Dopingspiele in Las Vegas: Mehr als eine Freakshow
Die Dopingspiele namens Enhanced Games nehmen konkrete Formen an. Das politische Gewicht des Projekts ist auch wegen Trump’scher Unterstützung groß.

E s ist eine gefährliche Clownshow, kein Sport.“ Das hat Travis Tygart dieser Tage zu den Enhanced Games gesagt, bei denen gedopte Sportler untereinander die Besten ermitteln sollen. Eine Fantasie ein paar libertärer Techmilliardäre, die nun tatsächlich im Mai 2026 in Las Vegas zur Realität wird. Tygart leitet die Antidopingagentur der USA. Eine Sportveranstaltung, welche die Manipulation der natürlichen Leistung zur Norm erklärt, kann er selbstverständlich nicht gut finden.
Bislang wähnen sich die Hüter des Sports noch recht sicher, die Enhanced Games als nicht ernst zu nehmendes Werk von Spinnern herabsetzen zu können. Und die Wahl der berüchtigten Gücksspielstadt zum ersten Austragungsort scheint ins Bild zu passen. Wer mit seiner Gesundheit und seinem Leben spielen will, ist in Las Vegas immer herzlich willkommen. Bei der Premiere der Enhanced Games sollen auf dem Hotel- und Casinogelände Resorts World Wettkämpfe pharmazeutisch optimierter Athletinnen und Athleten im Schwimmen, in der Leichtathletik und im Gewichtheben ausgetragen werden.
Angesichts der politischen Entwicklungen gerade in den USA sollte man dieses Spiel der Techmilliardäre aber nicht auf die leichte Schulter nehmen. Mit der Wahl von Präsident Donald Trump hat das Projekt an Fahrt aufgenommen. Mittlerweile hat sich in den USA ein System der Plutokratie etabliert, in dem Milliardäre nicht nur ihren Einfluss und ihre Interessen geltend machen, sondern auch etliche Kabinettsplätze einnehmen. Zwei Geldgeber der Enhanced Games, der Paypal-Gründer Peter Thiel und Christian Angermayer, haben enge Verbindungen zu Trump. Im Februar folgte gewiss nicht zufällig der Einstieg von Trumps Sohn bei den Enhanced Games.
Einen zweistelligen Millionenbetrag soll eine von Donald Trump Jr. angeführte Investorengruppe namens 1789 Capital in den Topf geworfen haben. Wichtiger als die Investition selbst, erklärte danach Aron D’Souza, Co-Gründer der Enhanced Games, sei zu wissen, dass einige der bedeutendsten Persönlichkeiten des amerikanischen Lebens die Spiele unterstützten. Er habe das große Glück gehabt, in den vergangenen Jahren mit vielen Persönlichkeiten der Trump-Bewegung zusammengearbeitet zu haben.
Menschenversuche im Sport
Der Wettstreit, wer unter Aufsicht medizinischer und pharmazeutischer Experten am besten seinen Körper optimieren kann, soll aus Sicht der Enhanced-Games-Macher wissenschaftlichen Fortschritt generieren. Schon seit Jahren stecken Hightechmilliardäre jede Menge Geld in die Langlebigkeitsforschung.
Die mächtige Angst vor dem Sterben treibt sie an. Warum also nicht neben Tierversuchen auch Menschenversuche ermöglichen? Bei Weltrekordprämien von einer Million US-Dollar lassen sich schon einige Freiwillige auftreiben. Von der Neudefinition des Sports erhoffen sich die Veranstalter einen persönlichen Ertrag.
Die Enhanced Games sind mehr als eine schrullige Petitesse. Es wird interessant, wie die großen Sportorganisationen auf diesen Angriff reagieren. Das Internationale Olympische Komitee, das die Olympischen Spiele 2028 nach Los Angeles vergeben hat, hätte durchaus Möglichkeiten, seine Muskeln spielen zu lassen.
Auffällig ist, dass die Macher der Enhanced Games nun, da ihr Projekt Formen annimmt, moderatere Töne anschlagen. Vor wenigen Monaten inszenierten sie sich noch als Gegenmodell zum intransparenten olympischen Sport und dem „korrupten IOC“. Mittlerweile wurden die konfrontativen Passagen von der Website genommen. Sie wollen anscheinend als Herausforderer erst einmal nicht ernst genommen werden.
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