor einer neuen Hochinflationsphase warnen.

Angetrieben werden die steigenden Importpreise von mehreren Faktoren. Die Weltkonjunktur nimmt wieder Fahrt auf, vor allem die Wirtschaft der Schwergewichte USA und China wächst rasant. Zudem steigt die Nachfrage nach Rohstoffen wie Rohöl, was die Energiepreise nach oben treibt.

Vor allem Energiepreise steigen

Energie war im Mai etwa doppelt so teuer wie im Vorjahresmonat. Dieser Anstieg begründet sich wiederum durch das außerordentlich niedrige Preisniveau des Vergleichsmonats vor einem Jahr. Das bestätigt auch Claudia Wellenreuther, Rohstoff-Analystin am Hamburgische Weltwirtschafts-Institut (HWWI). Sie schildert, dass vor allem der erste weltweite Lockdown die Rohstoffmärkte beeinflusste und im Frühjahr zu einem drastischen Einbruch der Energierohstoffpreise führte. Im April 2020 erreichten Öl und Gas historische Tiefstwerte. Ursache war eine Kombination aus der extrem sinkenden Nachfrage durch Corona und großen Angebotsmengen, die Saudi-Arabien und Russland auf den Weltmarkt geworfen hatten, die sich zu dieser Zeit in einem Preiskrieg befanden.

Deswegen hat sich der Erdölpreis im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat mit einer Steigerung um 135 Prozent besonders stark erhöht, ebenso die Preise für Mineralölerzeugnisse mit gut 71 Prozent und Erdgas mit fast 100 Prozent. Elektrischer Strom kostete im Import fast 200 Prozent mehr. Rechnet man Energiepreise hingegen nicht mit, sind die Einfuhrpreise im Mai nur um 6,0 Prozent gestiegen.

Stärkere Inflationsraten sind Ausreißer

Die gemessene Inflation in Deutschland liegt nach neuesten Daten von Dienstag bei 2,3 Prozent. Das klingt zunächst nicht dramatisch. Zentralbanken halten eine Inflationsrate von rund 2 Prozent für optimal. Ökonomen der DZ Bank gehen jedoch davon aus, dass die Teuerung im Euro-Raum aufgrund der beschriebenen Sonderfaktoren im Vorjahreszeitraum in den nächsten Monaten zunehmen wird. Prognosen der Bundesbank gehen bis Ende des Jahres von bis zu vier Prozent aus – das macht viele nervös. Mit einem anhaltend stärkeren Preisauftrieb rechnen viele Ökonomen jedoch erst, wenn die Löhne merklich anziehen, was sich aktuell nicht abzeichnet.

„Die stärkeren Inflationsraten 2021 sind aber eher als Ausreißer zu sehen“, analysieren die Ökonomen der DZ-Bank. „Schon 2022 dürfte der Preisdruck wieder nachgeben.“ Ähnlich sieht das Ifo-Chef Clemens Fuest. „Die höhere Inflation in diesem Jahr ist größtenteils eine normale Reaktion“, nachdem sie im vergangenen Jahr krisenbedingt in Deutschland nur bei 0,5 Prozent gelegen habe, sagt der Ifo-Chef.

Was die hohen Energiepreise betrifft, geht die Internationale Energieagentur IEA davon aus, dass die weltweite Ölnachfrage erst Ende 2022 wieder das Vorkrisenniveau erreicht haben und auf rund 100 Millionen Barrel (je 159 Liter) pro Tag steigen wird. Sie forderte die 23 Staaten der Opec+ daher auf, ihre Produktion auszuweiten, um die steigende Nachfrage bedienen zu können.

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8 Kommentare

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  • Hier kann man schön sehen, dass die lokalen "Spranstrengungen" bei Energieträgern nichts bringen. Die Preise sinken wegen fehlender nachfrage, und dann wird halt anderswo konsumiert. Das einzige was etwas bringt sind Förderkürzungen. Die muss man entweder im eigenen Land durchsetzen (Braunkohletagebau, Öl und Gasförderung), oder auf dem Verhandlungswege erreichen (wie OPEC+).

  • Die Verflechtungen von Wirtschaft und Produktion sind eben nicht auf einen spontanen Nachfragezuwachs ausgelegt. Prognosen und Kalkulationen für die Erzeugung von Produkten ziehen eben "langsam" nach. Dennoch ist der Preisanstieg eine Kostprobe für das, was uns in Zukunft erwarten wird und auch früher oder später zum Problem werden wird. Ich erinnere mich noch daran, als ich damals meine erste Burg besuchte und der überaus gut aufgeklärte Führer uns erläuterte, wie ein Nagel damals gefertigt wurde und was diese heute Kosten würde.

    So war ungefähr ein Preis von 5 DM im Raum pro Nagel wohlgemerkt. Massenfertigung und Co. haben diese Preise sinken lassen, aber der Aufschlag für CO2 und Nutzung von Ressourcen wird den Preis bestimmt wieder Richtung 1 Euro pro Nagel anwachsen lasen. Es bleibt abzuwarten, wie das und von was alles bezahlt werden soll und wie lange es dauert, bis soziale Unruhen aufkeimen, weil selbst die einfachsten Dinge unerschwinglich werden. Denn auch wenn die Kommentatoren sich im Licht ihrer BEV Sonnen, müssen Sie dennoch die Kosten mittragen, für ihre täglichen Lebensmittel, Dienstleistungen usw.

    Diese werden durch den CO2-Aufschlag direkt verteuert und das wird man merken. Ich sage nur Paprika >= 3 Euro das kg.

    Also bevor ihr alle sagt: "Juhu" das E-Auto wird es richten. Nein, wird es nicht! Die Kosten für Transport, Produktion usw. werden unfiltriert an uns alle weitergegeben.

    Und so wird auch alsbald eine einfache Anschaffung +100 oder +200 % an Kosten verursachen, da die Nebenkosten einfach so hoch sein werden, aufgrund der div. Abgaben und Besteuerungen. Anstatt man beginnt beim Erzeuger anzusetzen und dort die Umweltbilanz dahingehend zu verschieben, das diese Aufpreise nicht in vollen umfang durch den Endverbraucher getragen werden müssen.

    Aber für derlei Lösungen ist unsere Regierung leider zu minderbemittelt.

  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    Ist doch ganz einfach:

    Die Grünen, oder mindestens Annalena sind schuld.

    Steht bestimmt morgen so in der ZEIT, SZ und Spiegel.

  • ja mein elektroauto fährt mit photovoltaik und wenn keine sonne scheint mit windstrom vom deich alles billig(maximal 4€ für 100km)

    • @prius:

      Supi - wo laden Sie zu diesem Preis auf ?



      Ich hörte, dass man grade bei Schnellladern auch schon mal mehr pro km bezahlt als an der Benzintankstelle ...

    • @prius:

      Dann freuen Sie sich, dass Sie so privilegiert sind und sowohl über eine Photovoltaikanlage als auch über eine Ladestation für Ihr Auto verfügen.

      Ich zahle seit vielen Jahren einen höheren Preis für Ökostrom und wüsste nicht, wo ich ein Elektroauto aufladen sollte.

  • Aber unsere Energieriesen sind dank politischem pampering doch voll auf schwarze und braune Energie eingestellt...

    Sollen die etwas kaputt gehen ?

    Auch wenn das Wasser bis zum Hals steht: Die Krawatte muss sitzen !

  • Sonne und Wind werden nicht so sehr im Preis steigen, denn die Kosten für diese Formen der Energieerzeugung sind nicht von Rohstoffbörsen getrieben sondern vor allem von Arbeitskosten.



    Ein gutes Argument hier noch engagierter auf den freien Markt zu setzen