Diversity in Bayern: Liebende CSUler fahren beim CSD mit
Beim Christopher Street Day in München wird es eine kleine Revolution geben. Zum ersten Mal ist ein Wagen von CSU-Mitgliedern dabei.
Slapal, 27, ist schon mit 14 Jahren in die Junge Union eingetreten und später in die CSU. Und er ist geblieben, auch als er sich im Alter von 20 Jahren seiner Homosexualität stellte.
Der Wagen auf der Parade wird bestückt mit den Parolen „CSU – anders als man denkt“ sowie „Bayern. Die Vielfalt“. Letzteres ist eine Anspielung auf den CSU-Wahlslogan „Bayern. Das Land“. An schwule und lesbische CSU-Mitglieder appelliert Slapal: „Stehen Sie zu ihrer Homosexualität. Verstecken Sie sich nicht, verstecken macht den Menschen kaputt.“ Slapal ist es leid, dass gerade die CSU das Thema „sexualisiert“. Er sagt: „Wir sind Liebende, wir wollen zu unserer Liebe stehen.“
Die Vorstellung der Aktion am Freitag war ein nicht alltäglicher Termin. Das „Lesbisch-Schwule Netzwerk in der CSU“ lud ein auf die Dachterrasse der Gaststätte „Deutsche Eiche“, 6. Stock, schöner Blick auf München. Die „Deutsche Eiche“ ist das bekannteste und schon seit Jahrzehnten existierende Schwulen-Lokal in der Bayern-Metropole mit angeschlossenem Hotel und Sauna. Im Eingang zeigen Fotos, wie hier Rainer Werner Fassbinder oder Freddy Mercury gefeiert haben.
CSU-Spitze hält sich zurück
Zum Termin der Christsozialen ist auch Jürgen Kirner gekommen, ein Kabarettist, CSU-Mitglied und schwul. In grüner Trachtenweste sitzt er da und sagt in breitestem Bayerisch: „Die Leute auf dem Land draußen sind viel weiter, als es unsere Parteiführung denkt.“ Bei der werde er mit seinen Positionen „immer wieder vorstellig“. Die in der LSU organisierten CSU-Schwulen – bisher 80 Personen – sind keine offizielle Parteigliederung. Sie setzten sich für die Ziele der Lesben- und Schwulen-Bewegung ein, etwa die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare plus Adoption.
Zu den namhaften Unterstützern der Gruppe gehört der Münchner CSU-Bürgermeister Josef Schmid. Kultusminister Ludwig Spaenle, auch Münchner CSU-Chef, blickt mit Wohlwollen auf das Geschehen, denn er will die Christsozialen großstädtischer machen. Die Parteispitze gibt sich zurückhaltend. Dafür sei der Bezirksverband München zuständig, sagt ein Sprecher von CSU-Chef Horst Seehofer gegenüber der taz. „Wir haben keine Einwände, es ist nicht unser Bier.“
Die Parteispitze selbst wird von Slapal auch eingeladen, bei der CSD mit auf den Wagen zu steigen und zu feiern. So viel Verbrüderung würde einer Lesben-Aktivistin aber zu weit gehen. „Die CSU steht für Ausgrenzung und Hetze“, sagt sie beim Hinausgehen. „Wenn der Seehofer auf den Wagen steigt, dann hol ich den runter.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert