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Dramaturgin über klimaneutrale Museen„Wir werden teuer bezahlen müssen“

Der CO2-Fußabdruck von Museen und Theatern wird erst langsam zum Thema. „Save the World“-Gründerin Nicola Bramkamp will daran etwas ändern.

Gilt auch für Museen und Theater: Flugreisen und -transporte gehören auf den Prüfstand Foto: Boris Roessler/dpa
Interview von Petra Schellen

taz: Frau Bramkamp, wie groß ist der ökologische Fußabdruck eines Museums?

Nicola Bramkamp: Exemplarisch möchte ich aus der Klimabilanz des Münchner Lenbachhauses zitieren. Ihr zufolge entstehen 50 Prozent des CO2-Ausstoßes durch Transportlogistik, Dienstreisen, Mitarbeiteranreisen, Müll und Wasser. Weitere 31 Prozent werden durchs Heizen erzeugt, 19 Prozent durch Strom und Fernwärme. Konkret heißt es in dem Papier: „2019 waren im Lenbachhaus vier große Ausstellungen mit internationalen Leihgaben zu sehen, die weitere Stationen in Europa, Brasilien und den USA hatten.“ Im Klartext heißt das: Nicht nur die Betriebsökologie – Heizungsanlage, Photovoltaik, Klimatisierung der Depots – ist relevant, sondern auch die Frage: Welche Bilder reisen wohin, und wie kuratieren wir künftig Ausstellungen?

Zum Beispiel, indem man weniger Werke leiht, die eingeflogen werden müssen?

Wenn man so entscheidet, entsteht ein anderes Problem: Wenn wir EuropäerInnen KünstlerInnen und Kunst aus dem globalen Süden nicht mehr einladen, zerstören wir Kulturnetzwerke.

Aber europäische Museen zeigen – leider immer noch – meist Werke der Nordhalbkugel. Der Kontakt zum globalen Süden litte kaum, wenn innerhalb des globalen Nordens weniger geflogen würde.

Das ist wahr. Der globale Norden müsste sich einschränken, ohne den globalen Süden hinauszudrängen. Eine Kuratorin schlug außerdem vor, Bilder nicht im Flugzeug, sondern per Schiff zu transportieren. Das dauert zwar länger, aber da Museen ohnehin langfristig planen, müsste das möglich sein.

Und die Flüge von KünstlerInnen und Mitarbeitenden ließen sich durch Zoom-Veranstaltungen ersetzen.

Ja. Die Pandemie hat gezeigt, dass wir schon jetzt viele Tools nutzen, die uns helfen, Mobilität einzuschränken.

Aber auch digitale Kommunikation kostet Energie. Verbessert das die Klimabilanz überhaupt?

Bild: Privat
Im Interview: Nicola Bramkamp

Nicola Bramkamp

43, Dramaturgin, Theater- und Festivalmacherin, hat 2014 gemeinsam mit Andrea Tietz das Festival „Save the World“ zu Zukunftsfragen und Klimawandel gegründet.

Ja. Wenn wir zum Beispiel eine Theaterproduktion mit zehn Menschen von Zürich nach Berlin und zurück fliegen lassen, verbraucht das 3,3 Tonnen CO2. Das entspricht 82.000 Stunden Videokonferenz.

So viel?

Ja, und auch um solches Faktenwissen wird es bei unserer Veranstaltung gehen. Denn nur, was wir messen, können wir managen. Solche Erhebungen und Gegenrechnungen sind wichtig, um zu sehen, wo echter Handlungsbedarf besteht und wo es nur Aktionismus wäre.

Rechnet“ sich die ökologische Umstellung eigentlich?

Ja. Denn wenn wir in den nächsten Jahren klimaneutral werden wollen, werden wir alles, was wir nicht einsparen, kompensieren müssen. Ein klassisches Theaterfestival stößt 164 Tonen CO2 aus. Wenn ich das – laut Empfehlung des Umweltbundesamts – mit 180 Euro pro Tonne kompensiere, lande ich bei 30.000 Euro, die quasi noch dazukommen.

Podiums­diskussion „Green Museum“ – Möglichkeiten einer ressourcenbewussten Institution“, Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg, 25. 9., 15 Uhr

Sie selbst haben 2014 „Save the World“ mit gegründet. Was ist das für ein Festival?

Wir bringen KünstlerInnen und ForscherInnen zusammen, um die Nachhaltigkeitsziele der UN einem breiten Publikum zu vermitteln. In Performances, Installationen, Workshops inszenieren wir Wissen.

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2 Kommentare

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  • 6G
    659975 (Profil gelöscht)

    Ein Festival gründen, um bei Festivals CO2 einzusparen?

    Und diese fixe Idee, das CO2 Ausstoß durch Geld kompensiert werden kann....



    durch Bäume pflanzen?

    Die Bäume könnten auch so gepflanzt werden und das CO2 des Festivals wird zusätzlich eingespart, indem es nicht stattfindet.

    Das wäre dann eine Kompensation der Einsparung.

  • Man könnte natürlich fragen, ob man nicht das Konzept Museum neu denkt und jeder nur noch das ausstellt, was unmittelbar aus seiner Umgebung stammt. Das würde sich ja auch mit dem Raubkunstkonzept vertragen - wir wollen schlicht nichts "Fremdes" mehr, nichts, das lange transportiert werden muss oder halt gar geraubt wurde. Museen wären dann Repräsentatoren lokaler Kunst und Kultur.



    Und man könnte Kunst und Kultur von entfernteren Orten - das könnten ja in Deutschland sogar andere Bundesländer sein - über Soziale Medien und Filme in den Museen oder auf deren Homepages sehen. Ggf. mit Gebühr, wenn wir dann in Deutschland einen Film von südamerikanischen Künstlern zeigen für eine gewisse Zeit. Da müsste dann nichts transportiert werden und man würde sich trotzdem auch mit Aspekten von weiter entfernten Orten und deren Einwohnern befassen, ohne, dass einem einer vorwerfen könne, man würde diese ausbeuten.



    Museen wären dann leerer, aber es würde auch eine neu Wertschätzung der jeweils landeseigenen Künstler, Kulturen, Entdeckungen und Themen geben.